IWH sieht langfristigen Angleichungstrend der Löhne in Deutschland
Die Löhne in Ostdeutschland sind in den vergangenen knapp 20 Jahren deutlich stärker gewachsen als in Westdeutschland. Das ergab eine Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), die am Montag veröffentlicht wurde. Das Institut entgegnet damit anderslautenden Darstellungen vom Wochenende: Diese basierten auf einem kurzfristigen Sondereffekt.
Seit 2007 sind die Löhne in Ostdeutschland um rund 79 Prozent gestiegen,
in Westdeutschland dagegen um 61 Prozent. Das verdeutlicht laut IWH,
dass die Löhne im Osten in den vergangenen Jahrzehnten deutlich stärker
gewachsen sind als im Westen. Auch die verfügbaren Einkommen der
privaten Haushalte haben sich klar angenähert. Anfang der 1990er-Jahre
lag das Ostniveau pro Einwohner bei rund 60 Prozent des Westens, heute
sind es fast 90 Prozent.
"Der leichte Rückgang des Aufholtempos
bei den Einkommen in den letzten drei Jahren ist Folge eines
Sondereffekts", sagte IWH-Arbeitsmarktforscher Steffen Müller. Während
der Pandemie sanken die verfügbaren Einkommen im Westen kurzfristig, im
Osten stiegen sie weiter. Mit der anschließenden Erholung im Westen habe
sich der Abstand rechnerisch etwas verschoben, doch im Vergleich zu den
Jahren vor Corona habe der Osten weiter aufgeholt.
Die
verbleibenden Einkommensunterschiede lassen sich laut IWH vor allem
durch die im Durchschnitt geringere Produktivität ostdeutscher
Unternehmen und den historischen Vermögensvorsprung westdeutscher
Haushalte erklären. Dieser Produktivitätsrückstand schließt sich
ebenfalls und bedeutet nicht, dass ostdeutsche Beschäftigte weniger
leistungsfähig wären. Vielmehr ist es so, dass es in Westdeutschland
viel mehr Zentralen von sehr großen Unternehmen gibt, die deutlich mehr
in Forschung und Entwicklung investieren können.
"Dass die
Einkommenslücke kleiner ist als die Lohnlücke, zeigt zugleich die
ausgleichende Wirkung des Sozialstaats, der erheblich zur Angleichung
beigetragen hat", sagte IWH-Ökonom Müller. Müller zieht ein eindeutiges
Fazit: "Der Abstand zwischen Ost und West wächst nicht - er hat sich im
Gegenteil erheblich verringert. Der langfristige Trend geht klar in
Richtung weiterer Annäherung, auch wenn kurzfristige Schwankungen ein
anderes Bild vermitteln können."
Quelle: dts Nachrichtenagentur