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DDR-Traditionsunternehmen wird französisch

Archivmeldung vom 15.01.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.01.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Eingelegte Gurken
Eingelegte Gurken

Bild von Photo Mix auf Pixabay

Zumindest östlich des Harzes und verstärkt auch darüber hinaus kennt jeder die Gurken aus dem Spreewald. Die Region ganz im Osten der ehemaligen DDR ist berühmt für ihre herzhaft eingelegten Gurken, die vor allem vom brandenburgischen Unternehmen Spreewaldkonserve Golßen kommen. Dieses ist nun an einen französischen Konzern verkauft worden, wie das russische online Magazin „SNA News“ berichtet.

Weiter heißt es hierzu auf deren deutschen Webseite: "Es gibt nicht viele DDR-Marken, die es geschafft haben, sich nach der Wende gegen die oft qualitativ besseren, aber vor allem glänzender verpackten Westprodukte zu behaupten. Manche von ihnen, wie Rotkäppchen-Sekt, Halloren-Kugeln, die Putzmittel Fit und Ata oder Bautzener Senf haben es sogar geschafft, nicht nur im Osten Marktführer zu bleiben, sondern zum Teil sogar die alten Bundesbürger zu überzeugen. In diese Kategorie gehört auch die Spreewaldgurke, traditionell eingelegt in Fässern im Spreewald. Der Erfolg der knackigen Gurke in zig Varianten hängt sicher auch mit der Popularität des Spreewaldes als Urlaubsregion bei Ost- und Westbürgern zusammen.

Westdeutscher Familienbetrieb übernimmt Ostmarke

Vermarktet wird die Spreewaldgurke inzwischen von vielen kleinen und großen Anbietern. Seit 1999 ist der Markenname Spreewälder Gurken sogar EU-weit geschützt. Der zentrale Produzent ist jedoch das Unternehmen Spreewaldkonserve Golßen.

Als die Treuhand Anfang der 1990er Jahre das „Tafelsilber“ der DDR verwaltete – böse Zungen sagen verscherbelte – gingen 85 Prozent des einstigen Volkseigentums an Westdeutsche, zehn Prozent an internationale Investoren und nur knapp fünf Prozent an Ostdeutsche, die sich trauten, ihre Betriebe auf einem rauen internationalen Markt weiterzuführen.

Spreewaldkonserve Golßen wurde nach der Wende von dem westdeutschen Geschwisterpaar Karin Seidel und Konrad Linkenheil, beide heute Mitte sechzig, übernommen. Sie wurden vor Ort akzeptiert und sind seit 30 Jahren quasi selbst zugezogene Ostdeutsche. Die jetzige Geschäftsabgabe begründen sie unter anderem damit, dass sie in der eigenen Familie keine Nachfolger gefunden haben.

„Auch aus diesem Grund war der Verkauf an ein starkes Unternehmen alternativlos, um die Zukunft des Betriebes zu sichern“, sagten sie dem „Handelsblatt“.

Marmelade schluckt Gurke

Käufer ist der französische Frucht- und Milchverarbeiter Andros, ebenfalls ein Familienbetrieb, allerdings bedeutend größer als Spreewaldkonserve Golßen. Kamen die Brandenburger im Geschäftsjahr 2019/20 auf rund 115 Millionen Euro Umsatz, so waren es bei Andros etwa zwei Milliarden Euro.

Andros ist unter anderem für die Edel-Konfitüren Bonne Maman bekannt. Die Franzosen übernehmen von den Golßenern auch deren ungarische Tochtergesellschaft Schenk és Társa Kft. Beide Standorte sollen erhalten bleiben. Über die Kaufsumme wurde nichts bekannt.

Traditionsbetrieb trifft auf Traditionsbetrieb

Die Vorfahren von Karin Seidel und Konrad Linkenheil waren bereits seit 1892 im Obstkonserven-Geschäft tätig. So war die Übernahme des ehemaligen VEB Spreewaldkonserve Golßen nach der Wende ein logischer Schritt für die Geschwister. Spreewaldkonserve wurde 1946 gegründet und später verstaatlicht. Auch wenn der Betrieb zu DDR-Zeiten voll ausgelastet war, waren die leckeren Gurken immer heißbegehrt und oft „Bückware“.

Die Tradition der sauer eingelegten Dillgurken aus dem Spreewald reicht jedoch weiter zurück. Schon in den 1870er Jahren fand Theodor Fontane, die Spreewaldgurke stehe an der Spitze der landwirtschaftlichen Produkte im Brandenburger Spreewald:

„Die Spreewaldprodukte haben nämlich in Lübbenau ihren vorzüglichsten Stapelplatz und gehen erst von hier aus in die Welt. Unter diesen Produkten stehen die Gurken obenan“, schreibt der Schriftsteller in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“.

Die Nummer eins im Osten

Bei der Spreewaldkonserve Golßen GmbH – bis auf das VEB (Volkseigener Betrieb) behielten die West-Geschwister den Namen gleich – werden aber nicht nur Gurken eingelegt. Mehr als 30 Obst- und Gemüsesorten von Gurken über Rotkohl bis Apfelmus werden in Golßen von etwa 200 Mitarbeitern und rund 220 Saisonkräften geerntet, verarbeitet und verpackt.Der Vertrieb erstreckt sich über ganz Deutschland und in über 30 weitere Länder. Bundesweit liegt das Traditionsunternehmen damit bei Obstkonserven auf Platz zwei, bei Gurkenkonserven ist es im Osten die Nummer eins und deutschlandweit die Nummer drei.

Geringe Marge, aber Erfolg soll weitergehen

Die Geschäfte liefen für das Familienunternehmen eigentlich gut in den letzten Jahren; der Umsatz stieg stetig. Allerdings verdient man nicht allzu viel an einem Glas Gurken. Der Jahresüberschuss betrug bei Spreewaldkonserve Golßen 2018 gerade einmal 1,4 Millionen Euro. So fügt sich das Familienunternehmen nun den Marktgesetzen und wird von einem größeren Konkurrenten geschluckt.

Der neue französische Eigentümer hat durchaus Erfahrung auf dem deutschen Markt. Bereits 1991 hatten sie mit der Marke Odenwald den deutschen Marktführer für „Obst im Glas“ aufgekauft. In Ostdeutschland gehört Andros außerdem das Milchwerk Elsterwerda mit der Marke „Mark Brandenburg“. Spreewaldkonserve Golßen wollen die Franzosen in seiner jetzigen Form erhalten.

„Wir werden die Erfolgsgeschichte von Spreewaldkonserve begeistert weiterschreiben.“ "

Quelle: SNA News (Deutschland)

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