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Ifo-Konjunkturchef: Griechenland braucht weiteren Schuldenschnitt

Archivmeldung vom 31.07.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.07.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Klaus Brüheim / pixelio.de
Bild: Klaus Brüheim / pixelio.de

Der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen, stützt die Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF), dass Griechenland weitere internationale Hilfen zum Abbau seines riesigen Schuldenbergs brauche. Dass Griechenland einen weiteren Schuldenschnitt benötige, sei keine Überraschung, sagte Carstensen "Handelsblatt-Online".

Der von der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und IWF angestrebte Schuldenpfad sei "unter plausiblen Annahmen kaum zu erreichen, obwohl es schon einen Haircut bei den privaten Investoren gegeben hat und auch die öffentlichen Gläubiger im vergangenen Herbst bereits eine Verringerung ihrer Forderungen, gemessen an deren Barwert, beschlossen haben".

Carstensen geht davon aus, dass der Regierung in Athen im Herbst konkrete Hilfsangebote gemacht werden. "Um es nicht wie einen Forderungsverzicht aussehen zu lassen, wird nach der Bundestagswahl erneut über Maßnahmen nachgedacht werden, die den Barwert verringern, ohne den Nominalwert zu ändern", sagte er. Dies könne beispielsweise durch einen weitgehenden Verzicht auf Zinszahlungen bei Verlängerung der Laufzeiten geschehen. Ob das genüge, um den angestrebte Schuldenpfad zu erreichen, bleibe allerdings abzuwarten.

Mit Blick auf mögliche Belastungen für Deutschland fügte Carstensen hinzu: "Da sich der allergrößte Teil der griechischen Staatsschulden in öffentlicher Hand befindet, wird jede Schuldenerleichterung wohl ausschließlich die Steuerzahler der Partnerländer treffen."

Die IWF hatte zuvor in einem Bericht die Prognose abgegeben, dass Griechenland wohl mehr Geld und Schuldenerleichterungen von seinen europäischen Partnern benötigen werde, um die Ziele des Rettungsplans zu erreichen. Entscheidend sei, ob die Investoren überzeugt werden könnten, dass auf Basis des geltenden Sanierungskonzepts die Staatsschulden von derzeit gut 160 Prozent der Wirtschaftsleistung dauerhaft tragbar für das Land seien. Sollte es zu viele Fragezeichen geben, müssten die Euro-Länder mit weiteren Hilfen reagieren, um den Abbau schneller als geplant voranzubringen, teilte der IWF mit.

Opposition warnt Bundesregierung vor Wählertäuschung im Fall Griechenland

Nach der Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF), wonach Griechenland möglicherweise weitere Schuldenerleichterungen brauche, haben Politiker von SPD und Grünen die Bundesregierung davor gewarnt, die Wähler über die Lage des Mittelmeerlandes im Unklaren zu lassen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) müsse den Bürgern in Deutschland jetzt endlich die Wahrheit sagen, was nach der Wahl in Bezug auf Griechenland auf sie zukomme.

"Alles andere wäre eine massive Täuschung der Wähler", sagte der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick "Handelsblatt-Online". "Schäuble muss auch zugeben, dass die bisherige Rettungsstrategie nicht funktioniert hat, sondern die griechische Wirtschaft weit stärker als angenommen eingebrochen ist und deshalb die öffentlichen Schulden höher sind als geplant."

Der SPD-Chefhaushälter Carsten Schneider erhob schwere Vorwürfe gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Schäuble. Anstatt sich der Realität zu stellen, würden die beiden den Bundestag und die Öffentlichkeit in "falscher Sicherheit" wiegen. "Die Bundeskanzlerin und der Finanzminister belügen die Wählerinnen und Wähler über die absehbare Entwicklung in den Monaten nach der Bundestagswahl", sagte der SPD-Politiker "Handelsblatt-Online".

Merkel habe sich dafür ausgesprochen, Griechenland im Euro zu halten, daher müsse sie auch sagen, was ihr dieses Versprechen wert sei. "Die Realität zu leugnen hat bisher noch nie funktioniert, es wird auch dieser Regierung nicht gelingen."

Schick wies darauf hin, dass schon seit Längerem klar sei, dass Griechenland seine Schulden nicht vollständig werde zurückzahlen können und deshalb der deutsche Steuerzahler Verluste bei den Griechenland-Krediten tragen müsse. "Doch die Bundesregierung streut den Menschen Sand in die Augen und tut so, als könnte der Bundeshaushalt unbelastet bleiben", sagte der Grünen-Politiker. Das aber habe mit der Wahrheit nichts zu tun. Jetzt komme aus dem IWF endlich Klartext: Eine Schuldenerleichterung für Griechenland und dami t ein Verlust auch für Deutschland werde "entscheidender Teil des Programms" sein. Ohne zusätzliche Investitionen werde der geplante Sanierungspfad nicht erreichbar sein.

Der SPD-Chefhaushälter Schneider sprach von einer erneuten "bitteren Wahrheit", die der IWF ausgesprochen habe. "Diese Wahrheit ist das Ergebnis einer gescheiterten Politik, die maßgeblich von der Bundeskanzlerin vorangetrieben wurde. Anders als der IWF hat sie selbst nicht die Kraft und den Mut, sich zu diesem Scheitern zu bekennen", sagte Schneider.

Er gab zugleich zu bedenken, dass die Grundannahmen und Bedingungen des Griechenland-Hilfsprogramms schon längst weit hinter den ursprünglichen Planungen zurücklägen. "Bis heute verharrt das Land in der Rezession und es ist nicht absehbar, wie es auf einen Wachstumspfad zurückkehren kann", sagte er. Inzwischen spreche Schäuble zwar offen von einem dritten Griechenland-Programm. Allerdings werde ein neuer Kredit den Schuldenstand nur weiter erhöhen. "Schon heute hat Griechenland eine Schuldenlast, die für eine Volkswirtschaft dieser Größe nicht tragbar ist", betonte der SPD-Haushälter.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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