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Altersgrenze von 70 Jahren wird für Anwaltsnotare aufgehoben

Freigeschaltet am 23.09.2025 um 15:01 durch Sanjo Babić
Das deutsche Bundesverfassungsgericht.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht.

Foto: Urheber
Lizenz: GFDL
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Am 25. März 2025 verhandelte das Bundesverfassungsgericht die Klage eines Juristen aus Nordrhein-Westfalen gegen die in der Bundesnotarverordnung festgelegte Altersgrenze von 70 Jahren für Notare. Zur Einschätzung hatte das Gericht Stellungnahmen von Alterswissenschaftler erbeten, unter anderem vom Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA). Heute verkündete das Bundesverfassungsgericht das Urteil: Die Altersgrenze für Anwaltsnotare ist unzulässig; die mit der Verfassung unvereinbar erklärten Regelungen der Bundesnotarordnung sind nur noch bis zum 30. Juni 2026 anwendbar.

In der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes heißt es: "Der Gesetzeszweck, die Rechtspflege vor Gefahren durch die altersbedingt nachlassende Leistungsfähigkeit von Notarinnen und Notaren zu schützen, wird durch die Altersgrenze ebenfalls nur zu einem geringen Grad erreicht. In den im Verfahren abgegebenen alternswissenschaftlichen Stellungnahmen wird übereinstimmend hervorgehoben, dass der kognitive Alterungsprozess stark individuell geprägt ist und im Notarberuf keine verallgemeinerungsfähigen Zusammenhänge zwischen dem Lebensalter und der beruflichen Leistungsfähigkeit bestehen. [...] Diesen Gegebenheiten wird die Altersgrenze nicht gerecht, indem sie sämtliche Amtsträger mit dem siebzigsten Lebensjahr ausschließt, ohne dass deren persönliche Disposition berücksichtigt wird."

Damit findet in der Entscheidung auch die Stellungnahme des DZA zur Altersgrenze im Notarberuf Berücksichtigung. In der Stellungnahme wird herausgearbeitet, dass bei der Bewertung der kognitiven Fähigkeiten zwischen kristalliner und fluider Intelligenz unterschieden werden muss. Die kristalline Intelligenz umfasst Fähigkeiten und Kenntnisse, die stark auf Erfahrungen beruhen und die im Langzeitgedächtnis gespeichert sind. Sie nimmt tendenziell bis ins höhere Alter zu oder bleibt zumindest stabil. Mit Blick auf den Notarberuf wären das zum Beispiel Rechtswissen, Erfahrungswissen und Verhandlungsgeschick. Bei der fluiden Intelligenz dagegen geht es vor allem darum, wie schnell Informationen im Hier und Jetzt verarbeitet werden können - etwa um komplexe juristische Sachverhalte zügig zu erfassen. Aus der Forschung wissen wir, dass die fluide Intelligenz im Mittel schon ab der dritten Lebensdekade abnimmt. Darüber hinaus spielen bei der Arbeit von Notaren natürlich auch sprachliche Fähigkeiten eine wichtige Rolle - von denen ist bekannt, dass sie im Alter stabil bleiben.

Steigendes Erfahrungswissen und stabile sprachliche Fähigkeiten stehen somit einer sinkenden Verarbeitungsgeschwindigkeit im Alter gegenüber. Sollte uns das im Hinblick auf die Berufsfähigkeit älterer Notaren Sorgen machen? Keineswegs, denn Menschen unterscheiden sich sehr stark in ihrem kognitiven Alterungsprozess. Verallgemeinernde Zweifel an der Berufstauglichkeit ab 70 Jahren sind daher unbegründet. Und selbst wenn sich in Labortests Alterseinbußen in der kognitiven Leistung zeigen, spiegeln sich diese nicht 1:1 in unserer Alltagsleistung wider - Laboraufgaben unterscheiden sich doch recht deutlich von den Aufgaben einer Notarin oder eines Notars. Hinzukommt, dass Alterseinbußen in der kognitiven Leistung durch Expertise kompensiert werden können. Diese Kompensationsstrategien können umso erfolgreicher eingesetzt werden, je größer die sogenannte kognitive Reserve einer Person ist. Da sich unter anderem höhere Bildung und ein kognitiv anregender Lebensstil positiv auf diese kognitive Reserve auswirken, kann vermutet werden, dass gerade Notar*innen besonders lange leistungsfähig bleiben.

Dr. Jenna Wünsche, Autorin der Stellungnahme des DZA, folgert daraus: "Die empirische Forschung liefert keine Hinweise darauf, dass ab einem bestimmten Alter kognitive Leistungseinbußen die berufliche Leistungsfähigkeit von Notaren substanziell beeinträchtigen könnten. Vielmehr deuten die Studien darauf hin, dass die kognitive Alterung stark individuell geprägt ist und dass es keine konsistenten Zusammenhänge zwischen Alter und beruflicher Leistung gibt. Sicherlich gibt es auch nachvollziehbare Gründe für die Festlegung einer Altersgrenze im Notarberuf - die Forschung zur kognitiven Alterung bietet jedoch keinerlei Rechtfertigung für eine starre Altersgrenze. Insofern begrüßen wir die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts."

Quelle: Deutsches Zentrum für Altersfragen (ots)

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