Kinderarztmangel erreicht Großstädte
Die kinderärztliche Versorgung ist in vielen Regionen angespannt und betrifft längst nicht mehr nur ländliche Gebiete. Das zeigt eine neue Analyse des Vergleichsportals Verivox, über die die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichten. Demnach kommen in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern im Schnitt 1.270 Kinder und Jugendliche auf einen niedergelassenen Kinderarzt.
Mit 2.752 liegt der Wert in Recklinghausen 117 Prozent über dem
Durchschnitt und damit so hoch wie in keiner anderen deutschen
Großstadt. Auch andere Städte im Ruhrgebiet schneiden schlecht ab: In
Hamm liegt das Verhältnis der Analyse zufolge bei 2.312, in Oberhausen
bei 2.114 und in Gelsenkirchen bei 2.111 Kindern pro Arzt.
Am
besten versorgt sind Kinder und Jugendliche in Würzburg: Hier kommt ein
Arzt auf nur 732 unter 16-Jährige, 42 Prozent weniger als im
bundesweiten Großstadt-Durchschnitt, so Verivox. Auch in Kaiserslautern
(738), Halle an der Saale (759), Rostock (761) und Erlangen (795) ist
die Versorgung überdurchschnittlich gut.
Unter den vier
Millionenstädten schneidet Köln am besten ab (1.155 Kinder pro Arzt),
gefolgt von München (1.178) und Hamburg (1.221). Schlusslicht ist Berlin
mit 1.363 Kindern je Kinderarzt.
Für die Berechnung hat Verivox
die Zahl der in Großstädten niedergelassenen Kinderärzte über die Arzt-
und Psychotherapeutensuche beim Patientenservice "116117", dem Portal
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, ermittelt. Die
Bevölkerungszahlen der unter 16-Jährigen stammen aus dem Zensus 2022.
"Normalerweise
sieht die Bedarfsplanung vor, dass pro 1.000 bis 1.500 einwohnende
Kinder und Jugendliche ein niedergelassener Kinderarzt oder eine
Kinderärztin tätig sein sollte", sagte Tanja Brunnert, Sprecherin des
Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), den Funke-Zeitungen.
Doch diese Planung sei veraltet. "Leider stammt die Bedarfsplanung aus
den frühen 1970er Jahren und seitdem hat sich in den Praxen doch einiges
verändert: mehr Vorsorgeuntersuchung und Impfungen pro Kind, andere
Erkrankungen, viel mehr ambulante Behandlungen als damals und weniger
stationäre Abklärungen."
Wenn in einzelnen Städten zusätzlich aus
Altersgründen freiwerdende Sitze nicht besetzt werden könnten, müssten
die anderen Praxen deren Patienten mitbetreuen. "Dies führt zu
unzumutbar hohen Versorgungszahlen", so Brunnert. Der BVKJ fordert
deshalb eine bessere Ausstattung der bestehenden Praxen, etwa durch eine
Ausweitung der Weiterbildungsförderung analog zur Allgemeinmedizin.
Zudem brauche es bessere Rahmenbedingungen für moderne
Versorgungsmodelle.
Quelle: dts Nachrichtenagentur