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Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaft ist verfassungsgemäß

Archivmeldung vom 12.01.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.01.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Nach dem Bundesjagdgesetz bilden zusammenhängende Grundflächen mit einer land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbaren Fläche von 75 ha an, die im Eigentum ein und derselben Person stehen, einen Eigenjagdbezirk. Alle Grundflächen einer Gemeinde, die nicht zu einem Eigenjagdbezirk gehören, bilden einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk, wenn sie im Zusammenhang mindestens 150 ha umfassen.

Die Eigentümer der Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, bilden kraft Gesetzes eine Jagdgenossenschaft. Ihr steht im gemeinschaftlichen Jagdbezirk das Jagdausübungsrecht zu. Die Jagdgenossenschaft nutzt die Jagd in der Regel durch Verpachtung.

Der Beschwerdeführer, der die Jagd auf Tiere aus Gewissensgründen ablehnt, ist Eigentümer eines Grundstücks, das zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehört. Er hält die Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft für verfassungswidrig. Seinem Antrag auf Entlassung aus der Jagdgenossenschaft wurde nicht entsprochen; die hiergegen erhobene Klage blieb vor den Verwaltungsgerichten ohne Erfolg. Seine Verfassungsbeschwerde wurde von der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

1. Das Eigentumsgrundrecht ist nicht verletzt. Die Regelungen des Bundesjagdgesetzes über die gemeinschaftlichen Jagdbezirke und das Jagdausübungsrecht durch die Jagdgenossenschaften stellen eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar. Sie verfolgen legitime Ziele, sind erforderlich und beeinträchtigen die Eigentümerinteressen nicht unverhältnismäßig.

Die gesetzgeberischen Ziele erschöpfen sich nicht in der Ermöglichung der Jagdausübung und der Vermeidung von Wildschäden, sondern umfassen auch Gesichtspunkte des Naturschutzes, der Landschaftspflege und des Tierschutzes. Der Gesetzgeber hat mit dem Jagdrecht ausdrücklich die Pflicht zur Hege verbunden. Die Hege hat die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes, sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel. Ein dem Gedanken der Hege verpflichtetes Jagdrecht dient auch dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20 a GG).

Der Gesetzgeber durfte annehmen, dass die Zwecke des Jagdrechts einschließlich der Hege am besten in grundstücksübergreifender Weise verwirklicht werden können. Würde man einzelnen oder allen Eigentümern das Jagdrecht zur freien Ausübung belassen, bedürfte es - um die genannten Jagd- und Hegeziele zu erreichen - eines voraussichtlich erheblich höheren Regelungs- und Überwachungsaufwands durch den Staat, als dies gegenwärtig gegenüber den auch selbstverwaltend tätigen Jagdgenossenschaften der Fall ist. Demgegenüber stellen sich die Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse des Beschwerdeführers nicht als besonders gravierend dar. Zudem sieht das Gesetz in den Mitwirkungsrechten des Beschwerdeführers in der Jagdgenossenschaft und in seinem nicht abdingbaren Teilhaberecht am Pachterlös einen angemessenen Ausgleich für die Beschränkung des Eigentums vor.

2. Der Beschwerdeführer ist nicht in seiner Gewissensfreiheit verletzt. Der Gewissensfreiheit des Beschwerdeführers stehen kollidierende Verfassungsgüter gegenüber. Es handelt sich dabei um die gleichen, auf verfassungsrechtliche Wertentscheidungen rückführbaren Ziele des Jagdrechts, die auch die jagdrechtliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundeigentums rechtfertigen. Müssten das Grundstück des Beschwerdeführers und die Grundstücke weiterer Eigentümer, die die Jagd ebenfalls ablehnen, aus der Jagdgenossenschaft ausscheiden, wäre die vom Gesetzgeber bezweckte Eigentums- und Hegeordnung in Gefahr. Demgegenüber wiegt die Beeinträchtigung des Beschwerdeführers dadurch, dass er die Ausübung der Jagd auf seinen Grundstücken hinnehmen muss, geringer, auch wenn sie ihn subjektiv nicht unerheblich belasten mag. Der Beschwerdeführer wird nicht gezwungen, die Jagd auszuüben oder diese tätig zu unterstützen.

3. Die Gerichte haben in den angegriffenen Entscheidungen die Europäische Menschenrechtskonvention und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausreichend berücksichtigt. Insbesondere haben sie das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 29. April 1999 zum französischen Jagdrecht in den Blick genommen und hierbei die Unterschiede der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse nach deutschem Jagdrecht gegenüber den seinerzeit maßgeblichen nach französischem Recht herausgearbeitet.

Quelle: Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht

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