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ROG: Prozess gegen 20 Al-Jazeera-Journalisten in Ägypten stoppen

Archivmeldung vom 30.01.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.01.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Logo - Reporter ohne Grenzen e.V.
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Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die ägyptischen Behörden auf, den geplanten Prozess gegen 20 Journalisten des Fernsehsenders Al-Dschasira sofort zu stoppen. Die Staatsanwaltschaft hatte gestern angekündigt, 20 Al-Dschasira-Mitarbeitern wegen "Verbreitung falscher Informationen" den Prozess zu machen. Den 16 Ägyptern unter den Beschuldigten wirft sie vor, Mitglieder einer "terroristischen Organisation" zu sein.

"Seit dem Militärputsch im vergangenen Sommer betreibt die ägyptische Übergangsregierung eine systematische Kampagne zur Dämonisierung und Verfolgung von Journalisten, die Kritik am Militär und der politischen Führung wagen", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Dieses Vorgehen spricht allen Versprechen Hohn, die Menschenrechtssituation im Land zu verbessern. Alle in Ägypten inhaftierten Journalisten müssen sofort und bedingungslos freigelassen werden."

Neben Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation - eine Anspielung auf die verbotene Muslimbruderschaft des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi - wirft die Staatsanwaltschaft den 16 ägyptischen Beschuldigten vor, sie hätten die nationale Einheit und den sozialen Frieden untergraben. Die vier Ausländer - darunter zwei Briten, ein Australier und ein Niederländer - werden beschuldigt, die Aktivitäten ihrer Kollegen mit Geld, Ausrüstung und Informationen unterstützt zu haben. Außerdem hätten die 20 Beschuldigten Videobilder manipuliert, "um unwirkliche Szenen zu erzeugen und im Ausland den Eindruck zu erwecken, dass im Land ein Bürgerkrieg herrsche". Damit hätten sie der "terroristischen Organisation" helfen wollen, die Meinung der Weltöffentlichkeit zu beeinflussen. Allen dürften mehrjährige Haftstrafen drohen.

Die Staatsanwaltschaft nannte keine Namen der Beschuldigten, sondern gab nur bekannt, dass derzeit acht von ihnen in Gewahrsam der Behörden seien. Damit dürften unter anderem der australische Reporter Peter Greste (http://bit.ly/1b8KkRA), der Chef des Kairoer Al-Jazeera-Büros Mohammed Adel Fahmi sowie Baher Mohammed gemeint sein (http://bbc.in/1eBEzL0). Sie wurden am 29. Dezember in einem Hotel in Kairo festgenommen. Schon seit dem 14. August wird der Al-Jazeera-Journalist Abdallah Al-Schami festgehalten, seit dem 15. Juli sein Kollege Mohammed Badr vom Tochtersender Al-Jazeera Mubasher Misr. Al-Schami soll seit dem 21. Januar im Hungerstreik sein (http://on.fb.me/1ezA3eN). Fahmi wird angeblich in Einzelhaft festgehalten und erhält keine ärztliche Hilfe für eine Schulterverletzung, die er schon vor seiner Haft erlitten hatte (http://nyti.ms/Mk6IOF).

Systematisches Vorgehen gegen kritische Medien

Seit dem Sturz Mursis am 3. Juli 2013 gehen die ägyptischen Behörden systematisch gegen Journalisten und Medien vor, die direkter oder indirekter Verbindungen zur Muslimbruderschaft verdächtigt werden. Diese wurde am 23. September verboten; am 25. Dezember erklärten die Behörden sie zu einer terroristischen Organisation. Al-Jazeera ist mittlerweile praktisch der einzige arabische Fernsehsender von Bedeutung in Ägypten, der noch den Kurs der Armee und der von ihr eingesetzten Übergangsregierung infrage stellt und dem Sympathien für die vor dem Putsch regierende Muslimbruderschaft nachgesagt werden. Fast alle derzeit noch aktiven privaten Medien in Ägypten heißen das gewaltsame Vorgehen der Regierung gegen die Islamisten kritiklos gut.

Zeitgleich mit dem Putsch hatten die Behörden vier ägyptische Fernsehsender geschlossen (http://bit.ly/LsbGc1): das von der Partei der Muslimbrüder betriebene Misr 25 sowie Al-Hafiz, Al-Nas und Rahma, drei weitere Pro-Mursi-Sender. Zwei Tage darauf blockierte der ägyptische Satellitenbetreiber Nilesat drei ausländische arabische Sender, Al-Quds, den Hamas-nahen palästinensischen Sender Al-Aqsa und Al-Jarmuk, einen Sender der Muslimbruderschaft in Jordanien.

Am 20. August nahm die Polizei bei einer Razzia im Kairoer Büro der privaten türkischen Nachrichtenagentur Ihlas deren Bürochef Tahir Osman Hamde fest und behielten ihn zwei Wochen lang willkürlich im Gefängnis. Auch gegen andere türkische Medien gingen die Behörden in dem Maße vor, wie sich die Beziehungen zwischen beiden Ländern verschlechterten. Am 28. August erklärte das Informationsministerium den lokalen Al-Jazeera-Tochtersender Al-Jazeera Mushasher Misr für illegal. Am 3. September ordnete eine Verwaltungsgericht an, diesen und drei weitere Sender zu schließen: Al-Quds, Al-Jarmuk und Ahrar 25, ein Nachfolgeprojekt von Misr 25.

Am 10. September beschlagnahmte die Polizei bei einer Razzia im Kairoer Büro des staatlichen türkischen Senders TRT Produktionsausrüstung, Computer und Aufzeichnungen. Unter dem Druck der Behörden setzte der Sender seine Arbeit in Ägypten aus. Schon am 16. August war der TRT-Journalist Metin Turan (http://bit.ly/Ldxmry) verhaftet worden.

Am 12. November wurde der Leiter des als Muslimbrüder-freundlich geltenden Bürgerjournalismus-Portals Rassd festgenommen. Die Vorwürfe gegen ihn sowie sein Aufenthaltsort sind bis heute unbekannt. Am 28. November wurde Hani Salahaddin, leitender Redakteur des geschlossenen Senders Misr 25, am Kairoer Flughafen gestoppt, von wo er nach London fliegen wollte. Nachdem er einer Vorladung der Staatsanwaltschaft folgte, wurde er am 1. Dezember im Zuge von Ermittlungen wegen "Verbreitung lügnerischer Informationen" und "Anstachelung zur Gewalt" verhaftet.

In der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Ägypten auf Platz 158 von 179 Ländern. Aktuelle Meldungen zur Lage der Journalisten und Medien in Ägypten finden Sie unter http://en.rsf.org/egypt.html.

Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V. (ots)

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