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Ein Jahr nach Fukushima

Archivmeldung vom 10.03.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.03.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bodenkontamination mit Cäsium-137 in Bq/m2, berechnet mit dem KIT-Programm RODOS (Real-time On-line DecisiOn Support) (Grafik: KIT).
Bodenkontamination mit Cäsium-137 in Bq/m2, berechnet mit dem KIT-Programm RODOS (Real-time On-line DecisiOn Support) (Grafik: KIT).

Am 11. März letzten Jahres kam es in den Reaktoren von Fukushima zur Katastrophe. Pünktlich zu diesem Jahrestag berichten zahlreiche Organisatoren sowie Medien über die damaligen Ereignisse und wie der Stand vor Ort nach einem Jahr ist. Die ExtremNews Redaktion hat unterschiedliche Aussagen in diesem Beitrag zusammengefasst.

KIT schreibt zu dem Reaktorunfall: Die Katastrophe von Fukushima liegt ein Jahr zurück – überstanden sind die Folgen sowohl in Japan als auch in Deutschland noch lange nicht. Gleich nach Bekanntwerden des Reaktorunfalls richtete das KIT Arbeitsgruppen ein, die noch heute wissenschaftliche Erkenntnisse für die Öffentlichkeit aufbereiten. Unterdessen unterstützt das KIT-Zentrum Energie mit seiner Forschung zu Themen wie Energieeffizienz, Speicher, intelligente Netze, Elektromobilität und erneuerbare Energien die Energiewende in Deutschland.

In den ersten Tagen nach dem 11. März 2011 überschlugen sich die Nachrichten – und die drängenden Fragen nach Fachinformation aus Medien und Bevölkerung. „Nach rund einer Woche versachlichte sich das Gespräch“, berichtet Dr. Joachim Knebel, Chief Science Officer des KIT und Programmsprecher Nukleare Sicherheitsforschung der Helmholtz-Gemeinschaft. Dazu trugen nicht zuletzt die sechs Arbeitsgruppen bei, welche das KIT federführend für die Helmholtz-Gemeinschaft in Absprache mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung einrichtete, um die Vorgänge in Japan zu bewerten und aufzubereiten. In den ersten drei Monaten nach der Krise waren die rund 30 beteiligten Forscherinnen und Forscher zeitweise rund um die Uhr eingespannt. Die Arbeitsgruppen befassen sich unter anderem mit dem Zerstörungsgrad der einzelnen Reaktorkomponenten, dem Störfallablauf und der Energiefreisetzung im Reaktorkern, mit der Prognose der weiteren Entwicklung, mit Ausbreitungsrechnungen und Auswirkungen der radioaktiven Freisetzungen auf die Menschen in Japan. Derzeit liegt der Schwerpunkt auf der Rekonstruktion und dem physikalischen Verständnis des Störfallablaufs. In Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) sowie Experten aus den USA und Japan sammelten die Wissenschaftler alle verfügbaren Daten, versuchten darauf basierend den jeweils aktuellen Status zu erfassen und die weitere Entwicklung vorauszusagen. „Unsere Berechnungen, beispielsweise zur Bodenkontamination mit Cäsium, erwiesen sich durchweg als zutreffend“, erklärt Wolfgang Raskob, der mit seinem Team am KIT tägliche Vorausrechnungen erstellte.

Auf der Website des KIT unter www.kit.edu/besuchen/6042.php veröffentlichten die Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse. Die Seiten verzeichneten in der Zeit von März 2011 bis Januar 2012 knapp 54 000 Zugriffe. „Die Grafiken zu den Ausbreitungsberechnungen wurden sogar in Japan als unabhängige Information abgerufen“, berichtet Knebel. Beim KIT gingen bis Mitte April 2011 rund dreihundert protokollierte Anfragen ein. Gleichzeitig berichteten mehr als 270 Artikel in Online-Medien, mehr als 150 Artikel in Printmedien, über 50 TV-Beiträge und über 80 Radio-Beiträge über die Tätigkeit der Helmholtz-Forscher am KIT nach Fukushima.

Zudem bot das KIT für Menschen, die sich zum Zeitpunkt des Reaktorunglücks im Norden Japans aufgehalten hatten, den Service, sich im In-vivo Messlabor des KIT mittels Ganzkörperzähler auf Inkorporationen von radioaktiven Substanzen messen zu lassen.

Ende letzten Jahres besuchte eine Delegation der Japan Atomic Energy Agency das KIT, um sich vor Ort über die Reaktorsicherheitsforschung zu informieren und eine verstärkte Kooperation zu vereinbaren.

Aktuelle Lage in Fukushima

In der Umgebung des Kraftwerkstandortes Fukushima versuchen die Japaner derzeit, die Dekontamination von mehreren Hundert Quadratkilometern Boden vorzubereiten. „Durch Abtragen einer rund fünf Zentimeter starken Schicht Erde soll die radioaktive Belastung unter den Schwellenwert von fünf Millisievert sinken“, erläutert Wolfgang Raskob vom Institut für Kern- und Energietechnik (IKET) des KIT. „Bisher wurden diese Maßnahmen an Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen vorgenommen.“ Für die Lagerung der abgetragenen Erde zeichnet sich allerdings noch keine langfristige Lösung ab. An der Anlage selbst werden derzeit Schutzhüllen aus Stahlgerüsten und Polyesterplatten errichtet, um die Reaktoren gasdicht abzuschließen. Stählerne Spundwände, die etwa 23 Meter in den Untergrund gerammt werden, sollen verhindern, dass radioaktiv kontaminiertes Wasser aus den Reaktoren ins Meer oder ins Grundwasser gelangt. „Inzwischen gibt es wieder funktionierende Kühlkreisläufe“, sagt Raskob. Schutt und Schrott sollen nach und nach von der Anlage abgetragen werden, um diese dann rückzubauen und/oder die Bereiche mit der höchsten Radioaktivität in einem Sarkophag einzuschließen.

Nukleare Sicherheitsforschung am KIT

„Auch in Zeiten der Energiewende sind die am KIT vorhandenen Kompetenzen in der Kerntechnik weiterhin gefordert. Denn es gilt, Lösungen für eine sichere und verantwortungsvolle Entsorgung der radioaktiven Abfälle zu erarbeiten und dann auch umzusetzen“, betont Joachim Knebel. Darüber hinaus benötige Deutschland das einschlägige Know-how, um die Sicherheit von Kernkraftwerken in anderen Ländern zu beurteilen – Unfälle hätten grenzüber-schreitende Folgen – und um in internationalen Gremien zu Sicherheitsfragen sprechfähig zu bleiben.

In der Energieforschung ist das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eine der europaweit führenden Einrichtungen: Das KIT-Zentrum Energie vereint grundlegende und angewandte Forschung zu allen relevanten Energieformen für Industrie, Haushalt, Dienstleistungen und Mobilität. In die ganzheitliche Betrachtung des Energiekreislaufs sind Umwandlungsprozesse und Energieeffizienz mit einbezogen. Das KIT-Zentrum Energie verbindet exzellente technik- und naturwissenschaftliche Kompetenzen mit wirtschafts-, geistes- und sozialwissenschaftlichem sowie rechtswissenschaftlichem Fachwissen. Die Arbeit des KIT-Zentrums Energie gliedert sich in sieben Topics: Energieumwandlung, erneuerbare Energien, Energiespeicherung und Energieverteilung, effiziente Energienutzung, Fusionstechnologie, Kernenergie und Sicherheit sowie Energiesystemanalyse.

Forschung, Lehre und Innovation am KIT unterstützen die Energiewende und den Umbau des Energiesystems in Deutschland. Klare Prioritäten liegen in den Bereichen Energieeffizienz und Erneuerbare Energien, Energiespeicher und Netze, Elektromobilität sowie dem Ausbau der internationalen Forschungszusammenarbeit. 

14.000 Tote in 14 Wochen

Auf der Webseiten der Stiftung Gralsbotschaft (www.gral.de) wurde ein Artikel von Dr. Gerd Harms veröffentlicht, in dem nach der Katastrophe von Fukushima von 14.000 Toten in 14 Wochen die Rede ist. Die Todesopfer soll es in folgedessen überraschenderweise nicht, wie jeder denken mag, in Japan gegeben haben, sondern in Amerika. Dr. Harms beruft sich mit seinen Aussagen auf einen Artikel der Zeitschrift "Natural News" vom 07. Januar 2012. Harms schreibt: "Zum ersten Mal wurde in einer wissenschaftlich anerkannten Zeitschrift eine solide Abschätzung der Anzahl von Todesfällen veröffentlicht, die im Zusammenhang mit dem Unfall beim Atomkraftwerk von Fukushima zu sehen sind. Der Epidemiloge Joseph Mangano und seine Kollegen sprechen von mindestens 14.000 Toten innerhalb von 14 Wochen nach der Katastrophe, wobei die Mehrzahl dieser Todesfälle Kinder im Alter von unter einem Jahr betraf. Veröffentlicht wurde dies im „International Journal of Health Services“ (Internationale Zeitschrift für Gesundheitsdienste).

Nach dieser Studie wurde ein Anstieg von Todesfällen bei Kindern und Erwachsenen gegenüber vorangegangenen Jahren und Monaten beobachtet.

Dies deckt sich mit Berichten über erhöhte Strahlungswerte in Milch, Regenwasser und der allgemeinen Nahrungsversorgung sowohl in den USA als auch in anderen Ländern. Obwohl mit gesundheitlichen Folgeschäden nicht zwingend zu rechnen war, sieht es jetzt doch so aus, dass diese generelle Vergiftung zu einer Vielzahl zusätzlicher Todesfälle und gleicherweise auch wohl zu noch weitaus mehr Fällen von Krebs und anderen Krankheiten geführt hat.

„Ein Anstieg der Todesfälle wurde in allen Altersgruppen beobachtet, aber wir finden weiterhin, dass Kinder besonders betroffen sind, weil ihr Gewebe sich stark vermehrt, ihr Immunsystem noch wenig entwickelt ist, und die Menge der aufgenommenen Radioisotope vergleichsweise größer ist als bei Erwachsenen“, erläuterte Mangano."

Keine echte Aufbruchsstimmung in Japan zu spüren

Germany Trade & Invest teilte in Ihrer Pressemitteilung mit: "Erdbeben, Tsunami und Atomunfall: die Dreifachkatastrophe vor einem Jahr forderte rund 20.000 Menschenleben, verursachte materielle Schäden in Höhe von fast 166 Mrd. Euro und veränderte Japan und die Welt. Heute ist in Japans Wirtschaft so etwas wie Normalität eingekehrt. Die Zulieferketten in der Kfz- und Elektronikindustrie sind wieder geschlossen, die befürchtete Energieknappheit im Winter ist ausgeblieben, die Konjunkturprognosen für 2012 sind vorsichtig optimistisch. Zuletzt ist der Kurs des Yen gegenüber dem US-Dollar und auch dem Euro wieder gefallen, und sollte sich diese Abwärtsbewegung fortsetzen, würde dies den so wichtigen Exporten helfen.

Das sind die guten Nachrichten: "Allerdings gab es direkt nach der Katastrophe eine andere Haltung in Japan. Die Rede war von der Chance auf ein "neues Wirtschaftswachstum" - weitreichende Reformen der Wirtschaft und der Gesellschaft könnten eingeleitet werden. Die Macht der Energieversorger könnte gebrochen werden. Getan hat sich, gemessen an den Erwartungen, da nicht viel", so Detlef Rehn, Repräsentant von Germany Trade & Invest in Japan.

Im Erdbebengebiet selbst allerdings hat sich vieles zum Besseren gewendet. Fukushima beispielsweise, die industriell wichtigste Präfektur der Katstrophenregion, hat im Dezember einen Wiederaufbauplan vorgestellt. Unter anderem sieht dieser eine Abkehr von der Kernkraft hin zu erneuerbaren Energien vor: "In einem ersten Schritt sollen in der gesamten Region Solar- und Windkraftanlagen aufgebaut und in einer zweiten Stufe miteinander verbunden werden, um Ausfälle besser kompensieren zu können. In einem dritten Schritt soll ein völlig neuer Energiesektor entstehen - die Errichtung von Offshore-Windkraftanlagen wird vermutlich im Mittelpunkt stehen", so Detlef Rehn weiter.

Zwar bewegt sich einiges, doch vieles müsste schneller gehen. Widersprüchliche gesetzliche Regelungen und die häufig überforderten Lokalverwaltungen sorgen dafür, dass nicht alle Pläne zum Wiederaufbau so schnell umgesetzt werden wie es eigentlich möglich wäre, betonen Landeskenner. Trotz allem sorgen Berichte von jungen Leuten, die mit eigenem Geld und in eigener Verantwortung Geschäfte wieder aufgebaut haben, für Hoffnung."

Fukushima schon vergessen?

Psychologen der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt befragten in verschiedenen Zeitabständen die Bevölkerung zur Atomkraft. Bereits wenige Tage nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima starteten Psychologen der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) im vergangenen Jahr eine erste repräsentative Befragung in der deutschen Bevölkerung zum Thema Atomkraft. Um zu untersuchen, ob und wie sich das subjektive Erleben mit zeitlichem Abstand zur Katastrophe sowie dem danach beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie veränderte, wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Sommer 2011 erneut befragt.

Durchgeführt wurde die Studie von Prof. Dr. Elisabeth Kals (Professur für Sozial- und Organisationspsychologie) und ihrer Mitarbeiterin Dipl.-Psych. Manuela Sirrenberg; die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren zwischen 14 und 74 Jahre alt. Die Wissenschaftlerinnen konnten auf ihre umfangreiche gerechtigkeitspsychologische Forschung im Umweltbereich zurückgreifen; es existierten daher auch bereits validierte Messinstrumente, die kurzfristig an die damalige Situation angepasst werden konnten.

Untersucht wurden drei Fragekomplexe: Wie sind Gefahrenbewusstsein, Gerechtigkeitsurteile, Emotionen (wie Ängste und Empathie) sowie Bereitschaften im Zusammenhang mit der Atomenergie in der allgemeinen Bevölkerung direkt nach dem Reaktorunfall ausgeprägt? In welchem Ausmaß besteht die Bereitschaft, sich für den Ausstieg aus der Atomkraft bzw. deren Beibehaltung ? Welche Motivstrukturen liegen hierfür zugrunde? Es zeigte sich, dass bei den 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der ersten Befragungsrunde direkt nach dem Reaktorunfall eine hohe Bereitschaft bestand, sich für den Ausstieg zu engagieren, sei es durch die Teilnahme an öffentlichen Kundgebungen, durch Verzicht oder auch durch Investitionen im privaten Energiebereich. „Entgegen der öffentlichen Annahme entsprangen die zu diesem Zeitpunkt geäußerten Engagements nicht Ängsten und Sorgen um die eigene Gesundheit, sondern waren in erster Linie Ausdruck des (Un-)Gerechtigkeitserlebens der Bürgerinnen und Bürger“, erklären Kals und Sirrenberg. Während Ängste und Sorgen unmittelbar nach dem Reaktorunglück moderat ausgeprägt gewesen seien, habe ein hoch ausgeprägtes Ungerechtigkeitserleben gegenüber der Atomkraft bestanden.

Die Ergebnisse einer zweiten Befragung, die ein halbes Jahr später bei über 200 Teilnehmern der ersten Erhebung durchgeführt wurde, belegten die Stabilität der Befunde: Das Verhalten zur Unterstützung des Atomausstiegs stünde auch weiterhin in engem Zusammenhang mit dem (Un-)Gerechtigkeitserleben in der Bevölkerung. „Interessanterweise haben das Interesse und die Engagements im Bereich Atomkraft mit dem zeitlichen Abstand nur in sehr geringem Maße abgenommen. Hingegen sind die vormals eher moderaten Ängste und Sorgen um die eigene Gesundheit sogar gestiegen, obgleich die möglichen Gefahren in Deutschland, auch durch den zeitlichen Abstand zu Fukushima, objektiv eher gesunken sind“, so die beiden Wissenschaftlerinnen. Gaben in der ersten Studie 67 Prozent der Befragten an, keine Ängste und Sorgen bezüglich der eigenen Gesundheit aufgrund von Atomkraft zu empfinden, waren es in der Folgebefragung nur noch 46 Prozent. Das stete Interesse und die gestiegenen Ängste sprächen dafür, dass die Atomenergie und die Energiegewinnung nach wie vor auch jenseits des politischen Tagesgeschehens und des einseitigen deutschen Atomausstiegs für die deutsche Bevölkerung ein wichtiges Thema seien, zu dem die Bürgerinnen und Bürger differenzierte Gerechtigkeitsurteile fällten.

Quelle: Karlsruher Institut für Technologie / gral.de / Germany Trade & Invest / Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt

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