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Kissinger warnt vor Idealisierung des "arabischen Frühlings"

Archivmeldung vom 17.09.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.09.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Henry Kissinger Bild: World Economic Forum / de.wikipedia.org
Henry Kissinger Bild: World Economic Forum / de.wikipedia.org

Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger hat angesichts der neuen gewaltsamen Unruhen vor einer Idealisierung des arabischen Frühlings gewarnt. Der "Bild-Zeitung" sagte Kissinger: "Ich habe den arabischen Frühling nie so wahrgenommen, wie er in weiten Teilen der westlichen Welt und der Medien gesehen wurde."

In Ägypten hätten 75 Prozent der Wähler für Muslimbrüder und radikale Islamisten gestimmt, so der 89-jährige Friedensnobelpreisträger. "Das bedeutet nicht, dass man keine guten Beziehungen zu Ägypten haben kann - das war und ist im Interesse beider Staaten. Dennoch leben wir nicht unbedingt in der gleichen Wertegemeinschaft."

Kissinger wies weiter darauf hin, dass die Entwicklung in der arabischen Welt hin zur Demokratie "ein sehr langsamer Prozess" sei: "Es ist so gut wie un­mög­lich, dass aus politischen Par­tei­en, die das Scha­ria-Recht ver­tei­di­gen, demokratische Parteien wer­den", sagte er der "Bild-Zeitung". "Das ist das Di­lem­ma, das wir im Mo­ment ha­ben, da dür­fen wir uns nichts vormachen. Wenn man darauf be­steht, dass Staat und Re­li­gi­on iden­tisch sind, ist es fast un­mög­lich, dass sich an­de­re Mei­nun­gen ent­fal­ten können."

Zu den neuen Protesten sagte Kissinger: "Es ist doch ei­ne absurde Si­tua­ti­on, dass ein klei­nes Vi­deo, das in Ame­ri­ka nie­mand kann­te, von dem die US-Regierung nichts wuss­te, zu sol­chen Gewaltausbrüchen führt."

Kissinger, der am Samstag das Bundesliga-Spiel der SpVgg Greuther Fürth gegen Schalke besuchte, nutzte seinen Deutschland-Besuch auch für ein einstündiges Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel. Über sie sagte er der "Bild-Zeitung": "Sie ist ei­ne al­te Freun­din. Ich ken­ne sie seit vie­len Jah­ren und bewundere sie."

Ferner sprach sich Kissinger für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses aus. "1946, als jun­ger Mann, ha­be ich erst­mals Berlin be­sucht. Da­mals war das Schloss ein Trüm­mer­hau­fen. Spä­ter ha­be ich auf Bil­dern ge­se­hen, wie es im 19. Jahr­hun­dert aus­sah. Als ich dann im Jahr 1993 ein­mal zu Be­such war, war ge­ra­de die Schloss-Attrappe in­stal­liert wor­den. Das hat mich sehr be­wegt und mein Bewusstsein da­für ge­schärft, was für ein wich­ti­ges Sym­bol das Schloss ist", so Kissinger.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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