Ausländerrecht: Spionage bei Scheinehe – rechtswidrig aber doch verwertbar?
Archivmeldung vom 05.05.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBesonders intensiven und rechtswidrigen Ermittlungen von Ausländerbehörden gegen Personen die einer „Scheinehe“ verdächtigt werden, hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg mit Beschluss vom 25.04.2007, Az. 3 Bs 396/05, nunmehr einen Riegel vorgeschoben.
In der Praxis dürfte der Beschluss jedoch die Behörden eher dazu ermuntern, auch
zukünftig das Privatleben der Verdächtigten in einer Weise auszuspionieren, als
würde es sich um Schwerverbrecher handeln.
Zum Hintergrund: Ausländer,
die einen deutschen Staatsbürger heiraten und mit diesem tatsächlich eine
eheliche Lebensgemeinschaft führen, können in der Regel eine
Aufenthaltserlaubnis erhalten. Eine sogenannte „Scheinehe“ liegt vor, wenn eine
Heirat zwar formal stattgefunden hat, in Wirklichkeit aber keine grundgesetzlich
geschützte eheliche Lebensgemeinschaft geführt wird, sondern es den Beteiligten
ausschließlich um die Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile geht. Zur
Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen bedienen sich die Ausländerbehörden
umfangreicher Checklisten und führen üblicherweise Befragungen der Eheleute
durch - allerdings ohne damit absolute Sicherheit zu erhalten.
Auch im
konkreten Fall hatte die Ausländerbehörde Zweifel am Vorliegen einer ehelichen
Lebensgemeinschaft und beauftragte daher eine private Detektei mit umfassenden
Ermittlungen. Diese führte u.a. eine Videoüberwachung des Wohnhauses durch und
befestigte am Auto des Ehemannes einen GPS-Peilsender, mit dem jede Fahrt des
Betroffenen präzise aufgezeichnet und analysiert werden konnte. Im
abschließenden Bericht kam die Detektei zu dem Schluss, dass die Ehepartner
keinerlei Kontakt miteinander pflegten und getrennt wohnten.
Das OVG hat
diese Überwachungsmaßnahmen nunmehr als rechtswidrig angesehen und gleichzeitig
deren unmittelbare Verwertung im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren untersagt.
Gleichzeitig stellte das OVG jedoch fest, dass die rechtswidrig erlangten
Erkenntnisse aber Ausgangspunkt für weitere (rechtmäßige) Ermittlungen sein
dürfen.
„Die Ergebnisse einer rechtswidrigen Überwachungsmaßnahme bleiben in der Behördenakte und belasten die Betroffenen dauerhaft weiter“, erklärt die auf Ausländerrecht spezialisierte Rechtsanwältin Stephanie Weh aus Frankfurt die Problematik der Entscheidung. Die Entscheidung stelle insofern einen Freibrief für rechtswidrige Ermittlungen der Behörden dar, da sich für die Behörde bzw. deren Mitarbeiter keinerlei spürbare Konsequenzen ergeben. „Die richtige Vorbereitung auf den Umgang mit Ausländerbehörden bei bi-nationalen Ehen wird jetzt noch wichtiger, denn nur so kann ein Anfangsverdacht auf eine Scheinehe von vornherein vermieden werden.“
Quelle: Pressemitteilung Anwaltskanzlei Weh