Bosch will Aufgabe des Verbrennerverbots
Der Chef des Stuttgarter Autozulieferers Bosch, Stefan Hartung, fordert eine Abkehr vom Verbrennerausstieg in Europa. "In vielen europäischen Ländern ist weder die Ladeinfrastruktur noch die Nachfrage annähernd bereit für 100 Prozent E-Mobilität", sagte Hartung dem "Spiegel". Das Aus könne dazu führen, "dass Verbraucher in den Jahren vor 2035 verstärkt Verbrenner kaufen". Das schade dem Klima, gleichzeitig verkleinere man den Automarkt.
Auch eine reine Verschiebung des Enddatums lehnt Hartung ab. Er halte es
nicht für sinnvoll, "einen fixen Prozentsatz oder einen Stichtag für
ein Verbot zu setzen", sagte der Bosch-Chef. Man könne den CO2-Abdruck
auch ohne eine solche Festlegung bis 2045 beziehungsweise 2050 auf null
senken, behauptete er. Bis dahin sollte die Politik seiner Ansicht nach
nicht nur berücksichtigen, welchen Antrieb ein Auto hat. Wichtig sei
auch die Frage, "aus welchen Quellen der Strom kommt, mit dem geladen
wird, und der Kraftstoff, mit dem ein Verbrenner betankt wird". Das
müsse man jetzt klären. "In fünf Jahren ist es zu spät."
Die EU
will bis 2050 klimaneutral sein, nach einem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts hat Deutschland sein Ziel für Klimaneutralität
auf 2045 vorgezogen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
hatte 2024 klargestellt, dass letztlich die Einhaltung eines fair
zugeteilten CO2-Budgets, mit dem die 1,5-Grad-Grenze eingehalten werden
kann, entscheidend ist. Ein hoher CO2-Ausstoß kann daher rechtlich einen
früheren Ausstieg nötig machen - und umgekehrt.
Vor allem
Zulieferbetriebe sieht der Bosch-Chef gefährdet, auch durch die
wachsende Konkurrenz aus China. "Es wird nach 2035 weiterhin eine
erhebliche Zahl an Verbrennern gebaut werden, allerdings mit der
jetzigen Regulierung nicht für und auch nicht in Europa", sagte Hartung.
Nach
den sogenannten "Flottengrenzwerten" dürfen alle in der EU zugelassenen
Neuwagen eines Herstellers aktuell durchschnittlich 93,6 Gramm CO2 pro
Kilometer ausstoßen. Der zulässige CO2-Ausstoß wird bis 2035
schrittweise auf null Gramm pro Kilometer abgesenkt und der Verkauf
neuer Verbrenner somit verhindert. Diese Flottengrenzwerte sind Teil des
"Fit-for-55"-Pakets, mit dem die EU auf einen Pfad umsteuerte, mit dem
der Klimawandel auf etwas über zwei Grad Celsius begrenzt werden könnte.
Der Internationale Gerichtshof hatte zuletzt klargestellt, dass Staaten
bei einer Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze zu Schadensersatz verklagt
werden können.
Quelle: dts Nachrichtenagentur