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BGA: Europa am Scheideweg - Staatsinterventionismus und offensive Industriepolitik als Allheilmittel?

Archivmeldung vom 28.03.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.03.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
EUDSSR: Der Unterschied zwischen der UDSSR und der EU (Symbolbild)
EUDSSR: Der Unterschied zwischen der UDSSR und der EU (Symbolbild)

Bild: Mus Lim (Talk | contribs) /COO / Eigenes Werk

"Ein "China light" ist keine Option für uns! Keinesfalls dürfen wir Europa zu einer Trutzburg ausbauen. Es ist ein Irrglaube zu meinen, dass wir Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen, wenn wir uns national oder europäisch abschotten - das gilt in Richtung der Populisten allerorten genauso wie mit Blick auf industriepolitische Vorstellungen in Brüssel und neuerdings auch in Berlin.

Die wettbewerbsfeindlichen Töne, die wir vernehmen, würden Europa schwächen und nicht etwa stärken." Dies erklärte Dr. Holger Bingmann, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), heute in Berlin anlässlich der Frühjahrspressekonferenz des Verbandes zur Entwicklung des deutschen Außenhandels.

Wachstumstempo stark gebremst

"Angesichts der zahlreichen handels- und sicherheitspolitischen Turbulenzen im vergangenen Jahr hat sich der deutsche Außenhandel 2018 durchaus positiv entwickelt. Gleichwohl haben diese Turbulenzen ihre Spuren hinterlassen: So wurden die Werte von 2017 übertroffen und neue Rekorde erzielt, jedoch hat sich die Wachstumsrate unserer Exporte mehr als halbiert", so Bingmann.

Die deutschen Exporte sind 2018 um 3 Prozent auf 1.317,9 Milliarden Euro gestiegen. Größter Exportmarkt war dabei erneut Europa mit 900,2 Milliarden Euro. Die tragende Säule dieses Handels sind die Wirtschaftsbeziehungen mit den EU-Ländern: 3,8 Prozent mehr deutsche Waren gingen 2018 in europäische Mitgliedsstaaten (778,6 Milliarden Euro). Wichtigster Zielmarkt für deutsche Ausfuhren bleiben die USA, die allerdings nur um 1,5 Prozent wuchsen auf einen Wert von 113,5 Milliarden Euro. Hier habe die erratische Politik von Präsident Trump deutliche Spuren hinterlassen. Währenddessen wächst unsere wirtschaftliche Verflechtung mit China, unserem wichtigsten Handelspartner, weiter: 2018 betrug das bilaterale Handelsvolumen 199,3 Milliarden Euro (+6,1%).

Aktuell sieht der BGA noch immer Potential für ein Wachstum der deutschen Exporte von bis zu 3 Prozent im laufenden Jahr, was jedoch an einige Vorbedingungen geknüpft ist, wie beispielsweise keine weitere Verschärfung des Brexit-Dramas sowie der US-Handelskonflikte mit China und Europa.

China-Phobie unnötig

"Wir sollten nicht hysterisch werden, es gibt keinen Grund für die aktuelle China-Phobie. Schließlich ist Deutschland nicht Opfer, sondern einer der größten Profiteure des ökonomischen Aufstiegs Chinas, der tatsächlich atemberaubend ist. Zugleich ist es gelungen, hunderte Millionen Menschen aus der Armut zu befreien. Die wirtschaftliche Entwicklung Chinas ist somit ein Paradebeispiel für die Vorteile, die Globalisierung haben kann", unterstrich der BGA-Präsident.

"Gleichwohl halten wir die Debatte, wie europäische und insbesondere auch deutsche Firmen im globalen Wettbewerb mit staatlich gepäppelten Unternehmen, beispielsweise aus China, bestehen können, für richtig und überfällig. Von den bisher vorgeschlagenen Maßnahmen sind wir jedoch nicht überzeugt. Vielmehr scheint der Geist französischer Wirtschaftspolitik mit deren nationalen Champions in Berlin und Brüssel zu verfangen. Stellt man aber die wirtschaftliche Entwicklung und die Perspektiven Deutschlands mit seiner traditionell zurückhaltenden Industriepolitik und Frankreichs gegenüber, muss man vor dieser Entwicklung laut warnen - ganz davon abgesehen, dass wir eine ganzheitliche Betrachtung der Wertschöpfung ver¬missen, die auch Handel und Dienstleistung integriert", so Bingmann weiter.

Er warnte eindringlich davor, als Antwort auf die aggressiven, nationalen Industriepolitiken in den USA und China vom bisherigen Erfolgsmodell abzukehren und sich einer eigenen nationalen Industriestrategie hinzuwenden, die einen Staatsinterventionismus zum Ziel zu haben scheine. Das vertrage sich jedoch nicht mit dem berechtigten Vorwurf des Protektionismus an andere. Anstatt den Mittelstand zu stärken, werde unter anderem das Ziel formuliert, Großkonzerne vor Wettbewerb und Übernahmen zu schützen. Seine feste Überzeugung sei, dass der Staat den Märkten und privaten Investoren bei der Auswahl wettbewerbsfähiger bzw. förderungswürdiger Sektoren oder gar Unternehmen nicht überlegen ist.

"Anstatt unsere Wirtschaft abzuschotten, sollten wir alles unternehmen, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen international zu verbessern. Hierzu zählen deutlich stärkere Investitionen in die eigene digitale Infrastruktur wie die Verkehrsinfrastruktur, die Grundlagenforschung aber auch in die Aus- und Weiterbildung sowie verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten für Start-Ups, damit die Ideen, die ja in Deutschland und Europa existieren, wachsen und Marktreife erreichen kön¬nen und in einem funktionierenden europäischen Binnenmarkt skaliert werden können. Die Reform des Unternehmenssteuerrechts wird seit Jahren nicht ange¬gangen, obwohl sie dringend notwendig ist, um ausreichend Anreize für Investitionen in Deutschland, gerade auch in Innovation und Forschung, sicherzustellen", kritisierte der BGA-Präsident.

"Das überaus erfolgreiche Friedens- und Wohlstandsprojekt Europa steht unter einem noch nie dagewesenen Druck. Mit Nationalismus, Protektionismus, Aufgabe der Freiheiten, die Europa entwickelt und groß gemacht hat, werden wir keine Antworten auf die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts finden. Wir würden von den großen Mächten - wirtschaftlich und politisch - von China, USA und Russland, zerrieben werden. Damit würden nicht nur wir untergehen, sondern auch unsere Werte", mahnte Bingmann abschließend.

Quelle: BGA Bundesverb. Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (ots)

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