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BGH erlaubt Zutrittsbeschränkungen wegen zu hohem Alter bei Veranstaltungen

Archivmeldung vom 06.05.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.05.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Ehemaliges Erbgroßherzogliches Palais, heute Hauptgebäude des Bundesgerichtshof (BGH)
Ehemaliges Erbgroßherzogliches Palais, heute Hauptgebäude des Bundesgerichtshof (BGH)

Foto: ComQuat
Lizenz: CC BY-SA 3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der Bundesgerichtshof hat die Klage eines Mannes abgewiesen, der 2017 bei einer Musikveranstaltung in München am Einlass als „zu alt“ aussehend abgewiesen wurde. Im Gegensatz zum absoluten Diskriminierungsverbot wegen Ethnie oder Rasse, könne ein Veranstalter einer Musikparty für Jugendliche den Zugang entsprechend altersgerecht regulieren. Dies berichtet das russische online Magazin „SNA News“ .

Weiter ist auf deren deutschen Webseite dazu folgendes geschrieben: "Der damals 44-jährige Münchener wollte im August 2017 zum „Isar Rauschen“ auf der Praterinsel in München. Am Einlass wurde er abgewiesen mit der Bemerkung, er sehe zu alt aus. Das empfand der Mann naheliegender Weise nicht nur als verletzend, sondern als diskriminierend. Er klagte auf Schadenersatz. 1000 Euro wollte er von dem Veranstalter haben.

Doch schon die Amtsrichterin wies ihn darauf hin, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) durchaus auch unterschiedliche Behandlung von Menschen aufgrund ihres Alters ermöglicht. Allerdings nur bei einem sachlichen Grund. Und eine Musikveranstaltung, die vom Organisator ausdrücklich als eine Freiluftparty für Menschen im Alter zwischen 18 und 28 Jahren ausgewiesen wird, könne sehr wohl den Zutritt vom Alter der Gäste abhängig machen. Dennoch klagte der Mann bis zum Bundesgerichtshof.

Wenn Veranstaltungen eine klare Altersgrenze haben, sind Zutrittsbeschränkungen wegen des Alters möglich

Der hat nun noch einmal ausdrücklich die Bestimmungen des Paragraphen 20 AGG bestätigt und geurteilt, dass der verklagte Musikveranstalter korrekt gehandelt hat. Das heißt, wo U30 draufsteht, können Ü30-Personen am Einlass abgewiesen werden. Wenn der Veranstalter bei einer solchen Veranstaltung mit unterschiedlichen Altersgruppen dennoch kein Problem hat, ist auch das sein gutes Recht. Natürlich gilt das auch umgekehrt, also mögliche Zugangsbeschränkungen für Ü30 oder Ü50 Veranstaltungen für jüngere Semester.

Rechtlich ist also alles geklärt, wobei noch unklar ist, ob der Mann nun auch noch das Bundesverfassungsgericht anruft.

Schleichende Altersdiskriminierung ist aber ein Problem in Deutschland

Denn mehr als ein unangenehmer Beigeschmack bleibt nach diesem Urteil. In der Gesellschaft mehren sich die Situationen, in denen das Alter von Bürgern relevant wird für ihre gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft.

Beispiel Finanzen.

Menschen jenseits der 50 und vor allem Rentner haben keine unerheblichen Probleme, preisintensive Einkäufe über Konsumentenkredite zu finanzieren, selbst, wenn sie eine tadellose Schufa-Auskunft und ein stattliches Guthaben auf ihrem Konto haben, das sie aber aus grundsätzlichen Gründen gerne zusammenhalten möchten. Wenn sie Konsumentenkredite erhalten, dann häufig zu schlechteren Konditionen. Gleiches gilt für Versicherungen, wo das Alter immer häufiger zu höheren Prämienzahlungen führt, selbst für Reiserücktrittsversicherungen mit äußerst überschaubarer Vertragsdauer.

Beispiel Beruf.

Menschen, die älter als 50 Jahre sind, gelten – allen gegenteiligen und in Medien verbreiteten Beteuerungen von Politik und Wirtschaft zum Trotz – immer noch als erste Kandidaten für betriebsbedingte Kündigungen und haben danach – ebenfalls allen Jubelmeldungen über einen Anstieg der Erwerbsquoten älterer Arbeitnehmer zum Trotz – größte Probleme wieder eine Anstellung zu finden, die ihrer Berufserfahrung und ihrem bisherigen Einkommensniveau entspricht. Ältere Arbeitnehmer gelten als Kosten- und Risikofaktor wegen möglicher häufigerer Erkrankungen. Ältere Arbeitnehmer gelten aber auch aufgrund ihrer Lebens- und Berufserfahrung als nicht so devot und konfliktfreudiger gegenüber Entscheidungen von Geschäftsführungen, auch wenn dieser Aspekt nur hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen wird. Offene Altersdiskriminierung besteht beispielsweise bei Verbeamtungen in Nordrhein-Westfalen, wo Menschen, die älter als 36 sind, nicht mehr verbeamtet werden. In Hessen liegt diese Altersgrenze erst bei 51. Häufig wird älteren Menschen auch die Weiterbeschäftigung über das Renteneintrittsalter verwehrt. Der 5. Altersbericht der Bundesregierung offenbarte 2005, dass mehr als 40 Prozent der deutschen Unternehmen keine Menschen mehr beschäftigten, die älter als 41 sind.

Beispiel Rente.

Menschen im Hartz-IV-Bezug, die das 63. Lebensjahr erreichen und auch weiterhin als nicht vermittelbar gelten, werden durch das Jobcenter häufig in die Frühverrentung gezwungen, mit den damit verbundenen drastischen Abschlägen. Auch verschiedene höchstrichterliche Urteile, die verschiedene Ausnahmeregeln festlegten, konnten die zutiefst ungerechte und unfaire Praxis nicht grundsätzlich beenden.

Beispiel Medizin

Frauen müssen ab dem 70. Lebensjahr Mammographien selbst bezahlen, weil wie selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass sie sowieso nicht mehr lange leben. Die gnadenlose Kommerzialisierung des Gesundheitswesens in Deutschland hat dazu geführt, dass immer häufiger und immer offener die Notwendigkeit medizinischer Leistungen für bestimmte Altersgruppen nicht mehr unter dem Aspekt diskutiert wird, was dem Patienten nützt, sondern was weniger Kosten verursacht, also Profite schmälert, ob eine OP denn wirklich noch sein müsse.

Es gebe weitere Beispiele.

Der Fairness halber muss aber noch einmal daran erinnert werden, dass für das Urteil des Bundesgerichtshofes, diese Diskussionen nicht relevant waren, da der Gesetzestext und die Fallkonstellation eindeutig waren und sind. Aber sollte der Kläger zum Bundesverfassungsgericht weiterziehen, wofür es derzeit allerdings keinerlei Anhaltspunkte gibt, könnten diese ganz grundsätzlichen Debatten über Altersdiskriminierung vielleicht doch noch mal eine größere Rolle spielen. Aber das ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt reine Spekulation."

Quelle: SNA News (Deutschland)

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