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Lohndumping nicht alternativlos: Mindestlohn hat kaum Nachteile gebracht

Archivmeldung vom 08.08.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.08.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Lohntüte / Bezahlung / Geldscheine (Symbolbild)
Lohntüte / Bezahlung / Geldscheine (Symbolbild)

Bild: Alexandra H. / pixelio.de

Immer wieder ist beim Thema Mindestlohn eine Reihe von Einwänden zu hören. Beispielsweise seien Marktaustritte von Firmen sowie eine steigende Arbeitslosigkeit zu erwarten. Eine Studie hat nun Arbeitsmarktdaten aus den Jahren von 2010 und 2018 ausgewertet und kommt zu einem ganz anderen Ergebnis. Dies berichtet das Magazin "RT DE".

Weiter berichtet RT DE: "Hunderttausende Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel und die Abwanderung von Unternehmen sei zu befürchten – so oder ähnlich lauteten die Unkenrufe bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015. Mit ähnlichen Argumenten sträuben sich Arbeitgeberverbände, darunter die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Gesamtmetall wie auch der Handelsverband Deutschland (HDE), gegen die ab Oktober vorgesehene außerplanmäßige Anpassung des Mindestlohns, von der rund 8,6 Millionen Beschäftigte profitieren dürften, die bisher weniger als 12 Euro pro Stunde brutto verdienen, ein Großteil in ihren Hauptberufen.

Von den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gehören hierzulande laut dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung 18,7 Prozent zu den Geringverdienern mit einem Bruttoarbeitsentgelt unter 2.284 Euro. Fast jedes fünfte Beschäftigungsverhältnis ist davon betroffen. International gelten 60 Prozent des Mittleren Einkommens als Richtwert für ein angemessenes Mindestlohnniveau – davon ist Deutschland derzeit weit entfernt. Mit der "einmaligen Anpassung" auf 12 Euro pro Stunde würde Deutschland seine Rolle als relativer Nachzügler im internationalen Vergleich verlassen.

"Dieser Plan steht nicht für Beschäftigung, sondern gegen Beschäftigung", behauptet hingegen HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth, während BDA-Präsident Rainer Dulger eine politische Festsetzung des Mindestlohns moniert, ihn als "Staatslohn" bezeichnet und mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht droht.

Fakt ist jedoch, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Firmen in Deutschland durch den gesetzlichen Mindestlohn keineswegs leidet, sondern die Produktivität insgesamt sogar gestiegen ist, während zugleich die Kaufkraft enorm wächst, wie Studien zeigen.

Weder die Einführung des Mindestlohns Anfang 2015 noch seine erste Erhöhung im Jahr 2017 haben zu der befürchteten Vielzahl von Marktaustritten von Unternehmen geführt, wie eine aktuelle Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Mindestlohnkommission zeigt. Manche Branchen seien demnach teilweise sogar produktiver geworden.

"Hauptaspekt unserer Untersuchung waren die Lohnkostenerhöhungen, die durch den Mindestlohn verursacht werden und am Ende die Wettbewerbsbedingungen von Unternehmen beeinflussen", erläuterte der ZEW-Experte und Co-Autor der Studie, Moritz Lubczyk.

Analysiert hat das Team die Entwicklungen des Unternehmensbestandes, der Unternehmensdichte, der Markteintritte und Marktaustritte von Unternehmen, die Entwicklung der Arbeitsproduktivität sowie die Entwicklung der Marktkonzentration. Um die Entwicklungen beurteilen zu können, wurden die Daten seit dem Jahr 2010, also deutlich vor Einführung des Mindestlohns, bis 2018 herangezogen.

Zwar gaben der Studie zufolge einige Kleinstunternehmen mit bis zu vier Beschäftigten in Arbeitsmarktregionen auf, wo viele Mitarbeiter zuvor weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdienten. Gezeigt habe sich das vor allem in Ostdeutschland, wo der Bruttodurchschnittslohn im Jahr 2015 wesentlich niedriger gewesen sei als im Westen. Doch seien es eher unproduktivere Unternehmen, die den Markt verlassen, wie Lubczyk erklärt. Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit wurde jedoch nicht verzeichnet.

Nicht nur hatte der Mindestlohn kaum Auswirkungen auf Marktaustritte oder die Unternehmensdichte. Der Studie zufolge erhöhte sich vielmehr die Arbeitsproduktivität in Branchen, die besonders vom Mindestlohn betroffen waren, wie dem Wett- und Lotteriewesen oder der Werbebranche.

Das bedeutet, der Umsatz stieg im Verhältnis zu den eingesetzten Arbeitskräften. "Zum einen kann das damit zusammenhängen, dass Unternehmen verstärkt in Kapital, also Maschinen oder Technologien, investieren und somit ihre Arbeitskräfte produktiver einsetzen", erläuterte Lubczyk. Hinzu kommt: "Wenn vor allem weniger produktive Unternehmen aus dem Markt austreten, dann steigt die durchschnittliche Produktivität der gesamten Branche."

Zudem wachse die Kaufkraft durch den erhöhten gesetzlichen Mindestlohn um rund 9,8 Milliarden Euro im Jahr, wie das Eduard Pestel Institut für Systemforschung in Hannover errechnete.

Der gesetzliche Mindestlohn war zum 1. Januar 2015 mit einem Betrag von 8,50 Euro brutto pro Stunde eingeführt worden. Die erste Erhöhung erfolgte Anfang 2017 auf 8,84 Euro. Seit Juli dieses Jahres liegt die gesetzliche Lohnuntergrenze bei 10,45 Euro brutto pro Stunde. Das entspricht der Entscheidung der Mindestlohnkommission aus Vertretern von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Wissenschaft, die den Betrag regelmäßig anpasst. Zum 1. Oktober folgt aufgrund einer Entscheidung der Politik ein außerplanmäßiger einmaliger Sprung auf 12 Euro pro Stunde. Daneben gibt es in mehreren Branchen tarifliche Mindestlöhne."

Quelle: RT DE

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