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FDP-Europaminister fordert geordnete Insolvenz für Griechenland

Archivmeldung vom 15.11.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.11.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Flagge von Griechenland
Flagge von Griechenland

Der hessische Europaminister Jörg Uwe Hahn (FDP) lehnt weitere Hilfen für Griechenland ab und fordert stattdessen eine Staatsinsolvenz für das krisengeschüttelte Land. Jedes Unternehmen müsse beim Ausstieg der Gläubiger Insolvenz anmelden, sagte das FDP-Präsidiumsmitglied "Handelsblatt-Online".

Bei Griechenland zeige sich zunehmend, dass man Marktmechanismen nicht per Beschluss abschaffen könne, auch nicht die EU. "Wir sollten deshalb die Möglichkeit der Staateninsolvenz für Griechenland in Betracht ziehen und uns lieber mit der Stärkung derjenigen Länder beschäftigen, auf denen eine solche Insolvenz Auswirkungen haben kann", unterstrich Hahn.

Der FDP-Politiker äußerte sich zugleich besorgt über die Folgen eines möglichen Ausstiegs des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus der Griechenland-Hilfe für andere Krisenstaaten. "Ein Ausstieg des IWF wäre ein Menetekel für die Zukunft der europäischen Rettungsmaßnahmen", sagte Hahn. "Damit würde uns ein unabhängiger und nicht rein europäischer Partner verloren gehen. Es wäre zudem auch das sichtbarste Signal dafür, dass unsere Partner das Vertrauen in Griechenland verloren haben."

In der deutschen Wirtschaft hofft man, dass der IWF weiter im Boot bleibt. "Es ist dringend notwendig, dass mit dem IWF endlich eine Institution auf die Einhaltung der Abmachungen drängt", sagte die Vorsitzende des Verbandes der Jungen Unternehmer, Marie-Christine Ostermann. "Andernfalls werden wir eine Kettenreaktion erleben: Wenn Griechenland seine Sanierung verschleppen darf, werden auch Spanien, Portugal und andere lieber auf unbequeme Reformen verzichten."

Auf keinen Fall dürften Bürger "mit der Behauptung für dumm verkauft werden, dass ein weiteres Aufweichen der vereinbarten Ziele kein Geld kostet". Hahn hält indes die Warnung des IWF derzeit noch für Drohgebärden, um die öffentlichen Gläubiger zu einem weiteren Schuldenerlass zu drängen. "Damit wäre zum ersten Mal der deutsche Steuerzahler unmittelbar betroffen, denn es ist sein Geld, um das es geht", gab der FDP-Politiker zu bedenken. "In der Größenordnung wäre dies etwa drei Mal so viel, wie wir im Jahr weltweit an Entwicklungshilfe leisten."

Ökonomen halten IWF-Ausstieg aus Griechenland-Hilfe für möglich

Ökonomen in Deutschland halten vor dem Hintergrund des Streits über den Zeitplan zur Sanierung der griechischen Staatsfinanzen einen Ausstieg des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus dem Hilfsprogramm für möglich. "Der Internationale Währungsfonds darf einem Land nur helfen, wenn er erwarten darf, dass das Land die Hilfen später zurückzahlt", sagte der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, "Handelsblatt-Online".

Diese Frage der Schuldentragfähigkeit sei für Griechenland jedoch offen. "Insofern besteht das Risiko, dass sich der Währungsfonds aus der Griechenland-Hilfe verabschiedet." Krämer sagte allerdings auch, dass er es "bis auf weiteres" für wahrscheinlicher halte, dass sich der Währungsfonds weiter in Griechenland engagiert. "Schließlich möchte auch der IWF die Situation in Griechenland stabilisieren."

Ähnlich äußerte sich der Mannheimer Wirtschaftsprofessor Hans Peter Grüner. "Ich könnte es gut verstehen, wenn sich der IWF aus weiteren Programmen zurückzöge - Europa ist relativ reich", sagte Grüner "Handelsblatt-Online". Und Grüner geht noch weiter: "Auch die EU-Staaten können damit drohen." Für wahrscheinlicher hält aber auch er eine "einvernehmliche Lösung".

Grüner, der zudem Research Fellow der EU-Kommission ist, gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass Griechenland 2010 eine weitaus schwierigere Ausgangslage hatte als Spanien oder Italien. Es habe gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) mehr konsolidiert als die anderen. "Aber der Schuldenschnitt war zu klein, weil er zu spät kam und dann nur noch die privaten Investoren betraf", sagte der Ökonom. Der IWF wehrt sich gegen den Plan der Euro-Staaten, die Frist für einen Abbau des Schuldenbergs der Hellenen auf 120 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung um zwei Jahre auf 2022 zu verlängern.

Grünen-Finanzexperte: Reiche Hellenen sollen Griechenland sanieren

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Gerhard Schick, hat sich dafür ausgesprochen, verstärkt auf das Vermögen reicher Hellenen im Ausland zuzugreifen, um die griechischen Staatsschulden abzubauen. Statt den vom Internationalen Währungsfonds (IWF) geforderten Schuldenschnitt in Betracht zu ziehen, der vor allem öffentliche Gläubiger und damit die Steuerzahler in den anderen Euro-Staaten treffen würde, sollten "erst die Ressourcen im eigenen Land genutzt werden", sagte Schick "Handelsblatt-Online". "Nötig ist deshalb vor allem, jetzt endlich den Blick auf die Einnahmeseite zu richten, insbesondere auf griechische Spitzenverdiener und große griechische Vermögen, die sich im Ausland befinden."

Schick betonte allerdings, dass Griechenland in dieser Frage ohne europäische Unterstützung nicht in der Lage sein werde, seine Steuereinnahmen zu stabilisieren, insbesondere nicht im Bereich der Steuerflucht ins europäische Ausland. "Deswegen braucht es endlich einen europäischen Steuerpakt - verbindliche europäische Vereinbarungen zur Überwindung des Steueroasen-Unwesens und zur Schließung von Schlupflöchern in der Besteuerung großer Unternehmen", sagte der Grünen-Politiker. Gerade gegenüber der Schweiz sei eine gemeinsame europäische Strategie nötig. "Wer zulässt, dass die Schweiz mit jedem EU-Land separat verhandelt, schwächt die Interessen der ehrlichen Steuerzahler in den EU-Staaten, endlich der Steuerflucht über die Schweiz ein Ende zu bereiten."

Die Forderung des IWF nach einer tragfähigen Schuldensituation für Griechenland im Jahr 2020 hält Schick derweil für ökonomisch überzeugend. Dennoch ist er der Auffassung, dass das Land mehr Zeit für die Erreichung der Defizitziele brauche. Die radikale Sparpolitik der letzten Jahre habe Griechenland nicht aus der Krise geholfen. Deshalb sei eine Kurskorrektur nötig. Wenn der jüngste Bericht der internationalen Geldgeber als Grund für die Verfehlung von Defizitzielen die Rezession nenne, die "tiefer als erwartet" ausfalle, dann könne die Konsequenz nicht sein, dass Griechenland prozyklisch mehr sparen müsse. "Das verschärft die wirtschaftlichen und sozialen Probleme weiter und führt dennoch nicht zum gewünschten haushaltspolitischen Ziel", stellt Schick klar.

Richtig sei allerdings, dass vereinbarte Strukturreformen durchgeführt werden müssten. Dazu sei allerdings eine stabile Finanzierung in der Zwischenzeit notwendig. "Ausweichmanöver über die Europäische Zentralbank wie sie jetzt offenbar geplant sind, können nicht überzeugen", sagte Schick.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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