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Ganz böser Verdacht

Archivmeldung vom 25.11.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.11.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

In Berlin glaubt niemand, dass die verhafteten BND-Agenten am Attentat auf die EU-Vertretung beteiligt waren - was aber taten sie sonst?

Es sei geradezu absurd, empört sich Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Montag in Berlin, zu glauben, dass deutsche Stellen in terroristische Anschläge im Ausland verwickelt sein könnten. Deshalb lehnte es Steg auch ab, sich zu all den "Berichten und Spekulationen" zu äußern, drei deutsche Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) seien in Pristina unter Terrorverdacht verhaftet worden.

Dabei weiß die Bundesregierung schon seit dem vergangenen Mittwoch, dass drei deutsche Beamte von kosovarischen Sicherheitskräften festgenommen worden sind. Der Vorwurf: Sie sollen am 14. November einen Sprengstoffanschlag auf das Büro des EU-Sondergesandten Pieter Feith in Pristina verübt haben. Die Explosion hatte Sachschaden verursacht.

Bei den drei Festgenommenen handelt es sich nach FR-Informationen um Bundeswehrangehörige, die zum BND abgeordnet worden sind und sich seit einiger Zeit verdeckt im Kosovo aufgehalten haben. Die Bundeswehr hat gegenwärtig etwa 2700 Soldaten im Kosovo stationiert. Die drei sollen zwischen 41 und 47 Jahre alt sein. Ihr Auftrag wird mit "Aufklärungsarbeit" angegeben - unklar ist, was genau sie aufklären sollten.

Die Beschuldigten arbeiteten nach dpa-Informationen für die Firma Logistic Coordination Assessments Services, einen Investment-Berater für deutsche Unternehmen im Kosovo, der als Tarnfirma für den BND gedient habe. Angeblich wurden sie schon lange beschattet. Am Mittwoch - fünf Tage nach dem Anschlag - soll das Trio jedenfalls dabei beobachtet worden sein, wie es ein Haus nahe dem Tatort in Pristina auskundschaftete. Aus dem dritten Stock des Gebäudes war der Sprengsatz auf das EU-Quartier angeblich geschleudert worden. Eine kosovarische Anti-Terror-Einheit habe die Deutschen festgenommen. Ein Haftrichter sah am Samstag ausreichend Gründe dafür, 30 Tage Untersuchungshaft anzuordnen.

"Ich kann es mir nicht vorstellen, dass an den Vorwürfen etwas dran ist", sagen mehrere Geheimdienstexperten der Regierung am Montag übereinstimmend. Es sei abstrus zu glauben, dass ausgerechnet deutsche Beamte die EU-Vertretung bombardieren würden: Sie unterstützen Eulex, die Mission, die beim Aufbau eines rechtsstaatlichen Kosovo helfen soll. Gerüchte, die Beamten könnten sich nebenbei für die albanische Mafia verdingt haben, seien "Räuberpistolen".

Außenamtssprecher Jens Plötner erinnerte an die "guten, vertrauensvollen Beziehungen" zwischen Pristina und Berlin. Sei doch Deutschland eines der ersten Länder gewesen, die das Kosovo vor wenigen Monaten anerkannten. Bis heute zähle die Bundesrepublik zu den größten Unterstützern des Landes. Die Summe, die Deutschland an den jungen Staat zahlt, mag ein Grund sein, dass BND-Beamte verdeckt vor Ort waren. Sie könnten geprüft haben, ob das Geld sinngerecht eingesetzt wird oder in kriminellen Netzwerken versickert.

Plötner sagte, die Verhaftungen wirkten sich nicht negativ auf das Verhältnis der Staaten aus. Beide Länder seien daran interessiert, die Vorwürfe aufzuklären, hieß es weiter. Die Diplomaten wissen aber, dass die Aufmerksamkeit, die der Fall insbesondere auf dem Balkan erfahren hat, einer geräuschlosen Beilegung der Krise im Wege steht. Am Freitag sollen die kosovarischen Behörden noch nach Deutschland signalisiert haben, einer schnellen Entlassung stünde nichts im Wege. Nach der medialen Aufregung vom Wochenende wird die Staatsanwaltschaft in Pristina nun, so die Befürchtung, den Fall sehr gründlich prüfen.

Eine gründliche Prüfung der Vorwürfe erwartet auch das Parlamentarische Kontrollgremium, das sich auf Einladung seines Vorsitzenden Thomas Oppermann (SPD) am Donnerstag informieren will. Sein Stellvertreter Max Stadler (FDP) sowie Grünen-Vertreter Hans-Christian Ströbele hatten sich dafür ausgesprochen, möglichst rasch von der Regierung ins Bild gesetzt zu werden.

Die Grünen forderten die Regierung darüber hinaus auf, mehrere Bundestagsausschüsse über die Details der pikanten Angelegenheit zu informieren. Bis Montag fand sich aber kein Bundestagsabgeordneter, der die Auffassung vertrat, der BND könnte tatsächlich in einen Sprengstoffanschlag verstrickt sein. 


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