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Skandal um Pharmakonzern Ratiopharm

Archivmeldung vom 10.11.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.11.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Pharmakonzern Ratiopharm hat Ärzten systematisch Geld dafür gezahlt, dass sie seine Medikamente verordnen. Das berichtet das Magazin stern in seiner neuesten Ausgabe. Grundlage des zehnseitigen Reports aus dem Innenleben der Firma Ratiopharm sind mehr als 4000 E-Mails, Schecks, interne Dokumente und geheime Sitzungsprotokolle aus den Jahren 1993 bis 2005, die dem stern vorliegen und die erstmalig die generöse Geschenk- und Geldverteil-Praxis eines führenden Pharmakonzerns umfassend dokumentieren.

Demnach werden niedergelassene Ärzte von Ratiopharm auf folgende Weise betreut: Über das Computerprogramm DocExpert, das viele Ärzte in ihrer Praxis installiert haben, kann festgestellt werden, wie viel Ratiopharm-Präparate ein Arzt im vergangenen Quartal verschrieben hat. Der Konzern belohnt die beteiligten Ärzte dafür mit einer Provisionszahlung in Höhe von 2,5 Prozent des Medikamenten-Verkaufspreises. Die Zahlung erfolgt über Verrechnungsschecks, die von den Pharmareferenten bei den beteiligten Ärzten vorbeigebracht werden und die beispielsweise als "Referentenhonorare" getarnt sind. Die Zahlungen reichen von wenigen 100 Euro im Quartal bis über 2000 Euro pro Arzt. Bundesweit sollen nach Schätzungen von Ratiopharm-Mitarbeitern zwischen 500 und 1000 Ärzte von diesem System profitieren.

Neben den Geldzahlungen an Ärzte beschenkt Ratiopharm auch Apotheker in großem Stil. Häufig gibt es sogenannte Rabattaktionen, bei denen die Apotheker für jedes bestellte Medikament eine weitere Packung gratis dazu bekommen. Diese Gratispackungen geben die Apotheker dann an Patienten ab und stellen sie regulär den Krankenkassen in Rechnung. Zusätzlich zu diesen "Naturalrabatten" gewährt Ratiopharm ausgewählten Apothekern Preisnachlässe von bis zu acht Prozent auf ihre reguläre Medikamentenbestellung.

Nach bisher unveröffentlichten, internen Berechnungen von Generikaherstellern entsteht den Krankenkassen durch die Praxis der Naturalrabatte ein Schaden von jährlich mehr als einer Milliarde Euro gemessen am Apotheken-Verkaufspreis der Präparate. Die Bundesvereinung Deutscher Apothekerverbände hält dagegen, dass sie den Krankenkassen jährlich 1,2 Milliarden Euro zurückerstatten, weil dem Apotheker von den 8,10 Euro pro verkaufter Packung zwei Euro abgezogen werden. Professor Gerd Glaeske, Mitglied im Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen, nennt die Rechnung der Apotheker aber "einigermaßen absurd", schließlich seien die zwei Euro Abzug pro Rezept niedriger als vor der Gesundheitsreform. Glaeske zum stern: "Es stellt sich die Frage, ob die Substitution mit Gratismedikamenten nicht den Tatbestand der Korruption erfüllt, weil die Preisvorteile nicht den Krankenkassen weitergegeben werden."

Ratiopharm selbst bezeichnet in einer Stellungnahme gegenüber dem stern den Kern der Vorwürfe als "allgemein marktübliche Instrumente der Absatzförderung." Zu den Scheckzahlungen an Ärzte als Belohnung für deren Verschreibungsverhalten wollte der Pharmakonzern nicht konkret Stellung beziehen.

Quelle: Pressemitteilng stern, G+J

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