Niederländische Täter nutzen deutsche Schlupflöcher für Sprengsätze

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Händler in Deutschland spielen offenbar eine wichtige Rolle für den Markt mit illegalem Feuerwerk in den Niederlanden, wo aus schweren Böllern auch Sprengsätze für Anschläge und Geldautomatensprengungen hergestellt werden. Das berichten der niederländische Sender RTL Nieuws und die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" nach gemeinsamen Recherchen.
Niederländische Händler kommen demnach gezielt nach Deutschland, um hier
die weniger strengen Gesetze, die unterschiedlichen Zuständigkeiten und
den fehlenden Austausch unter den Behörden auszunutzen. Die schweren
Böller dürfen zwar auch hierzulande nur mit entsprechenden Genehmigungen
ver- und gekauft werden, doch es gibt viele Schlupflöcher. So fanden
RTL Nieuws und die FAZ im Grenzgebiet mindestens sieben Händler, die in
den Niederlanden einschlägig vorbestraft sind und deshalb in Deutschland
eigentlich nicht mit professioneller Pyrotechnik handeln dürften.
Tolga
Koklu, Polizeichef in Rotterdam und zuständig für Sprengstoffattacken,
sagte den Medien: "Uns liegen Erkenntnisse vor, dass der legale und der
illegale Feuerwerkshandel Hand in Hand gehen." Außerdem fügte er hinzu:
"Ich möchte die deutsche Polizei ernsthaft warnen: Wir müssen in Europa
zusammenarbeiten und alle Kräfte mobilisieren, damit es in anderen
Ländern nicht zu diesem Ausmaß an Explosionen kommt wie bei uns." Im
vergangenen Jahr zählte die niederländische Polizei mehr als 1.100
Sprengstoffanschläge mit teils tödlichen Folgen.
Auch bei
Geldautomatensprengungen in Deutschland nutzen die überwiegend
niederländischen Täter Sprengsätze, die Pulver aus Feuerwerkskörpern
enthalten. Außerdem kamen bei einer Anschlagsserie im kriminellen Milieu
in Nordrhein-Westfalen 2024 entsprechende Böller zum Einsatz.
Auch
die deutsche Polizei hat das Thema deshalb im Fokus. "Von den
verwendeten Festsprengstoffen gehen massive Gefahren aus, die erhebliche
Personen- und Sachschäden nach sich ziehen können. Daher wird dem Thema
ein hoher Stellenwert beigemessen", sagte Thorsten Massinger, Präsident
des Landeskriminalamts Niedersachsen, RTL Nieuws und der FAZ.
Allerdings sei es schwierig, "Ermittlungsansätze zu generieren".
Aufgrund
der Gesetzeslage fällt es deutschen Polizisten und Staatsanwälten, auch
das zeigen die Recherchen, häufig schwer, überhaupt einen
Anfangsverdacht für eine Straftat zu finden, der die Einleitung eines
Ermittlungsverfahrens rechtfertigt. Verdeckte Maßnahmen wie das Abhören
von Telefonen sind im Kampf gegen illegalen Feuerwerkshandel in
Deutschland bislang nicht möglich. Anfang Juli hat das schwarz-rote
Kabinett eine Gesetzesänderung beschlossen, die dieses Problem beheben
soll.
Ermittler kritisierten den Entwurf allerdings als
unzureichend. "Es wird hier an einer Stellschraube gedreht, da an einer
Stellschraube gedreht", sagte eine Staatsanwältin, die sich tief in das
Thema eingearbeitet hat. "Statt sich das Ganze einmal anzuschauen und
anzuerkennen: So, wie es bisher ist, ist es total untauglich."
Quelle: dts Nachrichtenagentur