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Wie Grashüpfer-Männchen ihre Balzgesänge tunen

Archivmeldung vom 12.12.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.12.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Evolutionsbiologen der Universität Bielefeld untersuchen, wie Insekten auf Umweltlärm reagieren.
Quelle: Foto: Ulrike Lampe (idw)
Evolutionsbiologen der Universität Bielefeld untersuchen, wie Insekten auf Umweltlärm reagieren. Quelle: Foto: Ulrike Lampe (idw)

Heuschrecken-Männchen, die Verkehrslärm ausgesetzt sind, singen in höheren Frequenzen als Artgenossen in ruhigen Gebieten. Das zeigten Bielefelder Forscher vor einem Jahr in einer Studie. Jetzt fand das Team heraus: Die Fähigkeit hochfrequent zu zirpen hängt nicht allein vom Erbgut ab, sondern bildet sich auch abhängig vom Lärmpegel im Lebensraum der heranwachsenden Tiere aus. Die neue Studie wurde jetzt im Fachmagazin Functional Ecology publiziert.

Die Studie vor einem Jahr gab keinen endgültigen Aufschluss über die biologischen Mechanismen, mittels derer die Tiere die beobachtete Frequenzverschiebung bewerkstelligen. „Erst durch die genaue Kenntnis der zu Grunde liegenden Mechanismen können wir ein umfassendes Verständnis dafür entwickeln, wie Tiere auf Umweltlärm reagieren“, sagt Dr. Tim Schmoll. Er untersucht die Reaktion natürlicher Populationen auf menschlich verursachten Umweltwandel und war an der Studie beteiligt. „Als Mechanismen kommen dabei sowohl eine genetische Anpassung an die sich verändernden Umweltbedingungen als auch phänotypische Plastizität in Frage“, so Schmoll weiter. Phänotypische Plastizität beschreibt das Phänomen, dass selbst Individuen mit gleicher genetischer Ausstattung je nach Umweltbedingungen Gesänge in unterschiedlicher Tonhöhe produzieren können.

Um dem Mechanismus auf die Spur zu kommen, fingen die Bielefelder Forscher Larven des Nachtigall-Grashüpfers (Chorthippus biguttulus) auf verschiedenen Probeflächen ein und verfrachteten die Tiere ins Labor. Die Hälfte der eingefangenen Tiere stammte dabei von mehr als einem halben Dutzend autobahnnahen – und damit stark verlärmten – Probeflächen, die andere Hälfte von autobahnfernen, lärmarmen Probeflächen. Jeweils der Hälfte der Tiere von beiden Standorttypen wurde dann Verkehrslärm vom Band vorgespielt, die andere dagegen lärmarm aufgezogen. Als erwachsene Tiere wurden die Männchen dann unter standardisierten, lärmarmen Bedingungen zum Singen gebracht, um die folgenden Fragen zu beantworten: Wie wirken sich unterschiedliche Herkunft und unterschiedliche Aufzucht auf die Tonhöhe der Gesänge aus?

„Die Männchen, die im Labor unter Autobahnlärm aufgewachsen sind, produzierten Gesänge mit höheren Frequenzen und zwar unabhängig von ihrer Herkunft“, erläutert Ulrike Lampe, ebenfalls eine Autorin der Studie. Dies lasse darauf schließen, dass phänotypische Plastizität während der Larvalentwicklung den Grashüpfer-Männchen erlaube, auf die veränderten akustischen Bedingungen in autobahnnahen Lebensräumen zu reagieren. Zum ersten Mal überhaupt konnte dieser Mechanismus nun in der vorliegenden Studie als bedeutsam nachgewiesen werden. „Das wurde bisher kaum beachtet“, berichtet Lampe. „Wir denken daher, dass unsere Ergebnisse auch für Forschung an anderen betroffenen Tiergruppen wie Vögeln oder Fröschen wichtig sein könnten.“

Darüber hinaus schlugen aber auch Männchen von autobahnnahen Standorten höhere Töne an, unabhängig von ihren Aufzuchtbedingungen und obwohl sie mehr als die Hälfte ihrer Larvalentwicklung sowie ihr gesamtes Erwachsenenleben im Labor verbracht hatten. Dazu Abteilungsleiter Professor Dr. Klaus Reinhold: „Vielleicht ist der lange nachwirkende Herkunftseffekt die Reaktion auf die vor dem Fang – also im frühen Larvenstadium – erfahrene Lärmumwelt, die wir mit dem Experiment nicht manipulieren konnten. Noch interessanter wäre es, wenn wir es mit sogenannten transgenerationalen Effekten zu tun hätten. Dabei stellen Eltern ihren Nachwuchs bereits durch Inhaltsstoffe im Ei oder eine Modifizierung der Erbsubstanz auf die zu erwartenden Umweltbedingungen ein.“ Denkbar sei natürlich auch, dass der Herkunftseffekt als Ergebnis evolutiver Anpassungsprozesse bereits eine genetische Differenzierung widerspiegelt. Um den Herkunftseffekt und damit weitere möglicherweise beteiligte Mechanismen besser zu verstehen, wären zusätzliche Experimente nötig, in denen bereits die Elterngeneration experimentell veränderten Lärmumwelten ausgesetzt ist.

Quelle: Universität Bielefeld (idw)

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