Afghanistan-Aufnahmeprogramm fast zum Stillstand gekommen
Das Bundesaufnahmeprogramm für gefährdete Afghanen ist nahezu zum Erliegen gekommen. Der "Spiegel" berichtet: Knapp 2.600 Menschen mit einer vorläufigen Aufnahmezusage sitzen derzeit in Islamabad fest - viele seit Monaten oder Jahren. Seit Beginn des Programms im Oktober 2022 konnten nur 1.508 Afghanen nach Deutschland einreisen, obwohl bis zu 30.000 Plätze vorgesehen waren.
Verantwortliche in Ministerien, Anwälte sowie Vertreter von
Menschenrechtsorganisationen machen vor allem die Bundespolizei für den
Stillstand verantwortlich. Sie werfen ihr vor, das Verfahren gezielt
blockiert zu haben - durch überzogene Sicherheitsbedenken,
widersprüchliche Prüfverfahren und das Schaffen neuer Hürden. In
mehreren Fällen habe die Bundespolizei Pässe und Visa beanstandet,
obwohl andere Behörden sie zuvor geprüft und akzeptiert hätten, heißt
es. Auch nach der Einreise seien Afghanen zum Teil festgehalten worden -
etwa wegen sogenannter Proxy-Pässe, obwohl ihre Identität zuvor
mehrfach bestätigt worden sei. Die Bundespolizei weist die Kritik auf
Anfrage zurück und verweist auf Rechtsvorschriften.
Bundespolizeipräsident
Dieter Romann soll dem Bericht zufolge das gesamte Programm in einer
interministeriellen Videokonferenz scharf kritisiert und auf dessen
Aussetzung gedrängt haben. Die Bundespolizei bestreitet einen aktiven
Wortbeitrag, bestätigt aber Romanns Anwesenheit. Das
Bundesinnenministerium strich im Anschluss zeitweise das Geld für das
Programm - ohne offizielle Begründung.
Die Sicherheitsinterviews
durch deutsche Behördenvertreter in Islamabad wurden wegen der Kämpfe
zwischen Indien und Pakistan ausgesetzt. Obwohl inzwischen eine
Waffenruhe herrscht, sind die Einsatzkräfte offiziell weiterhin
"evakuiert" - und können so keine Befragungen durchführen.
Anwälte
und NGOs sprechen von willkürlichen Verfahren und intransparenten
Ablehnungen. In mehreren Fällen habe eine unklare oder missverständliche
Antwort eines Familienmitglieds im Sicherheitsinterview zum Ausschluss
ganzer Familien geführt. In Islamabad leben viele Betroffene inzwischen
ohne gültiges Visum und fürchten die angekündigte Abschiebung durch die
pakistanischen Behörden.
Quelle: dts Nachrichtenagentur