Spionagevorwurf gegen Münchner Professorin

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Das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum hat eine renommierte Forscherin entlassen: Die Einrichtung verdächtigt die Wissenschaftlerin, sensible Informationen ausgespäht zu haben. Sie ist weiter an der TU München als Professorin beschäftigt. Ein Ermittlungsverfahren fand offenbar nicht statt.
Das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) hat sich wegen eines Spionageverdachts von einer renommierten Forscherin getrennt. Die Forschungseinrichtung verdächtigt die Frau chinesischer Herkunft der Ausspähung sensibler Daten und schließt eine Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten nicht aus.
Die Wissenschaftlerin ist Professorin an der Technischen Universität München (TUM) und forscht im Bereich der Satellitenbildanalyse in Kombination mit KI- oder Social-Media-Daten. Im Rahmen einer Kooperation war sie auch am DLR angestellt. Das Forschungszentrum hat sie nach Recherchen von CORRECTIV bereits 2022 entlassen und ihr Hausverbot erteilt. Der Fall mündete in einem Kündigungsschutzverfahren vor dem Münchner Arbeitsgericht, das im Februar dieses Jahres mit einem Vergleich endete.
Laut internen Dokumenten, die CORRECTIV vorliegen, verdächtigt das DLR die Forscherin, "betriebsinterne Informationen auszuspähen und diese Informationen an unbefugte Dritte, möglicherweise auch an ausländische Geheimdienste, weiterzugeben". So soll sie den Abfluss von sensiblen, militärisch verwendbaren Satellitendaten ermöglicht haben. Der Spionagevorwurf ist weder bestätigt, noch ausgeräumt: Zuständige Ermittlungsbehörden wurden bislang offenbar nicht aktiv.
Das DLR wollte sich auf Anfrage nicht zum Sachverhalt äußern. Auch die Forscherin wollte sich gegenüber CORRECTIV nicht zu den Anschuldigungen äußern, wie sie über einen Anwalt mitteilen ließ. Vor dem Arbeitsgericht dementierte sie die Vorwürfe jedoch und sprach von einem Generalverdacht. Befragt zu den Vorwürfen des DLR und mögliche Konsequenzen daraus sagte ein Sprecher der TUM, die Universität verlasse sich "auf die dafür rechtsstaatlich zuständigen Behörden". Das bayerische Wissenschaftsministerium verwies auf die Zuständigkeit der Universität.
Die Wissenschaftlerin unterhält nach CORRECTIV-Recherchen weitreichende Verbindungen in den chinesischen Verteidigungsapparat. In München beaufsichtigt sie ein Netzwerk aus mehreren Doktoranden und Gastwissenschaftlern, die zuvor in China an militärnahen Einrichtungen tätig waren. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Wissen aus München in Militärtechnologie in China floss.
Mehrere der Einrichtungen, mit denen die Forscherin für Forschungsarbeiten kooperierte, sind an Chinas berüchtigtem Satellitenprogramm beteiligt. Experten gehen seit Jahren davon aus, dass damit unter anderem Schiffsbewegungen auf dem chinesischen Meer beobachtet werden sollen - essentiell für den Territorialkonflikt um Taiwan.
Quelle: CORRECTIV (ots)