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Ökonomen plädieren für zweiten Schuldenschnitt für Athen

Archivmeldung vom 17.11.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.11.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
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Führende Ökonomen in Deutschland haben sich für einen zweiten Schuldenschnitt für Griechenland ausgesprochen. Wie die "Welt am Sonntag" (18. November 2012) berichtet, unterstützen die Wirtschaftsexperten, darunter die Chefs einiger Wirtschaftsforschungsinstitute sowie aktive und frühere Mitglieder des Wirtschafts-Sachverständigenrats, die Position des Internationalen Währungsfonds (IWF). Dieser hatte zuletzt deutlich gemacht, dass der griechische Schuldenstand nur auf diesem Weg auf ein tragfähiges Niveau gesenkt werden kann.

"Ein Schuldenschnitt für Griechenland ist unausweichlich", sagte Clemens Fuest, Wirtschaftsprofessor in Oxford und künftiger Präsident des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). "Die Frage ist nicht mehr ob, sondern nur noch, wann dieser Schritt kommt." Der Würzburger Wirtschaftsweise Peter Bofinger sieht das genauso. "Zu einem Schuldenschnitt für Griechenland gibt es keine Alternative", sagte er. "Das ist ähnlich wie bei einem Privathaushalt, der sich übernommen hat. Ohne einen solchen Schnitt wird das Land nicht wieder auf die Beine kommen." Bereits im März dieses Jahres hatten private Gläubiger auf Forderungen im Wert von rund 100 Milliarden Euro verzichtet. Doch eine nachhaltige Entlastung hat das aus Sicht der Ökonomen nicht gebracht. "Griechenland kann seine Schulden nicht zurückzahlen", sagte Dennis Snower, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). "Wenn Europa trotzdem darauf besteht, gerät das Land nur noch weiter in Depression und Elend." Trotzdem wehren sich die Regierungen in Europa gegen den Vorschlag. Es wäre auch das Eingeständnis, dass alle bisherigen Rettungsversuche in Griechenland nicht ausreichend geholfen haben. Die Politik fürchtet zudem Milliardenverluste, die im Falle eines zweiten Schuldenschnitts auf sie zukämen. "Ein weiterer Schuldenschnitt Griechenlands würde vor allem die öffentlichen Gläubiger betreffen - der deutsche Steuerzahler käme auf diese Weise schnell mit ins Boot", sagte der frühere Wirtschaftsweise und Regensburger Finanzwissenschaftler Wolfgang Wiegard. "Entsprechend ist dieser Weg so kurz vor den Wahlen momentan politisch nicht opportun."

Hingegen verwies sein früherer Ratskollege Bofinger darauf, dass die Bundesregierung derzeit Geld spart, weil die Zinsen auf deutsche Staatsanleihen wegen der Krise extrem niedrig sind. "Ein Schuldenschnitt Griechenlands von 50 Prozent würde in etwa in der Größenordnung liegen, die Deutschland pro Jahr durch die niedrigen Zinsen einspart", erklärte Bofinger. "Gemessen an der Tatsache, dass Griechenland ansonsten über viele weitere Jahre hinweg am EU-Tropf hängen wird, ist ein Schuldenschnitt daher definitiv das kleinere Übel." Allerdings räumten die Ökonomen ein, dass ein solcher Schritt durchaus Risiken mit sich bringt: "Ein Schuldenschnitt in Griechenland birgt hohe finanzielle Ansteckungsgefahren für andere Länder", sagt Snower. Dahinter steht die Sorge, dass Investoren eine solche Maßnahme auch bei weiteren Staaten befürchten und diesen in der Folge kein Geld mehr leihen könnten. "Das Problem ist, dass niemand weiß, wie hoch der Schuldenschnitt ausfallen muss, damit Griechenland wieder auf die Beine kommt - und welche Folgen das auf die Reformbereitschaft der Griechen und anderer Südeuropäer hätte", gab auch Fuest zu bedenken. "Es gibt in diesem Fall keine ökonomisch sicheren Antworten, das macht die politische Entscheidung umso schwerer."

Grüne stützen Merkel bei Griechenland-Hilfen

Der Spitzenkandidat der Grünen, Jürgen Trittin, hat angekündigt, dass seine Partei bei der anstehenden neuen Griechenland-Abstimmung abermals mit der Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stimmen wird. "Wir haben immer gesagt, dass Griechenland mehr Zeit braucht", sagte Trittin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Und mehr Zeit bedeutet mehr Geld. Da können wir nicht plötzlich behaupten, wir seien dagegen." Es wird damit gerechnet, dass sich die Finanzminister der Eurozone am kommenden Dienstag auf neue Hilfen einigen, da Griechenland sonst nicht mehr zahlungsfähig wäre. Bis 2014 sind wahrscheinlich weitere 13,5 Milliarden Euro nötig. Einzelheiten sind noch nicht bekannt. Über einen solchen Hilfsbeschluss müsste dann kurzfristig der Bundestag abstimmen. Gleichzeitig kritisierte Trittin das Verhalten der Bundesregierung bei den Gesprächen über die EU-Haushaltsplanung, die auf einem Sondergipfel ebenfalls in der kommenden Woche beschlossen werden soll. "Die Bundesregierung hält die Zusagen nicht ein, die sie uns bei der Ratifizierung von ESM und Fiskalpakt gemacht hat", sagte Trittin. "Sie hat mit uns vereinbart, dass die Bereiche Forschung, Innovation und Infrastruktur weiter Priorität haben. Das ist bei den Vorschlägen, die jetzt auf dem Tisch liegen, nicht der Fall. Denen kann sie nicht zustimmen." Die Zustimmung zu den Griechenland-Hilfen wollte Trittin jedoch nicht von der Haushaltsfrage abhängig machen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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