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Lammert wirft Erdogan "autokratische Ambitionen" vor

Archivmeldung vom 19.05.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.05.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Recep Tayyip Erdogan Bild:  Global Panorama, on Flickr CC BY-SA 2.0
Recep Tayyip Erdogan Bild: Global Panorama, on Flickr CC BY-SA 2.0

Der Deutsche Bundestag ist über das Vorgehen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegenüber dem Parlament in Ankara empört. Erdogan will durchsetzen, dass die Immunität von mehr als hundert Abgeordneten aufgehoben wird, um leichter gegen Vertreter der Opposition vorgehen zu können. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) warf dem türkischen Präsidenten in der "Süddeutschen Zeitung" deshalb "autokratische Ambitionen" vor.

Er sagte, das aktuelle Vorgehen Erdogans setze "leider eine ganze Serie von Ereignissen fort, mit denen sich die Türkei immer weiter von unseren Ansprüchen an eine Demokratie entfernt".

Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) sagte der "Süddeutschen Zeitung", mit der geplanten Immunitätsaufhebung "überschreitet Erdogan den Rubikon". Spätestens jetzt dürfe die Europäische Union keine Visafreiheit für Türken mehr beschließen.

Die Visa-Freiheit ist ein zentraler Bestandteil der Flüchtlingsvereinbarung zwischen der Türkei und der EU.

Lammert sagte, die Empörung über die neue Attacke Erdogans auf die parlamentarisch-demokratischen Strukturen in der Türkei müsse jedoch "mit dem Hinweis versehen werden, dass diese Attacke nur erfolgreich sein kann, wenn das Parlament sich auf dem Wege der Selbstentmachtung dazu bereitfindet". Denn die dafür notwendige Mehrheit im türkischen Parlament komme "nur dann zustande, wenn nicht nur die Abgeordneten der regierenden AKP zustimmen, sondern auch eine Mindestzahl an Abgeordneten anderer Fraktionen". Deshalb sei "jetzt der Selbstbehauptungswille des türkischen Parlaments gefragt".

Lammert wies darauf hin, dass der Zweck des Immunitätsrechts "historisch gesehen gerade im Schutz der Parlamente und ihrer Abgeordneten vor willkürlichen Übergriffen durch Feudalherrscher" bestehe. Die geplante Entscheidung würde "diesem Zweck diametral widersprechen und willkürliche Übergriffe erst ermöglichen". Es liege "die Vermutung nahe, dass es Präsident Erdogan eigentlich nur um eine Veränderung der Mehrheitsverhältnisse im Parlament geht". Darauf müsse "ein Parlament ebenso allergisch wie kraftvoll reagieren - es darf sich einem solchen Ansinnen nicht beugen".

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Franz Josef Jung (CDU), verurteilte das Vorgehen Erdogans scharf. Der ehemalige Verteidigungsminister sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Was da im türkischen Parlament passiert, ist ein Unding." Offensichtlich werde "dort versucht, allein die kurdischen Abgeordneten zu treffen". Das dürfe "nicht sein, immerhin geht es hier um ein Grundprinzip des demokratischen Parlamentarismus". Die aktuellen Ereignisse in Ankara seien "ein weiterer Baustein dafür, dass die Türkei mindestens zur Zeit die europäischen Werte nicht einhält".

Am Dienstagabend hatte das türkische Parlament in der ersten von zwei Abstimmungsrunden zwar für die Aufhebung der Immunität von mehr als einem Viertel seiner Abgeordneten gestimmt. Allerdings verfehlte die AKP die für die Verfassungsänderung nötige Zweidrittelmehrheit von 367 Stimmen mit 348 Befürwortern klar. Mustafa Yeneroðlu, AKP-Politiker und Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses des türkischen Parlaments, gab gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" zu, dass der "Hauptbeweggrund" für die Gesetzesinitiative sei, die Abgeordneten der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP wegen ihrer angeblichen Sympathie mit dem PKK-Terror strafrechtlich verfolgen zu können. "Ein Großteil der HDP-Abgeordneten muss für sich die Frage klären, inwieweit sie sich von der PKK emanzipiert haben", sagte Yeneroðlu.

Den Vorwurf, dass die Türkei mit ihrem Vorgehen das Verhältnis zur Europäischen Union weiter belaste, wies er zurück. Yeneroðlu warf stattdessen auch Deutschland vor, die Türkei im Anti-Terrorkampf nicht genügend zu unterstützen. Es reiche nicht aus, Anschläge hinterher zu verurteilen, aber "im eigenen Land nichts zu tun, um Freiräume der PKK einzuschränken", sagte der AKP-Politiker. Er zeigte sich zuversichtlich, dass am Freitag in der zweiten Abstimmungsrunde die nötige Mehrheit für die Aufhebung der Immunität erreicht wird.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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