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CIA soll britische Insel als Gefängnis genutzt haben

Archivmeldung vom 01.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Diego Garcia ist eine winzige Insel im Indischen Ozean und steht nominell unter britischer Kontrolle. Dort soll die CIA mindestens einen Terrorverdächtigen eingesperrt und verhört haben, berichtet "Time". Brisant: Es wäre der erste Fall, in dem die USA britisches Gebiet für ihre umstrittenen Praktiken benutzt hätten.

Als die Bürger von Mauritius Anfang der sechziger Jahre ihre Unabhängigkeit von Großbritannien forderten, geschah etwas Ungewöhnliches: London stimmte fast augenblicklich zu. Und machte zudem noch ein Angebot: Der neue Staat würde zusätzlich zur Unabhängigkeit noch drei Millionen Pfund erhalten, wenn er seinen Anspruch auf das Chagos-Archipel, 1200 Meilen entfernt, aufgäbe. Mauritius stimmte zu und London benannte die Inselgruppe in "British Indian Ocean Territories" um. Und dann tat Großbritannien, was es von Anfang an geplant hatte: Die neue Quasi-Kolonie wurde, kostenlos und für 50 Jahre, den USA überlassen.

Denn das war der Zweck des Deals: Den USA eine geeignete Plattform für ein geheimes Abhörprogramm der "National Security Agency" (NSA) zu bieten. Von 1965 bis 1973 mussten, um den US-Bedarf nach ungestörter Ruhe zu befriedigen, etwa 2000 Einwohner der Inseln zwangsumgesiedelt werden.

Diese Episode schildert in seinem Buch über die NSA ("Body of Secrets") der Autor James Bamford.

Heute ist Diego Garcia, die Hauptinsel der Archipels, auf der die NSA damals ihre Basis errichtet, erneut ein Thema. Denn das US-Magazin "Time" berichtet, dass die CIA 2002 und möglicherweise 2003 mindestens einen und möglicherweise mehrere Terrorverdächtige auf Diego Garcia inhaftierte und verhörte.

Auswirkungen auf die britische Innenpolitik

Da Diego Garcia technisch gesehen nach wie vor zu Großbritannien gehört, hat diese Enthüllung Auswirkungen auf die britische Innenpolitik: Wusste London von der mutmaßlichen CIA-"Black Site" im Indischen Ozean? Die britische Menschenrechtsorganisation "Physicians for Human Rights" forderte am heutigen Freitag umgehend eine Untersuchung des Vorwurfs.

In dem "Time"-Bericht heißt es, der Informant des Magazins habe von einem CIA-Terrorbekämpfer zwei Mal gehört, dass auf Diego Garcia ein oder mehrere sogenannte "High Value Detainees" (HVD) festgehalten und verhört würden.

Zu den HVD gehörten vor allem mutmaßliche Qaida-Kader, denen die Planung und Ausführung schwerer Anschläge angelastet wird, zum Beispiel Chaled Scheich Mohammed. Einige HVD waren nach bisherigem Kenntnisstand länger in CIA-Geheimgefängnissen, sogenannten "Black Sites", untergebracht, bevor sie schließlich nach Guantanamo verbracht wurden. Mindestens von Chaled Scheich Mohammed ist sicher, dass er dem sogenannten "Water Boarding" unterzogen wurde, einer brutalen Verhörmethode, die Menschenrechtler als Folter kategorisieren.

"Time" merkt allerdings selbst an, dass der Artikel nur auf einer einzigen Quelle beruht. Sie ist zudem anonym. Der Quelle zu Folge seien Gefangene auch auf Schiffen vor der Küste von Diego Garcia untergebracht worden.

CIA log schon einmal über Diego Garcia

Das Magazin befragte auch Richard Clarke zu seinen Informationen. Clarke, mittlerweile ein Kritiker der US-Regierung, war einer der Sicherheitsberater von US-Präsident George W. Bush im fraglichen Zeitraum.

"In meiner Gegenwart, im Weißen Haus, wurde die Möglichkeit, Diego Garcia für die Unterbringung von 'Zielen von hohem Wert' ('High Value Targets') zu nutzen, diskutiert", sagte er "Time". Er sei aber nie Zeuge einer entsprechenden Entscheidung gewesen. Allerdings fügte er hinzu: "Angesichts dessen, was wir über den Ansatz der Regierung in solchen Fragen wissen, halte ich den Bericht, dass die USA diese Insel für Inhaftierung oder Verhöre nutzten, für absolut glaubwürdig."

Im Februar erst hatte CIA-Chef Michael Hayden zugeben müssen, dass der US-Auslandsgeheimdienst - auch gegenüber der britischen Regierung - falsche Angaben über die Nutzung von Diego Garcia gemacht hatte. Er räumte ein, dass die Insel als Zwischenstation im Zuge von sogenannten "außergewöhnlichen Überstellungen" genutzt wurde. Zwei Verdächtige seien über Diego Garcia nach Marokko beziehungsweise Guantanamo verbracht worden; auf der Insel seien die Flugzeuge betankt worden.

Bisher haben der britische Außenminister David Milliband und sein Vorgänger Jack Straw stets verneint, dass die USA britisches Territorium nutzten, um Terrorverdächtige festzuhalten. Das britische Parlament bemüht sich seit Längerem um die Aufklärung der Frage, ob die USA für ihre umstrittenen Programme britisches Territorium nutzten.

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