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Digitalcourage verklagt die Deutsche Bahn

Freigeschaltet am 05.05.2025 um 16:50 durch Sanjo Babić
Bild: Thorben Wengert  / pixelio.de
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Die Bahn App „DB Navigator“ gibt viele persönliche Informationen weiter – ohne dass Nutzer sich dagegen wehren könnten. Digitalcourage hat deshalb im Oktober 2022 Klage gegen die Deutsche Bahn eingereicht. Nach über zwei Jahren juristischer Verzögerungstaktik des Konzerns steht nun endlich der Termin für die mündliche Verhandlung fest: Am 19. Mai 2025 ab 11.30 Uhr wird vom Landgericht Frankfurt am Main darüber entschieden, ob die Weitergabe von personenbezogenen Daten an Datenkraken beim Zugang zu Grundversorgungsangeboten rechtens ist. Dies berichtet "Digitalcourage e.V." in ihrer Pressemitteilung.

Weiter heißt es darin: "Die Verhandlung hat eine Vorgeschichte: Der IT-Sicherheitsforscher Mike Kuketz analysierte 2022 den DB Navigator und entdeckte erhebliche Datenschutzprobleme. Er stellte Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie gegen das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) fest. 

Die App ist voll mit Trackern – Technologien, die das Verhalten der Nutzer überwachen und Daten sammeln, selbst ohne deren ausdrückliche Einwilligung. Denn die Bahn behauptet, diese Tracker seien technisch notwendig für den Betrieb. In der Abfrage heißt das verharmlosend: „Nur erforderliche Cookies zulassen“ – diese können nicht abgewählt werden. Unter den Daten sind Informationen wie Anzahl der Reisenden, ob ein Kind mitfährt, Abfahrtstag, Start- und Zielbahnhof. Auch die Stiftung Warentest hat unabhängig das Datensendeverhalten der App überprüft und kam zu dem kritischen Ergebnis: „DB Navigator übermittelt mehr Daten als nötig“. Insgesamt fließen Daten an zehn Unternehmen und Dienstleister ab, darunter Google und Adobe.

Eine Grundsatzentscheidung steht bevor

Was diesen Fall so brisant macht: Die Deutsche Bahn ist kein x-beliebiger App-Anbieter, sondern Teil der staatlichen Grundversorgung. Wer zur Arbeit pendelt, Angehörige besucht oder sich über Bahnverbindungen informiert, kommt an der App kaum noch vorbei. Sie bietet Informationen zu Verspätungen, Anschlusszügen, aktueller Wagenreihung und ermöglicht den Ticketkauf an Bord. Manche Services sind ohne die App nicht mehr verfügbar. Das macht sie für viele Menschen unverzichtbar – das bedeutet Digitalzwang. Dieser liegt vor, wenn es keine analoge oder datenschutzfreundliche Alternative zu einem Produkt oder Service gibt, obwohl sie realisierbar wäre. „Wer reisen will, wird zur App gezwungen – und wer die App nutzt, wird ausgespäht. Das ist Digitalzwang und Datenmißbrauch,“ sagt padeluun, Mitgründer von Digitalcourage und der Kläger in dieser Sache. „Wir klagen, weil Grundrechte nicht an der Bahnsteigkante enden.“

Die Bahn hat versucht, sich mit juristischen Tricks aus der Verantwortung zu stehlen. Nach Einreichung der Klage übertrug die DB Vertriebs GmbH den Betrieb des DB-Navigators auf die DB Fernverkehr AG, was den Prozessbeginn durch einen Gerichtswechsel erheblich verzögerte und zugleich den Streitwert verdoppelte. Der auf IT- und Datenschutzrecht spezialisierte Rechtsanwalt Peter Hense, der padeluun juristisch vertritt, kritisiert das Verhalten der Bahn: „Ich hätte mir einen kürzeren Prozess gewünscht. Immerhin hat die Rechtsprechung in den letzten Jahren aber unmissverständlich klargestellt, dass die Tracking-Spielchen auf Apps und Website ein Ende haben müssen. Ob Google oder Telekom, Focus oder kik, überall haben wir mittlerweile dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung zur Geltung verholfen.“

Bahn fahren – nicht Daten liefern

Der Jurist ist überzeugt, dass das Datensendeverhalten des DB-Navigator einen klaren Verstoß gegen das TTDSG (heute: TDDDG) sowie die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) darstellt: „Die Bahn hat kein Recht auf heimliches Tracking, nur weil Reisende auf sie angewiesen sind. Sie ist und bleibt ein grundrechtsgebundenes Staatsunternehmen. Der in Teilen des Konzerns vorherrschende Glaube, über dem Gesetz zu stehen, ist vielleicht bequem, aber keineswegs zutreffend.“

Für Digitalcourage ist klar: Bahnfahren gehört zur Grundversorgung in unserer Gesellschaft. Wer reisen will, darf nicht gewzungen werden, persönliche Daten preiszugeben und es muss auch ohne Smartphone und Digitalzwang möglich sein, am öffentlichen Leben teilzuhaben. Das Tracking im DB-Navigator ist zudem ein Verstoß gegen geltendes Recht.

Wir wollen dem Konzern unmissverständlich klar machen, dass Menschen in Deutschland das Recht haben, Bahn zu fahren, ohne dass ihre Daten Datenkraken weitergegeben werden. Da der Konzern bisher uneinsichtig war, wird nun das Gericht die Bahn von der Rechtslage überzeugen müssen.

Verhandlungstermin:

  • Montag, 19. Mai 2025, 11.30 Uhr
  • Landgericht Fankfurt am Main
  • Gerichtsstraße 2
  • 60313 Frankfurt am Main

Quelle: Digitalcourage e.V.

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