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Leutheusser-Schnarrenberger: "Türkei ignoriert türkisches Recht"

Archivmeldung vom 16.03.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.03.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bei einer Podiumsdiskussion im Bundesministerium der Justiz im August 2013
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bei einer Podiumsdiskussion im Bundesministerium der Justiz im August 2013

Foto: Rectifier99
Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wirft der Türkei vor, bei der Inhaftierung von Journalisten türkisches Recht zu ignorieren. "Nach dem türkischen Pressegesetz kann ein Journalist wegen strafrechtlich relevanter Äußerungen nur bis vier Monate nach dem Erscheinungstermin verfolgt werden", sagte Leutheusser-Schnarrenberger der "Welt".

"Viele der Artikel, die inhaftierten Journalisten vorgeworfen werden, liegen aber viel länger zurück." Um einen Terrorvorwurf zu konstruieren, "wird teilweise sogar das türkische Recht ignoriert", sagte die FDP-Politikerin. Leutheusser-Schnarrenberger führte in ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglied der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung in dieser Woche drei Tage lang Gespräche in Istanbul und Ankara.

Die Situation der in der Türkei inhaftierten Journalisten wie "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel sei bedrückend. "Das Allerschlimmste ist die absolute Ungewissheit darüber, wie lange die Haft dauern kann. Sitzt man erst einmal in Untersuchungshaft, passiert erst mal gar nichts mehr. Es gibt keine Anklageschrift, keine Unterlagen mit konkreten juristischen Vorwürfen, auf die man reagieren könnte.

Man kann sich nicht verteidigen, man kann nur warten und Anträge auf Haftentlassung stellen, die wie gerade bei Deniz Yücel schnell abgelehnt werden", sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Anwälte hätten ihr berichtet, dass es für sie durch den Ausnahmezustand schwierig sei, den Kontakt zum inhaftierten Mandaten zu halten.

"Die Treffen sind begrenzt auf einmal eine Stunde pro Woche, sie finden auch nicht vertraulich statt, sondern unter Beobachtung. Das ist insgesamt eine sehr bedrückende Situation." Die Atmosphäre im Land sei durch Verunsicherung und Einschüchterung geprägt. Vor allem der Ausnahmezustand sorge bei Oppositionellen "für ein Gefühl der Unsicherheit und auch Angst".

Angesichts von über hunderttausend Entlassungen und Tausenden Festnahmen seit vorigem Sommer sei "die Furcht, in den Fokus der Behörden zu gelangen und den Staatsdruck selbst zu spüren zu bekommen, verständlich". Die Naumann-Stiftung könne ebenso wie die anderen politischen Stiftungen aus Deutschland derzeit noch arbeiten.

"Aber wir wissen, dass wir beobachtet werden. Deshalb müssen wir uns gut überlegen, ob unsere Partner durch gemeinsame Auftritte womöglich gefährdet werden können. Es herrscht einfach dieses Klima der Verunsicherung."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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