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Wieviel Öko steckt in Ökostrom-Zertifikaten?

Archivmeldung vom 02.10.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.10.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Landesgewerbeanstalt Bayern Bild: Stromtipp.de
Landesgewerbeanstalt Bayern Bild: Stromtipp.de

Ökostrom-Produkte werden in Deutschland gekennzeichnet, um dem Verbraucher die Sicherheit zu geben, dass er bekommt was er bezahlt. Allerdings gibt es in Deutschland verschiedene Kennzeichnungen für Ökostrom. Stromtipp.de hat deshalb die gängigen Ökostrom-Zertifikate genauer unter die Lupe genommen und eine Übersicht über die verschiedenen Kennzeichnungen und ihren jeweiligen ökologischen Wert zusammengestellt.

Grüner Strom Label Bild: Stromtipp.de
Grüner Strom Label Bild: Stromtipp.de
Andere TÜV-Stellen Bild: Stromtipp.de
Andere TÜV-Stellen Bild: Stromtipp.de

Ökostrom ist nicht gleich Ökostrom: Was im Einzelfall als Ökostrom bezeichnet wird, hängt von der zugrunde liegenden Definition ab. So wird bei manchen Ökostrom-Zertifikaten Strom aus Gaskraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung aufgrund der relativ effizienten Energienutzung als Ökostrom anerkannt, bei anderen wird nur auf regenerativer Basis erzeugten Strom als Ökostrom anerkannt. Ökostrom-Zertifikate definieren den ökologischen Wert der Ökostrom-Produkte also jeweils unterschiedlich, wobei zwischen einzelnen Ökostrom-Zertifikaten große Unterschiede bestehen.

Dabei spielt auch der nachhaltige Umwelteffekt der zertifizierten Produkte eine wichtige Rolle. Ein Ökostrom-Produkts erzeugt dann einen nachhaltigen ökologischen Effekt, wenn sich durch die Herstellung und den Verkauf von Ökostrom die prozentuale Aufteilung des Strommixes zu Gunsten regenerativer Energieträger verschiebt. Manche Zertifikate verpflichten deshalb den Ökostromanbieter dazu, einen Teil seines Ökostrom-Erlöses in den Ausbau erneuerbarer Energien zu investieren, um die Produktionskapazitäten für Ökostrom zu erhöhen.
Mit diesen Investitionen können umweltfreundliche Kraftwerke wie zum Beispiel Photovoltaik-, Windkraft-, Kleinwasserkraft- und Biomasseanlagen realisiert werden, die sonst nicht gebaut werden. Mit einem geringen Förderbeitrag sorgen die Endkunden so für einen Umwelteffekt, der den Weg hin zu einer ökologischen Energieversorgung ebnet.

Ist der Ökostromanbieter dagegen nicht dazu verpflichtet, in den Ausbau erneuerbarer Energien zu investieren, verändern sich die Relationen zwischen den Anteilen regenerativer und konventioneller Stromerzeugung nicht. Auf diese Weise wird kein Druck ausgeübt, um den Umstieg auf regenerative Energiequellen bei der Energieversorgung sicherzustellen.

Im folgenden werden die in Deutschland gängigen Ökostrom-Zertifikate danach beurteilt, wie sie Ökostrom definieren und ob sie einen nachhaltigen Umwelteffekt besitzen. 

Das RECS-Zertifikat

Ins Leben gerufen wurde das RECS (Renewable Energy Certificate System)-Zertifikat von verschiedenen Energiekonzernen, Umweltverbänden und Vereinen. Das RECS stellt vor allem ein Instrument dar, um Angebot und Nachfrage im Bezug auf Ökostrom auszugleichen – dazu wird der ökologischen Wert des Stromprodukts von dem Produkt selbst getrennt.

Gibt es beispielsweise an einem bestimmten Ort keine Nachfrage nach dem dort erzeugten Ökostrom, kann der Stromproduzent diesen Strom vor Ort für einen niedrigeren Preis als konventionellen Strom verkaufen und erwirbt damit gleichzeitig ein Zertifikat über dieselbe Menge an Ökostrom. Dieses kann er im Anschluss europaweit an andere Stromversorger verkaufen, die mithilfe des Zertifikats den Verbrauchern ihren konventionell erzeugten Strom als Ökostrom verkaufen können. So soll sichergestellt werden, dass jede Menge an produziertem Ökostrom auch seinen Käufer findet.

Das RECS-Zertifikat trägt damit dazu bei, dass die Erlöse der Ökostromproduzenten abgesichert werden und bietet anderen Stromerzeugern durch die garantierten Erlöse einen Anreiz, Ökostrom zu produzieren. Da das RECS aber vor allem darauf zielt, vorhandene Mengen an Ökostrom umzuverteilen, besitzen diese Zertifikate erst dann einen nachhaltigen ökologischen Wert, wenn die nachgefragte Menge die produzierte Menge übersteigt - dies ist bislang nicht der Fall.

Bewertung: Bei RECS-zertifiziertem Ökostrom wird der Verbraucher nicht mit Strom aus erneuerbaren Energien beliefert. Das Zertifikat besitzt zudem keinen, beziehungsweise einen sehr geringen nachhaltigen Umwelteffekt.      

Grüner Strom Label

Das Grüner Strom Label wird von gemeinnützigen Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden sowie Friedensorganisationen getragen. Das Grüner Strom Label vergibt das Grüner Strom Label „Gold“ und das Grüner Strom Label „Silber“. Die Kennzeichnungen unterscheiden sich in der Farbgebung der äußeren Umrandung.

Ökostrom-Produkte mit dem Grüner Strom Label „Gold“-Zertifikat sind ausschließlich aus regenerativen Energiequellen erzeugtem Strom zusammengesetzt. Analog zu den Bestimmungen des Erneuerbaren-Energien Gesetzes (EEG) wird Ökostrom als Strom definiert, der aus Solarstrahlung, Wind- und Wasserkraft, Biomasse (im Rahmen der in der Biomasseverordnung definierten Begrenzungen), Klärgas (nicht jedoch Deponiegas) und geothermischen Quellen erzeugt wird.

Aufgepasst: Erst ab einer Absatzmenge von 1.000 Megawatt Kilowattstunden Ökostrom sind Anbieter durch das Grüner Strom Label verpflichtet, ihre Kunden auch physisch mit Ökostrom zu beliefern. Bei kleineren Absatzmengen erkennt das Grüner Strom Label auch RECS-Zetrtifikate an.

Ökostrom-Produkte mit dem Grüner Strom Label „Silber“ können daneben bis zu 50 Prozent aus fossilen Brennstoffen erzeugten KWK-Strom beinhalten.

Anbieter von Ökostromprodukten, die mit dem Grüner Strom Label „Gold“ oder „Silber“ zertifiziert sind, verpflichten sich dazu, einen festgelegten Anteil der Einnahmen in regenerative Stromerzeugungsanlagen zu investieren. Der Anteil liegt durchschnittlich bei einem Cent pro verkaufte Kilowattstunde Ökostrom.

Dieser Anteil muss bei Grüner Strom Label „Gold“-Produkten zu 100 Prozent in regenerative Anlagen investiert werden, bei Grüner Strom Label „Silber“-Produkten kann der Anteil bis zu 50 Prozent in KWK-Anlagen investiert werden.

Bewertung: Bei Grüner Strom Label-zertifiziertem Ökostrom von großen Versorgern wird der Verbraucher in jedem Fall mit Strom aus erneuerbaren Energien beliefert. Die Zertifikate haben einen nachweisbaren Umwelteffekt. 

Energie Vision (ok-Power)

Der Verein Energie Vision wird vom Öko-Institut, der Verbraucherschutzzentrale NRW und dem WWF getragen. Mit ok-Power gekennzeichnete Ökostrom-Produkte werden einerseits nach dem Fondsmodell, andererseits nach dem Händlermodell zertifiziert.  

Energie Vision definiert Ökostrom in gleicher Weise wie das Grüner Strom Label – nach den im EEG festgelegten Bestimmungen. RECS-zertifizierter Strom wird unabhängig von der Liefermenge als Ökostrom anerkannt.

Nach dem Fondsmodell zertifizierte Ökostrom-Produkte dürfen ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien nach dem EEG beinhalten. Um einen Anreiz zum Neubau von Ökostrom-Erzeugungsanlagen zu geben, muss mindestens ein Drittel des Stroms aus Anlagen kommen, die nicht älter sind als sechs Jahre (Neuanlagen). Ein weiteres Drittel des Stroms muss aus Anlagen kommen, die nicht älter als zwölf Jahre (neuere Anlagen) sind.

Nach dem Händlermodell zertifizierte Ökostrom-Produkte dürfen zusätzlich bis zu 50 Prozent Strom aus effizienten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) beinhalten. Darüber hinaus muss in jedem Kalenderjahr der gemeinsame Anteil von Strom aus Neuanlagen und Strom aus neueren Bestandsanlagen mindestens 66 Prozent des Beschaffungsportfolios ausmachen. Auch der Strom aus neuen und neueren Bestandsanlagen darf maximal zur Hälfte aus gasbefeuerten KWK-Anlagen stammen.

Bewertung: Ökostrom-Produkte mit dem ok-Power-Zertifikat können RECS-zertifizierten Ökostrom beinhalten, das heißt, der Verbraucher kann nicht sicher sein, ob er wirklich mit Strom aus erneuerbaren Energien beliefert wird. Beim Fondsmodell besteht ein nachhaltiger Umwelteffekt, beim Händlermodell ist dieser Umwelteffekt eher zweifelhaft. Der Kennzeichnung sieht man nicht an, ob das Produkt nach dem Fonds- oder dem Händlermodell zertifiziert worden ist. 

Die Landesgewerbeanstalt Bayern

Die Landesgewerbeanstalt Bayern (LGA) ist eine teilprivatisierte Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Nürnberg und mehr als 30 Standorten in Deutschland und weltweit. Sie definiert Ökostrom nach den Festlegungen im EEG und vergibt zwei verschiedene Ökostrom-Zertifikate: Ökostrom „regenerativ“ und Ökostrom „effektiv“.

Das Ökostrom „regenerativ“-Zertifikat erhalten Stromanbieter, wenn das angebotene Stromprodukt aus regenerativen Energien gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz erzeugt wird und Investitionen in neue Anlagen zur Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien getätigt werden. Die geforderte Höhe der Investitionen richtet sich nach einer Marktprognose, die auf eine ausreichende Ökostrom-Versorgung der Bevölkerung zielt.  

Das Ökostrom „effektiv“-Zertifikat erhalten Stromanbieter, wenn das angebotene Stromprodukt mindestens zu 25 Prozent aus regenerativen Energiequellen gewonnen wurde und der Rest in Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt wurde. Auch hier müssen die Anbieter eine bestimmte Summe in den Ausbau regenerativer Energiequellen investieren, die sich nach der schon erwähnten Marktprognose richtet.

Investitionen nach einer solchen Marktprognose haben nur einen geringen nachhaltigen Umwelteffekt, da der sich die Höhe der Investitionen an der Versorgungssicherheit beziehungsweise an der Nachfrage nach Ökostrom ausrichtet und nicht nach aktiv zu fördernden ökologischen Ziel.

Bewertung: RECS-Zertifikate werden im Rahmen der Ökostrom-Zertifizierung anerkannt. Ein nachhaltiger Umweltnutzen kann bei LGA-zertifiziertem Ökostrom nicht nachgewiesen werden, da die zu tätigen Investitionen der Ökostromanbieter lediglich von der nachgefragten Menge an Ökostrom abhängen. Das "efffektiv"-Zertifikat unterscheidet sich nur durch den Schriftzug in der oberen Mitte der Kennzeichnung - das kann leicht zu Verwechselungen führen.  

TÜV SÜD

Der TÜV Süd fasst den Begriff der Erneuerbaren Energien weiter als die anderen Zertifikate – zum Beispiel wird auch Deponiegas als erneuerbare Energie definiert. Insgesamt vergibt der TÜV Süd vier Ökostrom-Zertifikate.

EE01: Strom aus erneuerbaren Energien
Beim EE01-Zertifikat muss das Ökostrom-Produkt zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt worden sein, wobei mindestens 25 Prozent aus Kraftwerken stammen müssen, die nicht älter als drei Jahre sind.

EE02: Strom aus erneuerbaren Energien
Beim EE02-Zertifikat muss das Strom-Produkt zu 100 Prozent aus Wasserkraft erzeugt worden sein.

UE01: Strom aus erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung
Beim UE01-Zertifikat besteht das Ökostrom-Produkt zu mindestens 50 Prozent aus Strom, der auf Basis erneuerbarer Energien erzeugt worden ist und darüber hinaus bis zu 50 Prozent aus Strom, der in KWK-Anlagen erzeugt wurde. Mindestens 25 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien muss aus Kraftwerken stammen, die nicht älter als drei Jahre sind.

UE02: Strom aus erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung
Beim UE01-Zertifikat besteht das Ökostrom-Produkt zu mindestens 50 Prozent aus Strom, der auf Basis erneuerbarer Energien erzeugt worden ist und aus KWK-Strom. Eine Beschränkung im Bezug auf das Alter der Anlagen gibt es nicht.

Falls der Ökostromanbieter bei einem dieser Ökostrom-Produkte Preisaufschläge verlangt, müssen diese in den Ausbau regenerativer Energien investiert werden.

Bewertung: Auch der TÜV Süd lässt RECS-zertifizierten Ökostrom als solchen gelten. Der Kapazitäsausbau erneuerbarer Energien erfolgt nur optional und nicht zwingend - ein nachhaltiger Umwelteffekt kann somit nicht in jedem Fall angenommen werden. Darüberhinaus ist die Vielzahl an unterschiedlichen Zertifikaten für Verbraucher umständlich und verwirrend, da die jeweils zugrunde liegenden Kriterien nicht schnell erfasst werden können. 

Andere TÜV-Stellen

Andere TÜV-Stellen zertifizieren Ökostrom nach der "VdTÜV-Basisrichtlinie Ökostromprodukte", die die Nummer 1303 trägt. Diese findet sich im in der Kennzeichnung wieder.

Ökostrom-Produkte, die nach der VdTÜV-Richtlinie 1303 zertifiziert wurden, müssen zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien bestehen, wobei der Begriff der erneuerbaren Energien genauso weit gefasst wird, wie beim TÜV SÜD. Ein Anteil von maximal 50 Prozent des Stroms darf aus KWK-Anlagen stammen.

Ökostromanbieter sind nach der VdTÜV-Richtlinie nicht dazu verpflichtet, in den Ausbau erneuerbarer Energien zu investieren. Sie sind lediglich dazu angehalten, diesen Aspekt in ihre Geschäftspolitik einzubinden und ihre Kunden regelmäßig über Fördermaßnahmen zu informieren.

Bewertung: Die VdTÜV-Richtlinie 1303 erkennt RECS-Zertifikate an, so dass Verbraucher bei einem so zertifizierten Ökostrom-Produkt weiterhin mit konventionellem Strom beliefert werden können. Ein nachhaltiger Umwelteffekt ist bei diesem Zertifikat am wenigsten zu erwarten.

Stromtipp.de-Fazit: Verbraucher, die ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden wollen und dazu ein Zeichen für den Wechsel zu einer nachhaltig-ökologischen Energieversorgung setzen möchten, sollten sich an Ökostrom-Produkte halten, die mit dem Grüner Strom Label zertifiziert worden sind. Auch das ok-Power-Zerrtifikat verspricht mit dem Fondsmodell einen hohen nachhaltigen Umweltnutzen - Vernbraucher können sich allerdings nicht sicher sein, ob sie physisch, das heißt konkret, mit Strom aus erneuerbaren Energien beliefert werden.

Die anderen Zertifikate von der LGA bis zu den verschiedenen TÜV-Stellen legen wenig Wert auf die Förderung von nachhaltig-ökologischer Energieversorgung und vertreten einen weiter gefassten Begriff von erneuerbaren Energien. Zudem ist auch hier nicht sicher, ob der Verbraucher wirklich mit Strom aus regenerativen Quellen versorgt wird.

Quelle: stromtipp.de

Bild: Stromtipp.de
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RECS-Zertifikat Bild: Stromtipp.de
RECS-Zertifikat Bild: Stromtipp.de
TÜV SÜD Bild: Stromtipp.de
TÜV SÜD Bild: Stromtipp.de
Energie Vision (ok-Power) Bild: Stromtipp.de
Energie Vision (ok-Power) Bild: Stromtipp.de
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