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Bericht stellt bedrohliche Mängel bei Pandemie-Planung für EU-Sicherheit fest

Archivmeldung vom 11.10.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.10.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Unzulängliche Grenzkontrollen und mangelhafte Verwaltung und Belieferung mit antiviralen Präparaten und Impfstoffen vor Ort könnten die Sicherheit in der EU bedrohen.

Ein Bericht, der in einer der nächsten Ausgaben des Bulletins der Weltgesundheitsbehörde (World Health Organisation, WHO) erscheinen wird, ruft dazu auf, dringend das politisch heikle Problem der Grenzkontrollen anzugehen und die Notwendigkeit kohärenter und robuster, nationaler Planungen angesichts katastrophenartiger Grippepandemien zu bedenken(i). Der Bericht folgt der kürzlich bestätigten Übertragung von Mensch zu Mensch des H5N1-Stamms der Geflügelgrippe A im Norden von Sumatra. Obwohl der Ausbruch durch freiwillige Quarantäne und schnelle Verabreichung antiviraler Medikamente unterbunden werden konnte, bestätigten die Wissenschaftler, dass die Welt "eine gefährliche Klippe umschifft hat" und "nächstes Mal eventuell weniger Glück haben wird"(ii),(iii),(iv).

"Die Länder müssen mit ihren Nachbarn zusammenarbeiten und optimale Praktiken und strategische Überlegungen offen austauschen. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (European Centre for Disease Prevention and Control, ECDC) hat vielleicht erfolgreich europaweite Überwachungsmassnahmen etablieren können, doch werden die derzeitig herrschenden bedeutenden Unterschiede in den Pandemieplänen der verschiedenen Länder die globale Solidarität bzw. Sicherheit hart auf die Probe stellen", sagte Dr. Richard Coker, Autor der Studie und ausserordentlicher Professor für öffentliches Gesundheitswesen an der London School of Hygiene and Tropical Medicine in Grossbritannien.

In dem Bericht wurden die EU und angrenzende Länder untersucht und folgender Befund erhoben:(i)

  • Europa ist im Allgemeinen besser vorbereitet als noch vor einem Jahr und die Zahl der Länder, die einen Bereitschaftsplan entwickelt haben, ist gestiegen
  • Weniger als die Hälfte haben feste Pläne für die Verteilung antiviraler Mittel bzw. spezifische Leitlinien dazu, wo Impfstoffe zu lagern sind, wie diese verteilt werden und wer sie zu verabreichen hat
  • Zwei Drittel der landesspezifischen Pläne beruhen auf den WHO-Richtlinien, wenn es um den entscheidenden Schritt geht, die Bewegungsfreiheit der Menschen zwischen betroffenen und nicht betroffenen Gebieten einzuschränken

Die Bedenken bzgl. der mangelnden Beschränkung des Warenimports und des potenziellen Chaos, das durch die Unsicherheit entsteht, wie mit Flug- und Schiffsreisenden verfahren werden sollte, die aus betroffenen Gebieten kommen, werden ebenfalls herausgestellt. Nur acht von 30 untersuchten Ländern empfahlen die Trennung kranker Reisender von anderen und nur vier sehen die Ausgabe von Masken an Passagiere oder Besatzungen vor(i).

"Ein Jahr nach dem vorausgehenden Bericht sind viele Länder immer noch schlecht auf die harten Realitäten einer drohenden Grippepandemie vorbereitet", erklärte Dr. Richard Coker. "Entscheidend ist, dass das "Wer, Was, Wann und Wo" für die antiviralen Medikamente nicht definiert ist. Dabei stelle diese die erste Verteidigungslinie dar, bevor Impfstoffe überhaupt hergestellt und verteilt werden können."

Der Bericht vermerkt die kürzliche Aufstockung der Vorräte antiviraler Medikamente in vielen Ländern. Das Problem jedoch, wie die antiviralen Mittel dem jeweiligen Patienten verabreicht werden können, wird in den meisten Plänen nicht behandelt. So wurden grundlegende, notwendige medizinische Hilfsmittel (Spritzen, Antibiotika und Schutzkleidung) nicht immer bedacht, sodass notwendigerweise Engpässe und Transportschwierigkeiten auftreten werden.

"Im Fall einer Pandemie könnte die anfängliche Nachfrage nach antiviralen Mitteln die Möglichkeiten des medizinischen Personals, diese auch zu verabreichen, bei Weitem übersteigen. Obwohl viele Länder in Europa inzwischen über Lagerbestände verfügen, sind jetzt dringend auch streng durchdachte Pläne für Lagerung, Verteilung und Verabreichung notwendig, weil Panik und letztlich Chaos unvermeidbar sind, wenn die operationellen Vorgehensweisen nicht bereits vor dem Auftreten einer Pandemie festgelegt und getestet werden", sagte Dr. Coker. Weiter fügte er hinzu: "Die fehlende internationale Kooperation bei den Grenzkontrollen ist besonders besorgniserregend und lässt bei Reisen von einem Land ins andere hässliche Bilder von ohne Vorwarnung und gegen ihren Willen zurückgehaltene Personen aufkommen."

Allgemeine Ergebnisse des Berichts

Der Bericht wurde ein Jahr nach dem vorangegangenen Bericht über die Pläne der EU-Länder zur Pandemiekontrolle veröffentlicht und kam zu dem Schluss, dass die meisten Länder (29 von 30) jetzt über strategische Pläne verfügen.

Die Autoren stellten fest, dass die internationale Überwachung verstärkt wurde, warnten jedoch davor, dass:(i)

  • Die Möglichkeiten vor Ort weiterhin begrenzt sind; insbesondere im kritischen Bereich der Versorgung und Verteilung antiviraler Mittel und Impfstoffe
  • Eine Grippepandemie vermutlich die globale Solidarität hart auf die Probe stellen wird, wobei nur die Hälfte der Pläne explizit vorsehen, dass Grenzkontrollmassnahmen mit Nachbarländern koordiniert werden

Hauptprobleme:

Grenzkontrollen

Der Bedarf an Information und Beratung zum Thema Reisen wurde weitgehend erkannt, doch wurden auch Sorgen zu den erheblichen Unstimmigkeiten zwischen den Ländern laut:(i)

  • Reisebeschränkungen wurden von 16 der 30 Länder vorgesehen, doch zwei Länder sprachen sich explizit gegen diese Massnahmen aus
  • Fünf Länder sehen ein absolutes Verbot grenzüberschreitender Reisen vor, doch 16 Länder haben die Absicht, den WHO-Massgaben zu folgen
  • Die Mehrzahl der Pläne (20 von 30) gehen von den expliziten WHO-Empfehlungen zur Ausreiseüberwachung aus, von denen 17 wiederum die Einführung spezieller Einreiseüberwachungsmassnahmen bevorzugen, was nicht den WHO-Empfehlungen entspricht

Antivirale Medikamente

Die meisten Länder verfügen über strategische Pläne zur Ausgabe antiviraler Medikamente, doch wurden entscheidende Schwächen bei der operationellen Handhabung der Lagerung, Verteilung und Verabreichung festgestellt:(i)

  • 16 von 30 Ländern haben die Absicht, die Verantwortung hierfür ganz oder teilweise an lokale Verwaltungen zu übertragen; doch nur wenige sehen im Einzelnen vor, wie dies geschehen soll
  • Nur acht Länder gehen die Notwendigkeit von Sicherheitsmassnahmen für die Verteilungszentren antiviraler Medikamente an
  • Es besteht bei den Ländern erhebliche Verwirrung, ob antivirale Medikamente zur Behandlung oder zur Prophylaxe eingesetzt werden sollten; dort, wo es Leitlinien zur Prophylaxe gibt, war häufig unklar, ob die Medikamente vor oder nach der Aussetzung gegeben werden sollten

Impfung

Alle Länder bis auf eines haben Pläne für eine Pandemieimpfung, jedoch:(i)

  • Bedeuten die Vorlaufzeit für die Impfstoffentwicklung (3 bis 6 Monate) und die Produktionskapazität (300 Millionen Einheiten), dass die Nachfrage grösser als das Angebot sein wird
  • Ist die Festlegung der Prioritäten für verschiedene Personengruppen bei nahezu einem Land von dreien nicht gegeben
  • Geben weniger als die Hälfte der Länder detaillierte Pläne für Lagerungs-, Beschaffungs- und Verteilungsmechanismen an und es werden nur wenige Einzelheiten dazu angegeben, wer die Verantwortung für die Verabreichung der Impfstoffe trägt und wo diese stattfinden soll

Informationen zum Bericht

Der Bericht folgt einer ähnlichen Untersuchung aus dem Jahre 2006, die bedeutende Unterschiede zwischen den Plänen der verschiedenen Länder auf diesen überlebenswichtigen Gebieten feststellte, die voraussichtlich aufgrund von Knappheit bzw. der Notwendigkeit internationaler Koordination, Übereinstimmung und Zusammenarbeit das Reaktionsvermögen der Gesundheitssysteme hart auf die Probe stellen würde. Der Bericht bewertete die nationalen Pandemie-Bereitschaftspläne von 25 EU-Ländern, zwei Beitrittskandidaten und drei an die EU angrenzenden Ländern (Norwegen, Schweiz und Türkei)(i).

Eine erste Erhebung führte dazu, dass 29 Pläne in den Bericht aufgenommen wurden. Bei der Auswertung wurde jeder Plan in den Hauptbereitschaftsbereichen nationale Planungen für Grenzkontrollmassnahmen, antivirale Medikamente und Impfstrategien gegen die WHO-Richtlinien geprüft(i)

Der Bericht "Progress and shortcomings in European national strategic plans for pandemic influenza" (Fortschritte und Mängel der nationalen Bereitschaftspläne für eine Grippepandemie in Europa) steht online unter http://www.who.int/bulletin/volumes/85/06-039834.pdf zur Verfügung.

Finanzierung

Diese Forschungsarbeit wurde durch ein nicht bindendes Stipendium von F.Hoffmann-La Roche Ltd. gefördert.

(i) Coker R et al. Progress and shortcomings in European national strategic plans for pandemic influenza. WHO Bulletin, verfügbar unter: http://www.who.int/bulletin/volumes/85/06-039834.pdf

(ii) Yang Y et al. Detecting human-to-human transmission of Avian Influenza A (H5N1). Emerg Infect Dis 2007;13(9):1348-1353

(iii) Reuters. Study confirms 2006 human-human spread of bird flu. 29.08.07 (iv) Science Daily. Humans spread bird flu to humans in Indonesia. 07.08.07

Quelle: Pressemitteilung The London School of Tropical Medicine and Hygiene


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