Politische Stabilität in Kirgistan fraglich: Konfrontationen zwischen Anhängern der diversen Präsidenten des Landes
Archivmeldung vom 04.04.2018
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Freigeschaltet durch André OttEin Vorfall vom Dezember 2017 in Berlin lässt darauf schließen, wie sehr der zentralasiatische Staat Kirgistan auch ein halbes Jahr nach der Präsidentenwahl von politischer Stabilität entfernt ist. Der Vorfall ereignete sich am 9. Dezember vorigen Jahres in Berlin. Der frühere Präsident Kirgistans, Askar Akajew, und seine Frau wurden von kirgisischen Demonstranten mit Eiern beworfen.
Eine Diskussionsveranstaltung, zu der Akajew vom Kyrgyz Club Germany eingeladen worden war, wurde mit Transparenten, Plakaten und Buhrufen gestört und schließlich gesprengt. Die Veranstaltung musste abgebrochen werden. Akajew war Kirgistans erster Präsident nach Erlangung der Unabhängigkeit. Er regierte von 1991 bis 2005 und musste wegen zahlreicher Vorwürfe von Wahlbetrug und Korruption das Land verlassen.
Dieser Zwischenfall ist nach Ansicht von Zentralasien-Experten ein Beispiel für verdeckte Konfrontationen zwischen Anhängern des neuen Präsidenten Sooronbai Dscheenbekow, der seit November 2017 an der Spitze des Sechs-Millionen-Staates steht, und jenen seines Vorgängers Almasbek Atambajew. Die Konfrontation soll sogar das Personal der kirgisischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland spalten.
Beobachter wollen bei dem Berliner Vorfall erkannt haben, dass ein Teil der Protestierenden in einem Minibus mit einem Diplomatenkennzeichen, das auf Kirgistan hinweist, an den Veranstaltungsort gebracht worden sei. Außerdem werden unter den Demonstranten sogar Angehörige der Botschaft selber vermutet beziehungsweise habe es Anweisungen von Botschaftsmitarbeitern zur Beteiligung an den Protesten gegeben. In der Hauptstadt Bischkek wurden derartige Beobachtungen übrigens dementiert. Es habe demnach keine Anweisungen gegeben, den öffentlichen Auftritt von Akajew in Berlin zu verhindern oder zu stören.
Nach Expertenmeinung möchte der heutige Präsident Sooronbai Dscheenbekow den Reformkurs von Akajew fortsetzen und Akajew wieder ins Land einreisen lassen. Doch die Anhänger seines Vorgängers Atambajew versuchen, die Rückkehr von Akajew nach Kirgistan zu verhindern. Sie fürchten offenbar, Akajew könnte viel über Korruptionsgeschäfte von Atambajews Leuten preisgeben. Das Auswärtige Amt beobachtet die heutige politische Entwicklung in Kirgistan mit Sorge.
Quelle: Berliner Korrespondentenbüro (ots)