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Finanzkönig Schechter sauer auf Schalke 04

Archivmeldung vom 27.10.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.10.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
FC Schalke 04
FC Schalke 04

Schalkes finanzielle Probleme sind viel dramatischer, als bislang angenommen. Wie der Fianznachrichendienst GoMoPa.net erfuhr, hat sich Finanzkönig Stephen Schechter darüber beschwert, dass seine Kreditanleihe an den Fußballbundesligisten FC Schalke 04 über 85 Millionen Euro nicht regelmäßig bedient wird.

Die Geschäftsführung der Deutschen Fußball-Liga (DFL) bestätigte dem Schwäbischen Tagblatt, dass sich der finanziell angeschlagene FC Schalke 04 gemeinsam mit etwa 20 anderen Vereinen aus der Ersten und Zweiten Liga in den kommenden Wochen einem "Nachlizenzierungsverfahren" unterziehen muss.

Nach zuverlässigen Informationen der Zeitung drücken den Gelsenkirchener Fußball-Bundesligisten in dessen Bilanz derzeit Verbindlichkeiten von etwa 140 Millionen Euro, im laufenden Etat tut sich eine Deckungslücke von 20 bis 30 Millionen Euro auf. "Wir haben ein Loch in der Bilanz", räumte Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies vor wenigen Tagen vor Landtagsabgeordneten ein, die sich im Düsseldorfer Parlament zu der überfraktionellen "Vereinigung Königsblauer Landtag" zusammengeschlossen haben. Im Beisein von Landesverkehrsminister Lutz Lienenkämper (CDU), einem bekennenden Schalke-Fan, appellierte Tönnies an die Geschlossenheit in dem affärengeplagten Club: "Wir liegen auf der Nase, lasst uns wieder aufstehen. Wenn wir alle zusammenhalten, dann marschieren wir da sauber durch. Wir haben schon ganz andere Dinge am Hals gehabt."

Jetzt hat Schalke die DFL-Prüfer am Hals, die dem Zweitligisten TuS Koblenz während der vergangenen Saison im laufenden Spielbetrieb wegen "Täuschung im Lizenzierungsverfahren" sechs Punkte entzogen und den Club in arge Abstiegsgefahr gebracht hatten. Beim FC Schalke 04 untersucht der Ligaverband, ob sich dort nach Erteilung der Lizenz für die laufende Saison 2009/2010 die finanzielle Lage geändert hat. Im Gegensatz zu den vier vorangegangenen Spielzeiten haben die Schalker in diesem Jahr einen internationalen Wettbewerb verpasst, der ihnen noch in der vergangenen Saison 30 Millionen Euro in die Kasse gespült hatte. Entgegen seinen Planungen hat der Verein kaum Transfererlöse erzielen können. Von den Topverdienern haben im Sommer nur Orlando Engelaar und Mladen Kristajic Schalke verlassen. Von Magath aussortierte Profis wie Albert Streit, der eine Jahresgage von zwei Millionen Euro kassiert, gelten als Ladenhüter.

Zudem belasten Magath und sein von ihm auf Schalke installierter Trainer- und Personalstab den Vereinsetat mit jährlich zehn Millionen Euro. Schalke wollte diese Zahlen weder bestätigen noch dementieren. "Zu Vertragsinhalten nehmen wir keine Stellung", erklärte Finanzvorstand Peter Peters auf Anfrage. Auch die DFL hält sich über den Inhalt ihrer Finanz-Nachprüfungen bei Schalke bedeckt. "Zu individuellen Clubentscheidungen geben wir keine Auskunft", erklärte DFL-Vorstandsmitglied Christian Müller. Dem Ligaverband ist offenkundig nicht verborgen geblieben, dass es in den letzten Monaten auf Schalke immer wieder zu Liquiditätsengpässen gekommen ist. Dies belegen auch dem Tagblatt vorliegende Unterlagen und Dokumente. In einem als "streng vertraulich" gekennzeichneten "Memorandum" vom 31. August 2009 an die Aufsichtsrats-Führung des Fußball-Bundesligisten nennt einer der Schalke-Anwälte als Ziel neuer Finanzierungskonzepte "die Abwendung der Insolvenz". Inzwischen hat Schalke diesem Anwalt fristlos das Mandat gekündigt.

Doch die Finanzprobleme sind erkennbar geblieben. Bei der Bedienung der so genannten "Schechter-Anleihe", die Schalke im Jahre 2003 vor allem zur Arena-Finanzierung aufgenommen und dafür Mediengelder und Ticketeinnahmen verpfändet hatte, soll es in der Vergangenheit zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein.

Der in London residierende US-Banker Stephen Schechter, der die Anleihe-Investoren der "Prudential Trustee Company Limited" vertritt, beschwerte sich am 30. September 2009 unter dem Aktenzeichen 78PDT044 "streng privat und vertraulich" bei Schalkes Aufsichtsratschef Tönnies über "Vertragsbrüche der Anleihevereinbarung".

Der "schwerwiegendste" Verstoß, schreibt Schechter an den "lieben Clemens", sei die Entnahme von Anleihegeldern durch den Schalker Finanzvorstand Peters. Der amerikanische Finanzmakler forderte Tönnies auf, "diese Vertragsbrüche abzustellen", andernfalls hätte dies "die sofortige Fälligstellung der Anleihen" mit insgesamt 102,8 Millionen Euro inklusive der Vorfälligkeitsentschädigungen zur Folge. Peters nimmt die Vorwürfe nicht ernst: "Schechter ist nicht unser Vertragspartner, sondern war nur der Vermittler."

Ungereimte Ein- und Auszahlung von 883.265 Euro

Im Nachlizenzierungsverfahren werden die Schalker zu einigen dubiosen Finanz-Transaktionen bei der Anleihe unbequeme Fragen klar beantworten müssen. Nach den dem Tagblatt vorliegenden Unterlagen zahlte Schalke auf eines der Anleihekonten ("Ticket Collection A") bei der WGZ Bank Düsseldorf am 2. September 2009 einen Betrag von 883.265 Euro ein und hob dieses Geld noch am gleichen Tag wieder ab. Hat der Bundesligist hier Kontenkosmetik zur Täuschung der Anleihe-Investoren betrieben? Peters versichert: "Nein".

Undurchsichtig bleibt auch eine weitere Transaktion. Am 1. Oktober 2009 flossen über Einzahlungen bei der Münsteraner WGZ-Filiale auf die Anleihekonten "Media Collection A" rund 3,8 Millionen Euro und auf "Ticket Collection A" 883.265 Euro, exakt jener Betrag der am 2. September zu- und dann wieder abgebucht wurde. Am Tag der hohen Kontozuflüsse von 4,7 Millionen Euro hatte die "Financial Times Deutschland" bei Schalke angefragt, ob es zutreffe, dass die Anleihekonten der "Prudential Trustee Company Limited" vorschriftswidrig leer seien. War die Transaktion eine Reaktion auf die Recherche-Anfrage?

Am 2. Oktober 2009 erklärte Aufsichtsratschef Tönnies gegenüber der "Bild"-Zeitung: "Die Anleihe-Töpfe sind gefüllt." Hat der steinreiche Fleischfabrikant den klammen Schalkern mit einem verdeckten Kredit aus der Klemme geholfen? "Nein, nein, nein", versicherte Peters gleich dreifach. Tönnies selbst hat auf eine entsprechende Recherche-Anfrage nicht geantwortet. Nach dem Auswärtssieg in Stuttgart ließ der Aufsichtsratschef zur Finanzlage auf Schalke lediglich verlauten: "Ich schlafe ganz ruhig. Mein Puls geht nur hoch, wenn Schalke gewinnt." Tönnies muss seit Wochen einen unruhigen Puls haben.

Wer ist dieser Stephen Schechter eigentlich?

Der Mann, der für viele Vereine zum rettenden Engel wurde, residiert im vornehmen Londoner Stadtteil Mayfair. Gleich um die Ecke von Sothebys und der neuesten Rolls-Royce-Vertretung. Hinter einer geputzten Fassade ein kleines Büro, 50 Quadratmeter. Darin schwere Schreibtische aus dunklem Holz für die vier Mitarbeiter der Firma Schechter & Co. Ltd. Eine „Finanzierungsboutique“ nennt Stephen Schechter seine Firma. Termine nur nach Absprache. Nicht einmal ein Messingschild hängt an der Haustür.

In Fußballkreisen wird der 59 Jahre alte Amerikaner auch der „Pate der Anleihenfinanzierung“ genannt. Ein halbes Dutzend englischer Klubs hat sich mit seiner Hilfe saniert. Sein Prinzip ist einfach: Schechter, seit 40 Jahren an der Wall Street und in der Londoner City im Geschäft, geht zu Versicherungen oder Pensionsfonds, sammelt dort das Geld ein, und der Fußballklub verpfändet – als Sicherheit für die Geldgeber – einen Teil seiner Einnahmen über einen Zeitraum von zwanzig oder dreißig Jahren. Auf diese Weise erhielt der FC Schalke 85 Millionen Euro; wohlgemerkt, um damit alte Kredite abzulösen.

Um an Schechters Geld zu kommen, müssen Fußballvereine vor allem eines beachten: Geschäftsbereiche wie Kartenverkauf, Fanshop, Gastronomie, Sponsorenverträge und Fernsehrechte dienen Schechter und seinen Anlegern als Sicherheiten. „Wer einen Fußballklub führt, als ginge es nur um das Spiel, der kommt nicht weit“, meint er.

Das Geschäft mit Fußballvereinen wird von Banken im Allgemeinen als sehr riskant eingestuft, erst recht, wenn sie nicht zu den Spitzenklubs gehören. Entscheidend für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines Klubs ist, genau wie beim Häuslebauer, die Höhe seines Eigenkapitals. Bei den deutschen Profiklubs ist die Eigenkapitaldecke, vor allem im Vergleich zur englischen Premier League, traditionell dünn. Um die Eigenkapitalquote in der Bilanz und damit die Kreditwürdigkeit zu erhöhen, kann ein Verein gegenwärtige oder zukünftige Zahlungsansprüche gegenüber Dritten (zum Beispiel Zuschauereinnahmen) an einen Investor übertragen.

Darauf spezialisierte Finanzmakler, wie der Londoner Stephen Schechter, verbriefen diese Forderungen als Wertpapiere und verkaufen sie an vorwiegend instutionelle Anleger auf dem Kapitalmarkt. Die zukünftig erwarteten Einnahmen aus diesen Forderungen dienen dabei als Sicherheit. Diese Form der Anleihe kommt daher im Grunde nur für umsatzstarke Klubs mit konstant hohen Zuschauerzahlen in Frage. Nach der Höhe und den Schwankungen der Zuschauereinnahmen richtet sich auch der Zins für die Finanzierung. Schalke 04 hat als erster deutscher Klub insgesamt 85 Millionen Euro über eine so genannte Schechter-Anleihe aufgenommen und im Gegenzug die Zuschauereinnahmen über 24 Jahre beliehen.

Mit dem frischen Kapital löste Schalke vor allem bereits bestehende Kredite ab und hat nun eine langfristig gesicherte Finanzierung aus einer Hand. Insgesamt haben 13 Vereine in Europa eine ähnliche Anleihe aufgenommen (Stand: Mai 2004). Dass sie kein Allheilmittel ist, zeigen die inzwischen insolventen Schechter-Kunden AC Florenz und Leicester City. Bei beiden standen Klub und Investoren am Ende mit leeren Händen da.

Schechter schlägt Verkauf der StadionKG vor

Als Ausweg aus der Schalke-Krise schlägt der US-Bankier Stephen Schechter in dem "streng vertraulichen" Brief an Tönnies den "Verkauf von Aktien der StadionKG" vor. Das soll mehrere zehn Millionen Euro bringen.

Die StadionKG betreibt die weitgehend vereinseigene Arena auf Schalke, die 2008 knapp 1,3 Millionen Euro Überschuss erwirtschaftet hat. Für 2009 wird mit fast genauso hohem Gewinn gerechnet.

Zuvor müsste Schalke nach Ansicht von Insidern, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt, die kleineren Anteilseigner der Stadion KG herauskaufen. Als weitere Kommanditisten werden in internen Unterlagen auch Aufsichtsratschef Tönnies und dessen Sohn, Schalke-Geschäftsführer Peter Peters, Ex-Manager Rudi Assauer, Ex-Präsident Josef Schnusenberg und eine Baufirma von Walter Hellmich, Klubvorstand des MSV Duisburg, genannt. Die Hellmich-Firma hat das Stadion errichtet.

Ausweichende Antworten

Schalke 04 antwortete auf eine Anfrage der Süddeutschen Zeitung zu diesem Schechter-Vorstoß unter anderem, "die Stadion KG ist keine Aktien-, sondern eine Kommanditgesellschaft". Ansonsten hielt sich der Verein bedeckt. Die Arena wird schon jetzt genutzt, um die Vereinskasse außerplanmäßig aufzufüllen. Internen Papieren zufolge hat Schalke 04 zwei der StadionKG gewährte Kredite über 5,1 Millionen Euro vorzeitig gekündigt. Das Geld soll in Raten bis Mitte 2010 an den Klub zurückgezahlt werden.

Schalke 04 erklärte dazu, zwischen Stadion KG und Verein bestünden zahlreiche Verträge, "die alle ordnungsgemäß erfüllt werden". Auch die Frage, welche andere Lösungen neben der Schechter-Idee diskutiert werden, um die öffentlich bekannte Lücke von 20 bis 30 Millionen Euro bis zum Jahresende zu schließen, beantwortete der Klub ausweichend. Man habe für das laufende Geschäftsjahr keinerlei Zahlen veröffentlicht oder bestätigt: "Insofern kann es keine öffentlich bekannte Lücke geben."

Quelle: GoMoPa (www.gomopa.net / Siegfried Siewert)

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