BGH-Urteil zur Kriegsdienstverweigerung: Ein Eingriff in Freiheitsrechte mit weitreichenden Konsequenzen
Mit Beschluss vom 16. Januar 2025 (Az. 4 ARs 11/24) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen nicht zwingend ein Auslieferungshindernis darstellt. Die Entscheidung betrifft die Auslieferung eines ukrainischen Staatsangehörigen, der sich in Deutschland auf sein im Grundgesetz garantiertes Recht auf Kriegsdienstverweigerung berufen hatte, um einer Einziehung zum Wehrdienst in der Ukraine zu entgehen.
Der BGH argumentiert, dass dieses individuelle Grundrecht eingeschränkt werden könne, wenn das ersuchende Land – wie im Fall der Ukraine – sich in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg befindet und das Recht auf Kriegsdienstverweigerung dort nicht vorgesehen ist. Dies stieß nicht nur auf verfassungsrechtliche Bedenken, sondern löste auch eine breite Debatte über den Stellenwert von Gewissensfreiheit, Menschenwürde und die Bindung des Staates an das Grundgesetz aus.
Einschnitt in die Gewissensfreiheit
Artikel 4 Absatz 3 des Grundgesetzes schützt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung vorbehaltlos. Kritiker sehen in der Entscheidung einen gefährlichen Präzedenzfall. „Die Gewissensfreiheit ist nicht situationsabhängig“, so eine Sprecherin der Humanistischen Union. „Wenn die Verweigerung aus Gewissensgründen in einem Verteidigungskrieg plötzlich keine Rolle mehr spielt, wird das Grundrecht zur Auslegungssache – das widerspricht seiner Ewigkeitsgarantie.“
Auch renommierte Verfassungsrechtler warnen vor einem Abrücken von den fundamentalen Freiheitsrechten. Das Urteil könne künftig zur Relativierung weiterer grundgesetzlich geschützter Positionen führen, insbesondere dann, wenn außen- oder sicherheitspolitische Erwägungen in juristische Abwägungen einfließen.
Rechtsstaat unter Druck?
Der BGH stellte zwar klar, dass er keine systemischen Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine erkennen könne. Doch die Bereitschaft, die individuelle Gewissensentscheidung einem allgemeinen Verteidigungsinteresse unterzuordnen, offenbart eine mögliche Verschiebung im rechtsstaatlichen Koordinatensystem: Weg von der unantastbaren Menschenwürde, hin zur politischen Zweckmäßigkeit.
Freiheitsrechte aufgehoben?
Das Urteil des Bundesgerichtshofs wirft grundlegende Fragen zur Stellung des Individuums im Rechtsstaat auf. Es markiert möglicherweise eine Zäsur im Umgang mit verfassungsrechtlich geschützten Freiheitsrechten – insbesondere in Zeiten geopolitischer Spannungen.
Quelle: Extremnews