BKA: Zahl der Opfer häuslicher Gewalt erreicht neuen Höchststand
Die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt hat im vergangenen Jahr mit 256.942 erfassten Betroffenen ein neues Allzeithoch erreicht. Rein statistisch betrachtet wurde in Deutschland somit etwa alle zwei Minuten ein Mensch von seinem Partner oder Ex-Partner oder einem nahen Verwandten misshandelt, berichtet die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Zahlen des Bundeskriminalamts (BKA).
Der Anstieg gegenüber dem Vorjahr lag bei rund 3,7 Prozent. In den
vergangenen fünf Jahren nahm die Zahl der Meldungen häuslicher Gewalt um
fast 14 Prozent zu.
Das BKA registrierte im Teilbereich der
sogenannten Partnerschaftsgewalt im vergangenen Jahr 171.069 Opfer (plus
1,9 Prozent). Bei der Teilmenge der innerfamiliären Gewalt registrierte
die Polizeibehörde nunmehr 94.873 Betroffene (plus 7,3 Prozent). Rund
73 Prozent der Opfer häuslicher Gewalt sind Frauen.
Das
Familienministerium teilte auf Anfrage mit, der Anstieg häuslicher
Gewalt könne auf eine Zunahme der Gewaltbereitschaft "im Lichte
gesellschaftlicher Krisen und persönlicher Herausforderungen"
zurückzuführen sein. Möglich sei aber auch eine gewachsene
Anzeigebereitschaft. Mit dem im Februar verabschiedeten
Gewalthilfegesetz sei bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt
parteiübergreifend ein "Meilenstein" erreicht worden. Von Gewalt
betroffene Frauen erhalten damit ab 2032 einen Rechtsanspruch auf
Beratung und Schutz, etwa einen verbindlichen Platz in einem Frauenhaus.
Die
frauenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Jasmina
Hostert, forderte die Ratifizierung und vollständige Anwendung der
Istanbul-Konvention in allen EU-Mitgliedstaaten. Die Istanbul-Konvention
ist ein völkerrechtlicher Vertrag, mit dem auch Deutschland sich
verpflichtete, zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen festgeschriebene
Maßnahmen umzusetzen. "Notwendig sind auch effektive aus EU-Mitteln
geförderte Maßnahmen zur Prävention ebenso wie groß angelegte Kampagnen
und Bildungsarbeit", sagte Hostert.
Die Grünen erklärten, bei
Gewalt gegen Frauen handele es sich nicht um "Familiendramen", sondern
um "patriarchale Gewalt". "Es braucht mehr Präventions- und Täterarbeit,
schnelle Verfahren, verpflichtende Schulungen von Polizei und Justiz",
sagte die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws.
Die
Linke forderte Reformen beim Sorge- und Umgangsrecht. "Denn häufig
nutzen gewalttätige Ex-Partner das Sorge- oder Umgangsrecht, um weiter
Kontrolle über ihre Ex-Partnerinnen auszuüben", sagte die
frauenpolitische Sprecherin der Linken, Kathrin Gebel.
Quelle: dts Nachrichtenagentur