Direkt zum Inhalt Direkt zur Navigation
Sie sind hier: Startseite Ratgeber Recht Gegenwind für Banken: Stärkerer Schutz für Bürgen und Mithaftende

Gegenwind für Banken: Stärkerer Schutz für Bürgen und Mithaftende

Archivmeldung vom 28.11.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.11.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Gegenwind für Banken: Stärkerer Schutz für Bürgen und Mithaftende
Gegenwind für Banken: Stärkerer Schutz für Bürgen und Mithaftende

In schwierigen Zeiten scheitern immer mehr Bau- und Immobilienfinanzierungen. Oft hat ein Ehepartner oder ein Familienmitglied für die Kredite gebürgt oder Kreditverträge mit unterschrieben, ohne Miteigentümer der Immobilie zu werden. Die Verwertung von Immobilien kann einige Zeit dauern, die Bank nimmt meist den Bürgen oder Mitdarlehensnehmer sofort in Anspruch - auf den gesamten Betrag.

Viele Bürgschaften waren schon nach der bisherigen Rechtsprechung unwirksam. Dieser Bürgenschutz ist nunmehr stark ausgeweitet worden:

Klare Worte findet der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe für „Kreditinstitute, die versuchen, die offensichtliche Willensschwäche eines finanziell überforderten Ehepartners oder nichtehelichen Lebensgefährten des Hauptschuldners zur Durchsetzung ihrer vermeintlichen Interessen zu nutzen“ (Urteil vom 16.06.2009 – XI ZR 539/07). Die in dieser Weise erlangten Bürgschaften oder Unterschriften auf dem Darlehens- bzw. Kreditvertrag als sog. Mithaftender sind nichtig, weil die Bank die emotionale Verbundenheit zwischen dem Mithaftenden und dem eigentlichen Kreditnehmer in „sittlich anstößiger Weise“ ausgenutzt hat.

Im entschiedenen Fall ging es um zwei Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Der eine Partner hatte für sich allein eine vermietete Eigentumswohnung gekauft und einen entsprechenden Kredit-/ Darlehensvertrag unterzeichnet und der finanzierenden Bank – wie üblich – eine Grundschuld zur Absicherung an der gekauften Immobilie bestellt. Das war der Bank aber nicht genug. Sie verlangte, dass der andere Partner den Kredit-/Darlehensvertrag mit unterschreiben sollte als zweiter „Darlehensnehmer“. Der BGH stellt nochmals klar: Die Bezeichnung im Vertrag entscheidet nicht darüber, wer Kreditnehmer und wer Bürge ist. sondern maßgeblich ist, was wirklich gemeint ist.

Kreditnehmer ist nur, wer ein eigenes Interesse an der Kreditaufnahme hat, sowie im Wesentlichen gleichberechtigt über die Auszahlung bzw. Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf. Übrigens: Das Interesse, mit in dem finanzierten Objekt zu wohnen, reicht nicht für ein eigenes unmittelbares Interesse, wie der BGH schon früher entschieden hat.

Wirtschaftlich überfordert ist nach der Rechtsprechung des BGH ein Bürge/Mithaftender, der aus seinem Einkommen nicht einmal die Zinsen des Kredites leisten könnte. Nicht geklärt war bisher, inwieweit andere Sicherheiten (insbesondere bei einer Immobilienfinanzierung die Grundschulden am finanzierten Objekt) zu berücksichtigen sind. Die Banken und viele Gerichte haben sich auf den Standpunkt gestellt, dass das Bürgenrisiko durch die gleichzeitig am finanzierten Objekt bestellte Grundschuld gemindert sei. Der BGH hat nun in der neuen Entscheidung klar gemacht, dass diese Annahme nur dann zutrifft, wenn den Bürgen/Mithaftenden wirklich nur das Risiko trifft den, Restbetrag zahlen zu müssen, der nach Verwertung der übrigen Sicherheiten verbleibt, ihn also nur eine sog. Ausfallhaftung trifft.

In den gängigen Bankformularen ist allerdings nicht eine derartige bloße Ausfallshaftung vorgesehen, sondern stets die direkte und unmittelbare Haftung der Bürgen/Mithaftenden. Die Bank nimmt regelmäßig den Bürgen/Mithaftenden sofort und unmittelbar für den gesamten offenen Kreditbetrag in Anspruch, verklagt ihn in dieser Höhe und vollstreckt in dieser Höhe. Die Verwertung der Immobilie hingegen dauert und der Mithaftende kann noch nicht einmal Einfluss darauf nehmen. Für den Mithaftenden realisiert sich damit das volle Risiko.

Banken und Gerichte haben in der Vergangenheit gemeint, in Fällen, in denen der Bürge/Mithaftende durch die Inanspruchnahme insolvent wurde, komme es auf die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft/Mithaft nicht mehr an, möge der Bürge/Haftende doch ein Restschuldbefreiungsverfahren anstrengen. Dem erteilt der BGH nun eine klare Absage: Es sei nicht Sinn des Restschuldbefreiungsverfahrens, sittenwidrige Geschäftspraktiken der Banken bei der Hereinnahme von Bürgschaften oder Mithaften zu kaschieren.

Rechtsanwältin Katrin Wedekind (Sozietät Wedekind, Lüneburg) begrüßt das Urteil des BGH: „Endlich stellt der BGH klar, dass es ausschließlich darauf ankommt, ob der Bürge oder Mithaftende im Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft bzw. der Mithaft in der Lage war, aus seinem pfändungsfreien Betrag die laufenden Zinsen des Kredites zu zahlen, der durch die Bürgschaft/Mithaft gesichert werden sollte." Übrigens: Wer den laut Gesetz pfändungsfreien Betrag schnell ermitteln will, findet dazu auf der Seite der Sozietät Wedekind, eine nützliche Berechnungshilfe ( www.RAWedekind.de/Pfandfrei-Rechner.html )

Fazit: Angesichts der durch das neue BGH-Urteil erfolgten Ausweitung des Schutzes für Bürgen und Mithaftende kann man nur empfehlen, jede Bürgschaft oder Mithaft durch einen auf diese Rechtsmaterie spezialisierten Anwalt rechtlich überprüfen zu lassen, bevor irgendwelche Zahlungen geleistet werden oder Erklärungen gegenüber der Bank abgegeben werden.

Quelle: Sozietät Wedekind Bankrecht Insolvenzrecht

 

Videos
Daniel Mantey Bild: Hertwelle432
"MANTEY halb 8" deckt auf - Wer steuert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Mantey halb 8 - Logo des Sendeformates
"MANTEY halb 8": Enthüllungen zu Medienverantwortung und Turcks Überraschungen bei und Energiewende-Renditen!
Termine
Newsletter
Wollen Sie unsere Nachrichten täglich kompakt und kostenlos per Mail? Dann tragen Sie sich hier ein:
Schreiben Sie bitte heizer in folgendes Feld um den Spam-Filter zu umgehen

Anzeige