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Wer hat die Archive der Auslandsaufklärung des MfS der DDR bekommen ?

Archivmeldung vom 28.05.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.05.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
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Foto von Pixabay von Pexels

Unter dem Titel „Geisterjagd“ erschien im Moskauer Verlag „Zentropoligraf“ der Thriller von Oleg Nikiforov, verantwortlicher Redakteur der „Nesawisimaya Gazeta“, über Versuche von drei Geheimdiensten – des CIA, des KGB und des BND –, Zugang zu den Archiven der Hauptverwaltung A(ufklärung), der Auslandsaufklärung des MfS der DDR zu bekommen. Dies schreibt das russische online Magazin „SNA News“ .

Im Mittelpunkt seiner Rekonstruktion historischer Ereignisse vor dem Hintergrund des Falls der Berliner Mauer, des Wirkens der letzten DDR-Regierung und der Vereinigung Deutschlands steht, wie der Buchautor gegenüber SNA sagte, die Realisierung des CIA-Plans, der die Code-Bezeichnung „Rosenholz“ trug. „Dieser Plan ist nach wie vor eine geheime Verschlusssache der Vereinigten Staaten. Und dies lässt einen denken, dass seine Akteure nach wie vor existieren und ihre geheimdienstliche Tätigkeit fortsetzen.“

Die Hauptidee des Plans „Rosenholz“ war das Aufspüren eines „Maulwurfs“ in der CIA-Führung, durch dessen Verschulden die USA eine Reihe von Agenten in wissenschaftlichen, diplomatischen und geheimdienstlichen Strukturen der UdSSR verloren hatten. Als solch ein „Maulwurf“ wurde Aldrich Hazen „Rick“ Ames enttarnt, ein Mitarbeiter der CIA-Abteilung Gegenspionage UdSSR, der 31 Jahre lang in dem Nachrichtendienst gearbeitet hatte, gleichzeitig aber auch Agent des sowjetischen KGB und russischer Geheimdienste war und mit ihnen etwa neun Jahre zusammengearbeitet hatte.

1994 wurde er der Spionage für schuldig befunden und zu einer lebenslänglichen Haftstrafe ohne Recht auf Begnadigung verurteilt. Derzeit verbüßt er die Strafe in Terre Haute, im US-Bundesstaat Indiana. „Alle im Buch handelnden Personen haben real existiert, obgleich viele von ihnen bereits das Zeitliche gesegnet haben“, so Oleg Nikiforov.

Als Korrespondent der sowjetischen Gewerkschaftszeitung „Trud“ (Arbeit) in Ostberlin beobachtete er den Zusammenbruch des Honecker-Regimes und die Auflösung des Geheimdienstes der DDR, analysierte Aussagen von Teilnehmern jener Ereignisse aus dem sowjetischen Außenministerium und der Internationalen Abteilung des ZK der KPdSU sowie recherchierte sowjetische, deutsche und US-amerikanische Informationsquellen. Das CIA-Interesse für die Kartothek des Agentennetzes in Berlin-Lichtenberg, dem HVA-Dienstsitz, erklärt Nikiforov mit der Effektivität der DDR-Aufklärungsdienste – vor allem in der damaligen BRD und in Europa, wo sie praktisch an allen entscheidenden Schaltstellen der Nato zuverlässige Informationsquellen gehabt hatten.

Wo sind getarnte Agenten der Auslandsaufklärung des MfS der DDR?

Schließlich seien Offizielle des vereinigten Deutschlands nach wie vor der Auffassung, dass eine Reihe von tief abgetauchten und getarnten Agenten der ostdeutschen Geheimdienste ihre Tätigkeit für neue Auftraggeber fortsetzen würden, behauptet der Buchautor. „Unter denen möglicherweise nicht nur die Nachfolgeorganisationen der GRU (Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije — Hauptverwaltung für Aufklärung, das leitende Zentralorgan des Militärnachrichtendienstes des russischen Militärs) und des KGB, sondern auch die CIA sind.“

Für solch eine Annahme spricht die im Buch wiedergegebene Geschichte von Klaus Kuron, einem hochrangigen Mitarbeiter der westdeutschen Gegenaufklärung, der weiter für das MfS der DDR gearbeitet und Geld für die übermittelten Informationen auch nach der offiziellen Liquidierung dieses Geheimdienstes erhalten hatte. Nicht zufällig bezeichnete der ehemalige Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz der Bundesrepublik Deutschland Gerhard Boeden, dessen Tätigkeit als „die größte Spionage-Affäre aller Zeiten“.

Nikiforov beschreibt, wie Ames im April 1985 durch einen der Leiter der KGB-Vertretung in Washington, Viktor Tscherkaschin, angeworben worden war und zur Enttarnung von mindestens 25 Agenten der amerikanischen Geheimdienste unter Bürgern der UdSSR und Russlands beigetragen hatte. Mehr als zehn von ihnen wurden durch Erschießen hingerichtet (im Zusammenhang damit erhielt Ames in den USA das Label eines „Serienmörders“). Ames wurde am 21. Februar 1994 durch FBI-Mitarbeiter festgenommen. Die Gründe für sein „Auffliegen“ sind nach wie vor nicht klar, während einige Experten die Auffassung vertreten, dass sein aufwendiger Lebensstil dank der Moskauer „Vergütungen“ ihm zum Verhängnis geworden sei und zu seiner Entlarvung geführt habe.

Einer der Wege bei der Suche nach dem „Maulwurf“ könnte laut Nikiforov der Zugang zur Kartothek der Auslandsaufklärung des MfS gewesen sein. „In Langley, Virginia (ein Vorort nordwestlich von Washington, D. C.), CIA-Hauptsitz, wusste man von der engen Zusammenarbeit der Auslandsaufklärungsdienste des KGB und des MfS der DDR und hatte gehofft, durch eine Analyse des Informationsaustausches beider Aufklärungsdienste Angaben auch zu dem ,Maulwurf‘ zu bekommen.“

Schicksal von Archiven der Hauptverwaltung A

Der Titel des Buches kommt von den Worten des ehemaligen Leiters des DDR-Auslandsnachrichtendienstes Markus Wolf, dass die Welt der Aufklärung moralisch gesehen das Reich der Schatten immer sei. Nikiforov weiter: „Man glaubt, ein Teil der Archive sei trotzdem in die Hände der CIA gelangt. Bekanntlich war der KGB während der von Gorbatschow initiierten Perestroika im Zerfall begriffen. Dennoch lag dem Geheimdienst viel daran, sämtliche Daten zu gemeinsamen Einsätzen u. ä. vor der CIA zu schützen. Die Vertretung des KGB in Berlin hat dafür gesorgt, dass sie ungestört nach Moskau gebracht wurden.

Der „Spiegel“ habe allerdings angenommen, so der Journalist, dass ein Teil der Archive schon von Moskau aus in den Besitz der Amerikaner gekommen sei. „Dies wird mit dem damaligen KGB-Chef Wadim Bakatin in Zusammenhang gebracht. Gegen Ende des Buches schreibe ich von seinen Zielen, die er mit Gorbatschow vereinbart hatte. Unterdessen hatten die einschlägigen Anweisungen des Präsidenten der UdSSR wie gewöhnlich einen allgemeinen Charakter. Sie konnten unterschiedlich ausgelegt werden. Darüber hinaus glaubte Bakatin, er sei zum KGB-Chef ernannt worden, um dies Ressort zu Grunde zu richten. Das tat er auch. Endgültig ruiniert hat er es jedoch nicht, aber wesentlich geschädigt.“

Der CIA-Plan „Rosenholz“

Der Plan der CIA „Rosenholz“ habe aber einen vielseitigen Charakter gehabt, merkt Nikiforov an, „und die Handlungen der US-amerikanischen Aufklärung in der DDR und BRD waren nur einer seiner Aspekte. In dessen Rahmen erfolgte in der DDR eine Bearbeitung des ehemaligen Leiters des DDR-Auslandsnachrichtendienstes Markus Wolf durch die CIA, der von der Politik Honeckers enttäuscht war und sich mit Stasi-Minister Erich Mielke überwarf, um ihn anzuwerben.“

Im Buch werden Details dieses Versuches dargestellt. Dem Buch liegen Erinnerungen von Aufklärer-Kundschaftern aus der UdSSR, aus Ost- und Westdeutschland sowie den USA, Veröffentlichungen in deutschen und amerikanischen Medien sowie persönliche Beobachtungen des Autors zugrunde. Die wichtigsten handelnden Personen sind der sowjetische Mitarbeiter der Berliner KGB-Vertretung Alexander und der CIA-Agent Jim – reale Männer, die bereits verstorben sind.

Das Buch hat einen teilweise belletristischen Charakter. Im Zusammenhang damit, dass ein Teil der Informationen nach wie vor geheim und damit unzugänglich ist, musste Nikiforov eine Reihe von Episoden entsprechend seinen Vorstellungen darlegen. Dies betrifft insbesondere die Methoden der operativen Tätigkeit der CIA, die Organisation des Zusammenwirkens der US-amerikanischen Geheimdienstvertretung in Bonn mit den westdeutschen Geheimdiensten und den Tod von Markus Wolf im November 2006.

Ausführlich dargelegt wird die Tätigkeit der Hauptverwaltung A. Erzählt wird über Arbeitsmethoden der Geheimdienste jener Zeit. Dargestellt wird die Arbeit der KGB-Vertretung in der DDR zum Erhalt von Informationen über die Struktur, die als „Lutsch“ („Strahl“) bekannt ist. Um sie herum existiert eine Vielzahl von Spekulationen, die oft den Charakter einer zielgerichteten Desinformation haben.

Von Stalin bis Gorbatschow: das Ringen um die verschiedenen Varianten der Vereinigung Deutschlands

Beschrieben wird auch das Ringen um die verschiedenen Varianten für eine Vereinigung Deutschlands, beginnend mit der Stalin-Note von 1952 (mit Vorschlag an die Westmächte Frankreich, Großbritannien und die USA zu Verhandlungen über die Wiedervereinigung eines neutralen, souveränen und demokratischen Deutschlands sowie den Abzug aller Besatzungstruppen und den Plänen von dem kurzzeitigen Nachfolger Stalins Lawrenti Beria bis zur bekannten 2-plus-4-Formel.

Für Deutsche dürfte laut Nikiforow die Debatte innerhalb der damaligen Sowjetführung über die Grundlagen der deutsch-deutschen Einheit von Interesse sein, insbesondere der Umstand, dass die Konzeption der Wiedervereinigung Deutschlands zu einem bürgerlich-demokratischen (nicht sozialistischen) Staat von Nikita Chruschtschow abgelehnt wurde. „Beria wurde der Prozess gemacht unter anderem deswegen, weil er Deutschland auf diese Weise zusammenbringen wollte. Unter Gorbatschow sollte die Wiedervereinigung anhand der Formel 4+2 erfolgen, unter der Bedingung der Neutralität des unteilbaren Landes, das keinen Bündnissen beitreten durfte. Dies lag im Interesse der UdSSR, war aber seinerzeit Stalin und nun auch Gorbatschow misslungen.“

Die Hauptschuld daran, dass die Wiedervereinigung sich anhand der Formel von Kohl 2+4 vollzogen hat, trägt laut Nikiforow der damalige Außenminister Schewardnadse, der Genscher und Kohl zu weit entgegengekommen war, unter Verletzung von Gorbatschows Anweisungen. Der Buchautor beruft sich dabei auf seine Gespräche mit einem Berater von Schewardnadse, den er von seiner früheren Stelle her gut kannte."

Quelle: SNA News (Deutschland)

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