Unternehmer kritisieren EU-Milliardenplan für KI-Gigafactories
Archivmeldung vom 18.08.2025
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićIn der Branche wachsen die Zweifel an dem EU-Plan für milliardenschwere KI-Rechenzentren. Die Gigafactory-Strategie werde eher "nicht dafür sorgen, dass Europa im weltweiten Maßstab digital unabhängiger und kompetitiver wird", sagte Kai Wawrzinek, Gründer und CEO des Cloudanbieters Impossible Cloud, dem Wirtschaftsmagazin Capital. Frank Karlitschek, Chef der Stuttgarter Softwarefirma Nextcloud, sagte: "Da soll erst die Infrastruktur aufgebaut werden und danach die Nachfrage entstehen. Ich bin mir nicht sicher, ob das die richtige Denkweise ist."
Mit dem Aufbau von fünf über den Kontinent verteilten Rechenzentren will
die Europäische Union ihren Rückstand beim globalen KI-Wettrennen
verringern. Die Gigafactories sollen jeweils mit etwa 100.000
spezialisierten GPU-Chips ausgestattet und von privaten Unternehmen
errichtet und betrieben werden. Um die dafür nötigen massiven
Investitionssummen zu stemmen, hat die EU insgesamt 20 Milliarden Euro
an Fördergeldern in Aussicht gestellt. Die schwarz-rote Bundesregierung
hat im Koalitionsvertrag vereinbart, mindestens eine der
KI-Gigafactories nach Deutschland holen zu wollen.
Zuletzt wurde
allerdings vermehrt Kritik an dem milliardenschweren Subventionspaket
laut. "Der Hardware-Zug ist abgefahren", erklärte SAP-Chef Christian
Klein Anfang Juli vor Journalisten. "Fünf neue Rechenzentren sind nicht
das, was wir brauchen." Siemens-CEO Roland Busch hinterfragte in der
"Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ebenfalls das Gigafactory-Projekt:
"Das Pferd von hinten aufzuzäumen, ist keine gute Idee." Er wisse gar
nicht, wie man die Rechenzentren "derzeit auslasten" könnte.
Auch
Impossible-Cloud-Gründer Wawrzinek meldete Zweifel an dem
vermeintlichen Bedarf für die entsprechende Rechenleistung an: "Wenn man
so große Summen in ein Projekt pumpen will, funktioniert das nur, wenn
man auch die Nutzung sicherstellen kann. Dafür bräuchte es die
entsprechenden Digitalplayer", so Wawrzinek zu Capital.
Der
Tech-Experte Stefan Heumann vom Berliner Thinktank Agora Digitale
Transformation ergänzte: "Wir wollen die Infrastruktur bauen und
finanzieren, wissen aber noch gar nicht genau, was damit gemacht werden
soll." Er teile daher "die Sorge, dass das am Markt vorbeigehen könnte".
Noch drastischer formulierte es der Publizist Ansgar Baums: Es sei
"eine krasse Hybris", dass man den Unternehmen erzählen wolle, "wie der
Business Case für ihre Milliardeninvestitionen auszusehen hat".
Quelle: dts Nachrichtenagentur