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Die Rezepte zur Lösung der Eurokrise von George Soros

Archivmeldung vom 26.03.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.03.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
George Soros, 2010
George Soros, 2010

Foto: Flickr upload bot
Lizenz: CC-BY-SA-2.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Am 19. März fand in Frankfurt am Main eine Podiumsdiskussion über mögliche Rezepte zur Lösung der Eurokrise statt. Unter den Teilnehmern befand sich der US-amerikanische Star-Investor George Soros, der nochmals die wichtigsten Thesen aus seinem neulich veröffentlichten Buch präsentierte.

Zum Thema der Debatte wurde die provokative Frage „Führt Deutschland Europa in die Nachhaltigkeit?“ erhoben. Der Veranstaltung wohnte auch die Radio "Stimme Russlands" Korrespondentin Irina Popowa bei, deren Bericht über die Diskussion selbst sowie über die Ansichten von Soros nachfolgend zu lesen ist: "Die Frage, ob Europa noch zu retten ist, bewegt Politik, Wirtschaft und Medien bereits seit fünf Jahren. Einige, wie etwa die AfD in Deutschland, haben es inzwischen geschafft, politisches Kapital daraus zu schlagen. Nun ist die Stimme des weltbekannten Spekulanten und Milliardärs George Soros immer lauter zu hören.

In seinem neuen Buch „Warum Deutschland den Euro retten muss, um sich selbst zu retten“ legte der US-amerikanischer Star-Investor die Argumente dar, warum, aus seiner Sicht, Deutschland entschieden die führende Rolle in der EU übernehmen sollte. Ähnlich wie in neulich erschienenen „Klaren Worten“ von Altkanzler Gerhard Schröder wird eine strittige These im Format eines Dialogs erörtert. Die Europäische Union beschreibt Soros als das „ideale Modell“. Als Schuldigen der Euro-Krise sieht der amerikanische Investor ausgerechnet Deutschland. Die Bundesrepublik zwinge „dem Rest Europas rücksichtslos ihren Willen auf“, so Soros. Die von Deutschland aufgezwungene Sparpolitik würde schließlich nur zur einer weiteren Spaltung Europas führen. Weiter macht Soros eine Anspielung auf die griechische Sage von Prokrustes und fasst die heutige europäische Austeritätspolitik mit der These „Was nicht passt, wird passend gemacht“ zusammen.

Die Lösung der Krise bestünde laut Soros aus zwei wichtigen Schritten, denen Deutschland zustimmen sollte. Zum einen, sollten den südeuropäischen Staaten die Schulden erlassen werden, und, zum anderen, sollten die Eurobonds – eine Art moderner Marschallplan für Europa – eingeführt werden. Wenn nicht, schlussfolgert Soros, solle Deutschland besser aus dem Euro austreten. Das ist gerade diese bekannte, mehrmals zitierte These von Soros – „Lead or leave“ (auf Deutsch – „führen oder gehen“), die er bereits 2008 zum ersten Mal formuliert hat.

Jetzt haben seine Ansichten einen gewissen Wandel erlebt und die zentrale These lautet – einfach „lead“ (auf Deutsch „führen“), d.h. Soros sieht keine andere Alternative für Deutschland, als eine führende Rolle in der EU zu übernehmen. Demzufolge müsste Deutschland seine führenden Positionen offen anerkennen und zu einem tatsächlichen „Führer“ in Europa werden – was de facto bereits der Fall ist. Nun müsste aber Berlin sich noch mehr Mühe geben, um die Situation in der Euro-Zone wieder zu stabilisieren.

Um diese These Politikern wie der Öffentlichkeit nahzubringen, tritt Soros mit zahlreichen Reden in der ganzen Welt auf. So ist er auch vergangene Woche in der deutschen Finanzmetropole Frankfurt am Main gewesen, wo er an der in der Rede stehenden Diskussion teilgenommen hat, die ziemlich provokativ hieß «Führt Deutschland Europa in die Nachhaltigkeit?».

Wer waren die anderen Teilnehmer der Podiumsdiskussion, außer Soros? Und wie lauteten die Hauptthesen der Diskussion?

Also, Soros war natürlich der Hauptgast, aber außer Soros hat man auch andere prominente Diskutanten für die Veranstaltung gewinnen können. Veranstaltet wurde die Diskussion von Center for financial studies an der Goethe-Universität Frankfurt. Die zwei anderen Teilnehmer waren Otto Issing und Dennis Snower. Otto Issing ist ehemaliger Chefvolkswirt und ehemaliges Direktoriumsmitglied der EZB und seit 2006 Präsident des Center for financial studies in Frankfurt. Dennis Snower ist ein amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und heutzutage Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel.

Die wichtigsten Thesen von Soros waren wie folgt. Erstens, die Eurokrise sei noch nicht überwunden, während die Finanzkrise praktisch vorbei sei. Die Finanzkrise habe ihren Höhepunkt nach dem EU-Gipfel im Juli 2012 erreicht. Laut Soros sei Europa damals am Rande eines Zerfalls gewesen. Angesichts dieser kritischen Situation habe sich Bundeskanzlerin Merkel an den Chef des Europäischen Rats Mario Draghi mit der Bitte gewandt, „alles Notwendige“ zu veranlassen, nur um den Euro zu retten. Die Situation sei infolgedessen wieder stabilisiert worden.

Heutzutage sollte die Zukunft des Euro nicht mehr in Frage gestellt werden, so Soros. „Der Euro ist hier, um zu bleiben“, - sagt der 83-jährige Spekulant. Für Deutschland stünde das Dilemma „Führer werden oder die Eurozone verlassen“ nicht mehr auf der Tagesordnung. Die richtige Strategie für Deutschland sei eindeutig – Führer werden, meint Soros. Obwohl, über was auch bei der Podiumsdiskussion einige Witze gemacht wurden, die Kombination Deutschland und Führer sei aus gewissen Gründen gefährlich.

Welche Streitpunkte gab es bei der Diskussion?

Die nächste wichtige These betrifft die Situation in den stark verschuldeten Euro-Ländern. Es ist bereits allgemeines Wissen, dass die Länder wie Griechenland oder Italien weit über ihre Verhältnisse und praktisch in einem finanzpolitischen Lügengebäude gelebt haben. In diesem Punkt stimmten die Ansichten aller Diskutanten überein. Griechenland habe das EU-System offenbar missbraucht – lautete der Schluss. Strittig ist jedoch, wer die Verantwortung für diese gravierende Situation trägt – die „Problemstaaten“ allein oder die gesamte EU?

Otto Issing meint, dies wäre die Schuld jedes konkreten Landes. D.h., der Grund für die riesige Staatsverschuldung und die niedrigen Wachstumsraten sei allein die verfehlte finanzielle und wirtschaftliche Politik jeder konkreten Regierung. Demgegenüber verwiesen Soros und Snower auf sogenannte „Spill-over effects“, was bedeutet, dass wirtschaftliche Probleme in einem Land unvermeidlich zur Verschlechterung der wirtschaftlichen Entwicklung in anderen Ländern führen würden. Deshalb bräuchte man eine stärkere europäische Identität und ein verstärktes gegenseitiges Vertrauen, das heute so gering wie nie geworden ist. Dennis Snower plädiert für „great bargain“ (großes Abkommen oder großen Deal), also, dafür, dass jede Seite für ihre Taten Verantwortung trägt.

Diese These unterstützt auch George Soros. Aus seiner Sicht wäre unter den Krisenumständen gegenzyklische Politik notwendig. Da die Märkte nicht automatisch Gleichgewicht erreichen könnten, bräuchte man gegenzyklische staatliche Interventionen.

Soros ist bereits seit dem Ende der 1970-er Jahren für seine Einmischung in die politische Situation in Osteuropa bekannt. Nicht von ungefähr bezeichnete Journalist Neil Clark Soros vor einigen Jahren als „ungekrönten König von Osteuropa“. Wurde die Ukraine-Krise bei der Veranstaltung auch thematisiert?

Nur teilweise – genauer gesagt, es kam eine Frage aus dem Publikum über die Lage in der Ukraine. Ein ehemaliger Student an der Goethe-Universität aus Minsk hat Soros nach seiner Meinung dazu gefragt. Da der Ukraine-Konflikt eher weniger zum Thema der Diskussion gehörte, hat der Investor die Frage im Prinzip nicht beantwortet. Er hat aber am nächsten Tag, also, am vergangenen Freitag, in Berlin noch an einer Diskussion teilgenommen, in der es konkret um die Ukraine-Krise ging. Ich fasse jetzt seine wichtigsten Thesen kurz zusammen.

Soros sagte, diese Krise sei eine Chance für die EU, sich neu zu erfinden, denn diese sei immer eine politische Union gewesen. Die EU sollte die Ukraine wirtschaftlich und politisch unterstützen und dem Land helfen, die finanzielle Krise zu überwinden – sprich das Land vor der Staatspleite retten. Dies wäre wichtiger als eine Bestrafung Russlands, so Soros. Er befürchte außerdem eine mögliche Reaktion Russlands auf verschärfte europäische Sanktionen. Die schärfste und schmerzhafteste Strafe für Russland wäre eine Senkung der Ölpreise auf dem Weltmarkt. Jetzt stünde die EU vor der schwierigen Aufgabe, eine angemessene Antwort auf, wie man es sagt, „die Aggression“ Russlands und „die Annextion“ der Halbinsel Krim, zu finden. Die Politik von Merkel im Laufe der Ukraine-Krise hat Soros überraschenderweise eindeutig gelobt."

Quelle: Text Irina Popowa - „Stimme Russlands"

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