Politik-Krise in Paris: Ifo sieht Risiken für Konjunktur in Europa

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Vor der Abstimmung in der französischen Nationalversammlung über das politische Schicksal von Premierminister Francois Bayrou hat der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, vor beträchtlichen Risiken für die Konjunktur in Europa gewarnt.
Sollte das Parlament wie erwartet die Regierung stürzen und damit dem
Sparkurs des Regierungschefs ein Ende bereiten, würde dies "die
Unsicherheit über den weiteren finanzpolitischen Kurs Frankreichs
erhöhen und könnte das Land an den Rand einer ernsthaften Krise der
Staatsfinanzen bringen", sagte Fuest den Zeitungen der
Funke-Mediengruppe. "Da Frankreich für die EU und die Eurozone eine
wichtige Rolle spielt, wäre die ohnehin schwache Wirtschaftsentwicklung
in Europa weiter beeinträchtigt."
Aus Sicht des Wissenschaftlers
zeigt der Fall Frankreich, dass die europäischen Stabilitätsregeln
schwach sind und nicht verhindern könnten, dass einzelne Länder der
Währungsunion "selbstverschuldet" in einer "Überschuldungssituation"
gerieten. "Denn in Frankreich ist die aktuelle Lage nicht das Ergebnis
einer plötzlichen Krise, sondern jahrelanger Akkumulation von immer mehr
Staatsschulden", sagte Fuest.
Der Zentrumspolitiker Bayrou will
am Nachmittag im französischen Parlament die Vertrauensfrage stellen und
ein letztes Mal für seinen Haushaltsentwurf mit Einsparungen in Höhe
von 44 Milliarden Euro werben. Es wird damit gerechnet, dass eine
Mehrheit der Abgeordneten Bayrou das Vertrauen entziehen und Bayrou
anschließend seinen Rücktritt einreichen wird.
Seit den
Parlamentswahlen von 2024 hat das Lager von Präsident Emmanuel Macron
keine eigene Mehrheit mehr in der Nationalversammlung. Bayrou ist seit
nicht einmal neun Monaten im Amt. Sein konservativer Vorgänger Michel
Barnier konnte sich nur drei Monate halten. Frankreichs Staatsfinanzen
sind hochgradig angespannt: Das Haushaltsdefizit war zuletzt mit 5,8
Prozent fast doppelt so hoch wie eigentlich zulässig. Die
Staatsverschuldung liegt bei 114 Prozent der nationalen
Wirtschaftsleistung. Das Land steht bei seinen Gläubigern mit knapp
3.300 Milliarden Euro in der Kreide und damit stärker als jeder andere
Staat in der Eurozone.
Quelle: dts Nachrichtenagentur