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Kritische Richter und Staatsanwälte:

Freigeschaltet am 01.09.2025 um 18:32 durch Sanjo Babić
Bild: KRiStA / Eigenes Werk
Bild: KRiStA / Eigenes Werk

Von Corona-Aufarbeitung ist viel die Rede. Inzwischen wollen sogar die Täter des Corona-Unrechts Aufarbeitung, nicht zuletzt, um sich anschließend gegenseitig zu bescheinigen, dass sie doch eigentlich alles ziemlich richtig gemacht haben – mit dem Wissen von damals. Aber auch wenn man davon absieht und sich auf ernsthafte Bemühungen konzentriert, bleibt nicht viel Ermutigendes. Dies berichtet Thomas-Michael Seibert vom Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte (KRiStA).

Man kann sich zwar damit trösten, dass eine Tätergeneration historisch noch nie in der Lage war, irgendetwas aufzuarbeiten. Aufarbeitungen, die das Wort verdienen, beginnen 30 Jahre später. Allerdings kann man in der Zwischenzeit etwas anderes Nützliches tun, nämlich wenigstens davon absehen, das Unrecht zu vertiefen. Dazu aber lässt sich im Augenblick nur Trauriges berichten.

Am 11. August 2025 hat der Arzt Dr. Heinrich Habig eine Haftstrafe von drei Jahren im Gefängnis antreten müssen. Sie beruht auf zwei Verurteilungen durch Teilurteile des Landgerichts Bochum. Teilurteile waren in Strafsachen früher unbekannt. Im Fall sind sie trotzdem ergangen, und zwar wegen  Ausstellens falscher Gesundheitszeugnisse in ca. 200 Fällen. Die ausgeurteilte Freiheitsstrafe beträgt jeweils über zwei Jahre, aus denen eine Gesamtstrafe gebildet werden musste. Habig hat Impfbescheinungen ausgestellt, die nach dem Wissen von damals nicht hätten ausgestellt werden sollen. 

Erinnert sich jemand?

Da gab es 3G-, 2G- oder 2G Plus-Regeln oder Tests und Nachweisanordnungen für die Teilnahme am öffentlichen Leben. Weiß man noch, wozu sie dienten? Hat man ermittelt, was sie bewirkt haben, überdacht, welche Grundlage sie hatten und vor allem: wie lange sie wo jeweils galten? Das konnte nicht einmal das BVerfG, das anstelle eigener Begründungen auf die formale Reputation angeblicher Sachverständiger und Sachverständigenräte verwiesen hat. Alle diese merkwürdigen, aus heutiger Sicht ohne sachliche Grundlage beschlossenen und verordneten Normen galten nur zeitweise. Sie wurden jeweils für begrenzte Dauer beschlossen und dann außer Kraft gesetzt.

Für die Strafverfolgung der Unbotmäßigen gilt das aber nicht. Über das Verfahren, die Hauptverhandlungen und das wesentliche erste Teilurteil gegen Heinrich Habig hat der Kontrafunk bereits vor zwei Jahren ausführlich berichtet. Ich selbst habe das Urteil als Skandal bezeichnet und dessen Aufhebung in der Revision vorhergesehen. Ich lag falsch. Allerdings haben wir nicht erfahren, in welchen Punkten. Denn von den vielen skandalösen Umständen des Verfahrens und der Verurteilung berichtet die Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs nichts. Es handelt sich um einen sog. OU-Beschluss – „offensichtlich unbegründet“ soll das heißen, als „offensichtlich ungelesen“ übersetzen das seit ehedem die Spötter. Es ist selbst ein Skandal, mit der Behauptung, eine Sache sei „offensichtlich unbegründet“ und man müsse eine eigene Begründung trotz sichtbarer Merkwürdigkeiten nicht abgeben, zu operieren.

Aber Skandalisierung hat im Rechtsstaat natürlich nichts zu suchen. Wir erleben nur dessen andere Seite. Normalerweise dominiert im Begriff „Rechtsstaat“ die bürgerfreundliche Vorstellung. Das Recht sollte den Staat bestimmen – so dachten es sich die Aufklärer. Es kann aber auch umgekehrt sein, und dann bekommt der Begriff eine autoritäre, bürgerfeindliche Bedeutung. Will sagen: Im Rechtsstaat bestimmt allein der Staat, was Recht ist. Durch den Prozess der Gesetzgebung verliert das Recht jede Eigenständigkeit, es ist staatsabhängig und das Volk hat dazu nichts mehr zu sagen. Man nennt das juristisch „Positivismus“, und solcher Positivismus führt in Fällen wie dem Habigs dazu, dass der Staat im Irrtum feststeckt.

Es werden zwei Teilurteile einer einheitlichen Hauptverhandlung begründungslos bestätigt und vollstreckt. Aus zwei Urteilen von jeweils über zwei Jahren wird eine Gesamtstrafe von drei Jahren. Habig saß bereits 16 Monate in Untersuchungshaft, und was das heißt, hat er selbst in einem Interview geschildert. Untersuchungshaft ist schlimmer als Strafhaft und das sollte Folgen haben. Nach § 57 StGB kann die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit zu verantworten ist. 

Die Zeit läuft also, in der die Justiz – wenn sie schon Unrecht nicht aufarbeiten will – darauf hinwirken kann, dass die weitere Vollstreckung von Freiheitsstrafen unterbleibt. Wenn jemandem wie Heinrich Habig Übles widerfährt, gibt es im Alltag zwar Zeitgenossen, denen das gefällt, und man darf spekulieren, was dahinter steckt: Schadenfreude, Sadismus, Rache oder was das Repertoire der Laster sonst noch zu bieten hat. Aber Richter halten sich von solchen Gefühlen ja wohl fern. Jedenfalls lehrt das die strafrechtliche Ausbildung. Vielleicht wirkt diese Ausbildung wenigstens in die Strafvollstreckung hinein. Heinrich Habig ist eine racheunabhängige Strafvollstreckungskammer zu wünschen, die in allernächster Zeit die vorzeitige Strafaussetzung zur Bewährung beschließt. Das wäre zwar keine Aufarbeitung, aber ein kleines Zeichen der Menschlichkeit in einem unverstandenen Aufarbeitungsbetrieb."

Quelle: Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte (KRiStA)

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