Kritik an Stopp humanitärer Visa für Oppositionelle

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Die in Berlin lebende Gründerin der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, Irina Scherbakowa, hat die Entscheidung der Bundesregierung kritisiert, mit der Beendigung von Bundesaufnahmeprogrammen für Menschen etwa aus Afghanistan vorerst auch keine Visa mehr für Regimegegner aus Russland oder Weißrussland auszustellen.
"Das ist eine absolut unerklärliche Entscheidung", sagte sie dem
"Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Mittwochausgabe). "Sie ist gegen
politische Emigranten gerichtet."
Es seien lediglich "3.000
Menschen mit diesem Visum nach Deutschland gekommen, und es sind
Menschen, die selbst für ihren Aufenthalt aufkommen", so Scherbakowa.
Die Entscheidung nehme den Menschen "noch eine Möglichkeit für eine
Emigration".
Der Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation
Libereco, die sich für Schutzsuchende aus Weißrussland engagiert, Marco
Fieber, sagte den Zeitungen, dass der Stopp der Bundesaufnahmeprogramme
auch Menschenleben in Weißrussland gefährde. "Denn viele Menschen sitzen
dort monate- oder jahrelang in Haft - so wie der unlängst freigelassene
Oppositionelle Sergej Tichanowskij, der fast die Hälfte seines Gewichts
verloren hat", erklärte er. "Das ist nicht die Ausnahme, sondern die
Regel." Der Verfolgungsdruck in Weißrussland sei nach wie vor hoch. Wer
in Deutschland aufgenommen werde, könne dem entgehen.
Libereco
habe von Juli 2024 bis jetzt helfen können, 17 humanitäre Visa zu
beschaffen, erläuterte Fieber - letztmalig im März. "In zwei weiteren
Fällen geht seit April nichts voran." Das Auswärtige Amt sei zwar
unterstützend tätig. Doch das Bundesinnenministerium bremse.
Ein
Sprecher des Bundesinnenministeriums teilte dem RND mit, dass seit Mai
2022 genau 2.490 russische Staatsangehörige und seit März 2021 weitere
410 weißrussische Staatsangehörige nach Paragraf 22 des
Aufenthaltsgesetzes aufgenommen worden seien. Im Koalitionsvertrag
hätten Union und SPD aber vereinbart, freiwillige
Bundesaufnahmeprogramme zu beenden, und derzeit werde geprüft, wie dies
umgesetzt werden könne. Bis zu einer Entscheidung darüber seien alle
einschlägigen Verfahren "zur Wahrung politischer Interessen der
Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich ausgesetzt", so dass weder neue
Aufnahmen erklärt noch - außer in Eilt-Fällen - Visa erteilt würden, so
der Sprecher. "Dies betrifft auch Personen aus Russland und Belarus."
Allein in "besonders gelagerten Einzelfällen" seien Ausnahmen möglich.
Quelle: dts Nachrichtenagentur