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Pofalla kritisiert "Zermürbung" der russischen Opposition

Archivmeldung vom 15.11.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.11.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Ronald Pofalla (2017)
Ronald Pofalla (2017)

Von H-stt - Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=57743375

Der deutsche Chef des deutsch-russischen Gesprächsforums "Petersburger Dialog", Ronald Pofalla, hat die Menschenrechtslage in Russland wenige Tage vor Beginn des Gesprächsforums in Berlin am 23. November kritisiert: Die wiederholten Verhaftungen des Kreml-Kritikers Alexei Nawalny "zeigen, dass vor den anstehenden Wahlen die Opposition durch Einschüchterung und Zermürbung kleingehalten werden soll", sagte Pofalla der "Bild". "Mit freien, geheimen und demokratischen Wahlen, wie wir es verstehen, hat das wenig zu tun."

Er sehe in dieser Hinsicht keine Veränderung zum Positiven in Russland, sagte Pofalla. "Mein Eindruck ist, dass sich da seit Jahren zumindest nichts gebessert hat." Das sei allerdings erstaunlich, weil sich im Grunde alle Beobachter einig seien, dass Präsident Putin auch bei völlig freien Wahlen und bei Zulassung aller Gegenkandidaten die Mehrheit der russischen Wähler hinter sich hätte. Gleichwohl zog Pofalla eine positive Bilanz des "Petersburger Dialogs" als Gesprächsforum der Zivilgesellschaften.

"Das Zeichen, das wir setzen besteht darin, dass wir in der schwierigsten Phase des deutsch-russischen Verhältnisses seit mehr als zwei Jahrzehnten dennoch mit einander reden und streiten." In Berlin würden zum ersten Mal seit 2012 wieder Regierungsvertreter dabei sein und zwar die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries und ihr russischer Amtskollege Maxim Oreschkin. Dabei seien auch Erfolge zu verzeichnen. Es gebe durchaus Bewegung.

"Im Spätsommer sah es so aus, dass die russische Aktivistin Walentina Tscherewatenko, die auch bei unserem Dialog mit am Tisch sitzt, als, Agentin' angeklagt werden könnte", so Pofalla weiter. "Die Anklage wurde jetzt fallen gelassen." Das zeige, dass der Petersburger Dialog Kraft entfalten könne. "Im Übrigen ist der Dialog so erfolgreich, dass Frankreichs Präsident Macron das Modell unseres Gesprächsforums übernehmen wird."

Auch eine Lockerung der EU-Sanktionen gegen Russland hält Pofalla längerfristig für denkbar. "Der jüngste Vorschlag von Putin für den Einsatz von UN-Blauhelm-Soldaten in der Ost-Ukraine geht in die richtige Richtung. Dieser Einsatz sollte jedoch nicht nur an der Grenze zu den Separatisten stattfinden", so der ehemalige Bundesminister für besondere Aufgaben. "Die Blauhelme könnten die Umsetzung der Abkommen von Minsk absichern und durchsetzen helfen. Wenn das geschieht, könnte man auch über eine Lockerung der Sanktionen reden und diese womöglich sogar teilweise zurücknehmen."

Das Thema der noch vor der Bundestagswahl befürchteten Hackerangriffe und Manipulationsversuche von russischer Seite auf deutsche Einrichtungen sieht Pofalla als erledigt an: "Es gibt bis jetzt keine Erkenntnisse, dass es da Versuche der Manipulation gab. Insofern hat sich das Thema erledigt."

Hintergrund Ronald Pofalla

Kontroversen: Anschuldigungen und Hausdurchsuchung

Im Januar 2000 suchten Steuerfahnder den Bonner Oberstaatsanwalt Bernd König auf – der zu dieser Zeit das Verfahren gegen Altbundeskanzler Helmut Kohl wegen des Verdachts der Untreue vertrat – und erklärten, sie würden gegen einen Mitarbeiter des Abgeordneten Ronald Pofalla ermitteln. Zudem fragten sie König, ob weitere Ermittlungen das laufende Verfahren gegen Kohl beeinträchtigen würden. Die Verbindung zum Verfahren gegen Kohl ergab sich, da dieser von Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner verteidigt wurde und Pofalla in dessen Kanzlei tätig ist und auch Kohls Mandat an Holthoff-Pförtner vermittelte.

Würde die CDU in der darauf folgenden NRW-Landtagswahl 2000 gewinnen, wäre Pofalla zudem neuer NRW-Justizminister, da dieser vom CDU-Spitzenkandidaten Jürgen Rüttgers in sein Schattenkabinett berufen wurde. Rüttgers beschuldigte wiederum die Ermittler, die Untersuchungen hätten nur Kohls Anwälte und Pofalla diskreditieren sollen. Die Steuerfahndung ermittelte bereits 1996, da Pofalla im Jahr 1994 ein ungeklärter Betrag von 1,4 Millionen D-Mark zugeflossen sein soll, doch wurde auch dieser Fall geschlossen, da kein Anlass zu Ermittlungen vorlag. Im Rahmen anderer Ermittlungen gegen Holthoff-Pförtner, welche seit 1999 liefen, formulierten Finanzbeamte am 28. März 2000 eine weitere Anschuldigung, laut dieser Pofalla einen „ungeklärten Vermögenszuwachs“ in Höhe von 700.000 Mark für die Jahre 1993 bis 1997 aufzuweisen hätte, und forderten zur Klärung eine Hausdurchsuchung in Pofallas Privathaus, bei seiner geschiedenen Frau, in seinem Bundestagsbüro und bei drei Banken.

Die Staatsanwaltschaft Kleve bejahte einen Tatverdacht und informierte Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse am 17. April 2000 darüber, dass man ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung gegen Pofalla einleiten wolle. Nach einstimmigem Beschluss des Immunitätsausschusses, Pofallas Immunität aufzuheben, wurden am 11. Mai 2000 insgesamt elf beantragte Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen durchgeführt. Diese erbrachten kein Ergebnis und NRW-Justizminister Jochen Dieckmann kritisierte hier einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Verfahren gegen Pofalla wurde im August 2000 mangels Beweisen eingestellt.

Bei der späteren Überprüfung der Vorgänge stellte das Landgericht Kleve fest, dass kein hinreichender Anfangsverdacht vorgelegen habe und das Ermittlungsverfahren wie auch die daraus resultierende Hausdurchsuchung rechtswidrig gewesen seien. Spätere Klagen Pofallas und der CDU-Bundestagsfraktion vor dem Bundesverfassungsgericht wurden jedoch vom Zweiten Senat als unzulässig verworfen. Die CDU-Landtagsfraktion hatte zunächst auch einen Untersuchungsausschuss gefordert, ließ entsprechende Planungen dann aber im Sande verlaufen.

Verbale Entgleisungen

Pofalla wurden wiederholt ein hitziges Gemüt und eine unpassende Ausdrucksweise zugeschrieben. So geriet Pofalla bei einem Zusammentreffen der Generalsekretäre aller im Bundestag vertretenen Parteien im März 2009 mit FDP-Generalsekretär Dirk Niebel so heftig aneinander, dass sie sich nur noch lautstark angeschrien hätten. In der Auseinandersetzung um die Aussetzung der Wehrpflicht im Juni 2010 mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg soll Pofalla diesen als „Rumpelstilzchen“ verspottet haben. Im Anschluss an eine Sitzung der NRW-Landesgruppe vom 26. September 2011 griff Pofalla seinen Parteikollegen Wolfgang Bosbach verbal an, da dieser nicht der CDU-Parteilinie folgen wollte und dem erweiterten europäischen Rettungsschirm (EFSF) seine Zustimmung verweigerte.

So soll Pofalla zu Bosbach gesagt haben: „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen“ und, nachdem Bosbach Pofalla auf die im Grundgesetz garantierte Entscheidungsfreiheit von Abgeordneten hingewiesen habe, erwidert: „Ich kann den Scheiß nicht mehr hören“. Pofalla sah sich daraufhin heftiger Kritik ausgesetzt, sowohl von Seiten der Medien als auch von Politikern aus den eigenen Reihen. Die CDU-Abgeordnete Erika Steinbach bezeichnete Pofallas Äußerungen als „Mobbing“ und der FDP-Abgeordnete Erwin Lotter bezeichnete es als einen „Ausraster“, der das Klima in der schwarz-gelben Koalition vergifte. Nachdem Pofalla sich für seine Pöbeleien gegenüber Bosbach entschuldigt und erklärt hatte: „Ich ärgere mich selbst sehr über das, was vorgefallen ist, und es tut mir außerordentlich leid“, erklärte Bosbach den Streit für beendet.

Überwachungs- und Spionageaffäre 2013

Nach Bekanntwerden der Überwachungs- und Spionageaffäre 2013 wurden zunächst keinerlei Stellungnahmen Pofallas öffentlich, obwohl diese in den unmittelbaren Aufgabenbereich Pofallas als den für den Bundesnachrichtendienst und für die Geheimdienstkoordination zuständigen Chef des Bundeskanzleramts fiel. In einem Interview mit der Zeit verwies Angela Merkel explizit auf die Zuständigkeit Pofallas. Später erklärte er ungeachtet neuer Enthüllungen, dass alle gegen die beteiligten Geheimdienste erhobenen Vorwürfe „vom Tisch“ seien und es „keine millionenfache Grundrechtsverletzung“ in Deutschland gegeben habe. Vielmehr hätten ihm die beteiligten Geheimdienste schriftlich zugesichert, sich an deutsches Recht zu halten.

Diese Äußerungen wurden vielfach mit Häme kommentiert und entwickelten sich zu einem Internet-Phänomen. Auch auf der Großdemonstration unter dem Titel „Freiheit statt Angst“ nahmen Demonstranten auf Plakaten vielfach Bezug auf die Aussagen Pofallas. Die Satiresendung Extra3 des NDR verlieh ihm für seine Rolle in der Überwachungs- und Spionageaffäre den Negativpreis „Silberner Hilfssheriff-Stern“, den er jedoch ausschlug. Während Pofalla noch im Juli 2013 die Weitergabe von Informationen über deutsche Staatsbürger an US-amerikanische Geheimdienste auf zwei Datensätze beziffert hatte, berichteten zwei Monate später mehrere Medien unter Berufung auf vertrauliche Dokumente von 864 durch den Verfassungsschutz an die USA übertragenen Datensätzen im Jahr 2012, weitere 657 Weitergaben erfolgten an britische Dienste.

Als im folgenden Oktober enthüllt wurde, dass auch ein Mobiltelefon der Bundeskanzlerin Merkel vom US-amerikanischen Geheimdienst NSA abgehört worden sein soll, äußerte Pofalla sich vor der Presse empört und sprach von einem „schweren Vertrauensbruch“ seitens der USA. Ebenso kündigte er an, alle bisherigen US-amerikanischen Aussagen zu den Überwachungsmaßnahmen neu zu prüfen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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