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Vertrauliche Berichte entlasten Bundeswehr - Neue Zweifel an Opferzahlen

Archivmeldung vom 10.12.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.12.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: PIZ Kunduz
Bild: PIZ Kunduz

Die Bundeswehr wird durch vertrauliche Berichte des Verteidigungsministeriums zum Bombardement von Kundus zum Teil stark entlastet. Es werden sogar Zweifel an der bisher genannten Zahl von 142 Todesopfern laut, berichtet der Bremer "Weser-Kurier" (Freitag-Ausgabe).

In den Berichten und Protokollen der Feldjäger werden unter anderem zwei afghanische District Manager der betroffenen Gebiete Chahar Darreh und Aliabad zitiert, die "keinerlei Vorwürfe gegen ISAF hinsichtlich des Bombenabwurfs" vorbringen. Vielmehr bezeichnen sie ein "hartes und robustes Vorgehen" gegen die Taliban in der Region als "längst überfällig".  Ähnlich äußerten sich in einem weiteren Ermittlungsgespräch - ebenfalls am 5. September im Feldlager Kundus - die drei afghanischen Provinzräte der Distrikte Kundus, Chahar Darreh und Aliabad. Die Gesamtopferzahlen werden von ihnen mit 73 bis 87 beziffert, "die bis auf möglicherweise 10 Zivilpersonen sehr sicher alle INS (Insurgents, also aufständische Taliban) gewesen seien".  Bei diesen Aussagen sind bereits die Ermittler der ISAF - ein britischer und ein US-General - anwesend. Sie werden noch einmal bestätigt in einem "Gesprächsprotokoll", das am 26. November vom Kommandeur in Kundus für das Verteidigungsministerium verfasst wird. Dass sich zahlreiche Zivilisten vor Ort aufgehalten haben, wird von den afghanischen Lokalpolitikern nicht bestritten, die INS hätten jedoch die Bevölkerung "auf Distanz zu den Tanklastzügen" gehalten. Aus dem Bericht der Feldjäger geht laut "Weser-Kurier" auch hervor, dass der damalige Befehlshaber im Feldlager Kundus, Oberst Georg Klein, "keinerlei Maßnahmen" ergriffen habe, innerhalb von zwei Stunden nach dem Luftangriff den Schaden aufzuklären - das aber schreiben die "Taktischen Direktiven" der ISAF seit dem 1. Juli vor. Offenbar ist die Initiative von den Feldjägern selbst ausgegangen, die aber erst um 12.34 Uhr vor Ort ermitteln konnten, also fast elf Stunden nach dem Bombenabwurf.  Eine gründliche Beweissicherung sei da schon nicht mehr möglich gewesen: Die Feldjäger wurden von rund 100 jubelnden afghanischen Soldaten und Polizisten "sehr freudig begrüßt"; der "Ereignisort" habe einen "geradezu stark gereinigten Eindruck" hinterlassen. Die deutschen Militärpolizisten fanden Fahrzeugwracks und Tierkadaver, aber "nur noch minimalste Spuren von Humanmaterial, weder Tote noch Verletzte". Kurz darauf wurden die Ermittler auch noch von Taliban beschossen. Angesichts dieser Erkenntnisse ist bemerkenswert, dass die ISAF-Ermittler aus Kabul am 4. September erst um 17.20 Uhr in Kundus eintrafen - im Feldlager, nicht etwa an der Bombenabwurfstelle. Die haben sie erst am nächsten Tag aufgesucht und natürlich ebenso "gereinigt" vorgefunden wie schon die Feldjäger. Ihre Opferzahl von 142 stützt die ISAF demnach allein auf Ermittlungsgespräche, nicht aber auf Ansicht von Leichen.

BND-Experte und KSK-Kräfte stimmten Bombardierung bei Kundus mit Oberst Georg Klein ab

An der Planung und den Entscheidungen, die zum Luftangriff auf zwei von Taliban entführte Tanklastzüge bei Kundus am 4. September geführt haben, war ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes BND vor Ort beteiligt. Das ergibt sich, nach Informationen der "Leipziger Volkszeitung" (Freitag-Ausgabe), aus streng vertraulichen Unterlagen der Bundesregierung, über deren wesentlichen Inhalt bereits Parlamentarier unterrichtet wurden, die mit der Kontrolle der Geheimdienste befasst sind.

Den Unterlagen zufolge war damit neben dem kommandierenden Bundeswehr-Oberst Georg Klein unter anderem nicht nur ein Berater im Rang eines Feldwebels vom Kommando Spezialkräfte KSK, sondern auch der mit der Terroristenbekämpfung befasste BND direkt eingeschaltet. Geleitet wurde die Aktion von Oberst Georg Klein aus dem ortsbekannten Kommandostand der Spezialeinheit Taskforce 47 (TF 47). Von dort hatte man Oberst Klein alarmiert, als es um die ursprünglich beabsichtigte Bombardierung eines liegengebliebenen geschützten Bundeswehrfahrzeuges vom Typ Dingo ging. Zu diesem Zweck war Luftunterstützung von den US-Truppen angefordert worden. Das defekte Bundeswehrfahrzeug sollte nicht in die Hände der Taliban fallen. Diese Aufklärungsflüge führten im späteren Verlauf zur Entdeckung der beiden von Taliban entführten festsitzenden Tanklastzüge.

Im Rahmen der Aktion gegen die Taliban am 4. September, bei der zahlreiche Kämpfer und auch Zivilisten, einschließlich mehrerer Kinder, ums Leben gekommen sind, sei es danach "um eine gezielte Ausschaltung von Taliban gegangen", so schilderte ein Parlamentarier gegenüber der Zeitung den Inhalt der ihm zugänglich gemachten Informationen. In Parlamentarierkreisen verdichtet sich, diesen Informationen zufolge, der Eindruck, dass es bei der gezielten Bombardierung am 4. September um eine Aktion gegangen sei, die als Reaktion auf vorausgegangene Taliban-Angriffe auf Bundeswehrsoldaten bewusst gesucht worden sei.

Arnold (SPD): Für vier Taliban-Führer den Tod Dutzender Zivilisten in Kaufgenommen?

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, hat angesichts des jüngsten Berichts über eine Beteiligung des Kommando Spezialkräfte (KSK) an dem Luftangriff von Kundus die Informationspolitik des Verteidigungsministeriums kritisiert. "Die Zusage, dass wir umfassend informiert werden, wurde nicht eingehalten", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag-Ausgabe). "Ich habe nicht gewusst, dass um den Oberst Klein herum noch eine Reihe KSK-Leute waren." Bisher sei nur von einem Funktechniker und einem Flieger-Leitoffizier die Rede gewesen. "Nun stellt sich die Frage, ob das insgesamt ein KSK-Einsatz war. Das wollen wir wissen. Und zwar nicht erst im Untersuchungsausschuss, sondern schnell." Schon jetzt bestehe Anlass, sich "ganz erhebliche Sorgen" um die Transparenz in der Bundeswehr zu machen. Arnold hält es für möglich, dass es den Beteiligten an dem Luftangriff darum ging, offenbar vor Ort befindliche vier Taliban-Führer zu treffen und sie den Tod Dutzender Zivilisten billigend in Kauf nahmen. Die aktuellen Berichte deckten sich mit den Angaben des Opfer-Anwalts Karim Popal, der von fünf getöteten Taliban-Kämpfern gesprochen hatte. Der SPD-Politiker betonte: "Mich hat schon immer gewundert, dass sich die Taliban in Heerscharen auf den Präsentierteller gestellt haben sollen. Wenn es ein KSK-Einsatz war, dann erklärt sich das ganze Bild ringsrum."

Quelle: Weser-Kurier / Leipziger Volkszeitung /  Kölner Stadt-Anzeiger

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