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Der schöne Schein: Urteile deutscher Gerichte zum Thema Hausfassade

Archivmeldung vom 30.10.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.10.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS) Fotograf: Bundesgeschäftsstelle LBS
Bild: Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS) Fotograf: Bundesgeschäftsstelle LBS

Selbst wenn man ein Gebäude niemals betreten hat, eines kann doch jedermann auch von außen einigermaßen beurteilen: die Fassade. Sie ist das Aushängeschild von Wohnanlagen, Privat- und Geschäftshäusern. Immer wieder gibt es Streit um diesen "schönen Schein". Zum Beispiel dann, wenn Mieter oder Eigentümer das Erscheinungsbild der Fassade durch eigene Maßnahmen optisch verändern oder wenn die Bausubstanz angegriffen ist.

Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine Extraausgabe Urteile deutscher Gerichte zu diesem Thema gesammelt. Nicht immer sind sich Vermieter und Mieter grün. Es ist durchaus das Recht jeder Partei, seine Meinung kundzutun. Wenn jedoch Mieter Fassade und Hausflur mit vermieterfeindlichen Parolen beschmieren, dann sind die Grenzen des Erlaubten weit überschritten und es kann nach Überzeugung des Amtsgerichts Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 2 C 42/19) eine fristlose Kündigung erfolgen. Konkret hatte ein Mieter mit einem dicken schwarzen Stift seine Anmerkungen an die Wände geschrieben und war von einem Sicherheitsdienst dabei erwischt worden.

Ein heikler Punkt der Fassadengestaltung sind die Fenster. In der Regel können hier keine eigenmächtigen Veränderungen vorgenommen werden. Ein Eigentümer fragte bei der Gemeinschaft an, ob er ein französisches Fenster (sieht ähnlich aus wie eine Balkontüre ohne Balkon) einbauen dürfe. Das wurde ihm verwehrt. Doch die Gerichte (Letztentscheidung durch den Bundesgerichtshof, Aktenzeichen V ZR 291/17) sahen das nicht so. Diese bauliche Veränderung füge sich in die Fassadenansicht ein, den Miteigentümern entstehe dadurch kein übermäßiger Nachteil.

Wir leben in Zeiten der Wärmedämmung. Durch diese Maßnahme soll verhindert werden, dass zu viel Heizenergie nach außen tritt und es damit zur Verschwendung kostbarer Ressourcen kommt. Doch nachträgliche Wärmedämmung kann eine Fassade auch "dicker" machen und das muss sich der Nachbar nicht unbedingt gefallen lassen. In einem Fall hatte die Maßnahme zum Überbau eines Nachbargrundstücks geführt. Das Bayerische Oberste Landesgericht (Aktenzeichen 1 ZRR 4/19) vertrat die Meinung, der Eigentümer hätte dies vermeiden und auch zu alternativen Maßnahmen wie einer Innendämmung greifen können.

Wenn ein Eigentümer Arbeiten an der Fassade seines Gebäudes vornehmen lässt, dann muss er seinen Mietern ein zuvor vorhandenes Außenrollo erhalten und darf nicht einfach darauf verzichten. Mit dieser Forderung setzte sich ein Mieter vor dem Amtsgericht München (Aktenzeichen 473 C 22571/18) durch. Er bewohnte eine Wohnung im Erdgeschoss und wollte auch nach dem Anbau eines Balkons auf sein Rollo nicht verzichten. Das Gericht gab ihm Recht.

Markisen können den Gesamteindruck eines Gebäudes massiv verändern. Deswegen ist deren Einbau ohne Zustimmung der anderen Eigentümer höchst riskant. Das Amtsgericht München (Aktenzeichen 481 C 16896/17) verurteilte einen Eigentümer dazu, eine an der Fassade angebrachte Gaststättenmarkise wieder zu entfernen. Es war im Vorfeld keine Zustimmung der Eigentümergemeinschaft eingeholt worden.

In Großstädten stellen die Graffiti an Hausfassaden ein ständiges Problem dar. Kaum sind die Schmierereien entfernt, kommt schon der nächste Sprayer, der die Wände verunstaltet. Die Mieter einer Wohnanlage müssen es nach Ansicht des Amtsgerichts Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 6 C 54/16) hinnehmen, dass die Kosten für die regelmäßige Graffitireinigung auf sie umgelegt werden. Das gilt zumindest dann, wenn die Fassade lediglich gereinigt und nicht zugleich ihre Substanz erneuert wird.

Zu den größten Schrecken von Hausbesitzern gehört es, wenn sich Risse in der Fassade zeigen, denn sie deuten auf größere, manchmal irreparable Schäden hin. Finden zeitnah mit dem Auftreten von solchen Rissen in der Nähe Bauarbeiten statt, kann in einem Gerichtsverfahren der erste Anschein auf eine Verursachung der Risse durch diese hinweisen. Ist aber ein Gebäude sehr alt, liegt es in einem Bergwerksgebiet und finden in der Nähe noch weitere Abrissarbeiten statt, darf nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Aktenzeichen I-5 U 46/16) nicht auf solch eine Beweisführung dem ersten Anschein nach vertraut werden. Denn dort können mehrere äußere Faktoren zu den Schäden geführt haben.

Fassadendämmungen und deren Vorarbeiten gehen nicht immer unbedingt leise von statten. Ein Wohnungsmieter, der nachts arbeiten musste, fühlte sich durch diese Maßnahmen erheblich gestört. Das Amtsgericht Bremen (Aktenzeichen 6 C 186/16) kam ihm entgegen und verurteilte den Vermieter dazu, nach 13 Uhr auf lärmintensive Modernisierungsarbeiten zu verzichten, damit der Mieter vor Arbeitsantritt noch Schlaf finden konnte.

Schön sieht es nicht aus, wenn eine Fassade kleinere Putzschäden, Graffiti und sonstige Abnutzungen aufweist. Doch das ist noch lange kein Grund, ein Mieterhöhungsverlangen des Eigentümers zurückzuweisen. Denn solche Erscheinungen gehören laut Urteil des Amtsgerichts Berlin-Mitte (Aktenzeichen 21 C 43/14) zu Dingen mit denen man in einem großstädtischen Wohngebiet rechnen muss. Die Qualität des Wohngebäudes selbst wird dadurch nicht gemindert.

So schön der Efeu als Fassadenschmuck sein kann, so sehr handelt man sich damit auch ungewollte Störungen ein. Wenn Vögel im Efeu nisten, kommt es für die Hausbewohner zu Lärmbelästigungen und zu Verschmutzungen. Ergeben sich daraus keine schwerwiegenden Störungen, dann hält das Amtsgericht Berlin-Köpenick (Aktenzeichen 12 C 384/12) deswegen eine Mietminderung nicht für gerechtfertigt.

Quelle: Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS) (ots)

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