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Deutsche Landesbanken unterhalten knapp 100 Beteiligungen in Delaware oder auf den Bermudas und den Caymans

Archivmeldung vom 28.06.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.06.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Trotz des parteiübergreifenden Kampfs deutscher Finanzpolitiker gegen Steuerflucht und die Steuergestaltung großer Konzerne unterhalten staatliche deutsche Banken immer noch über 100 Töchter und Beteiligungen in Steueroasen wie den Bermudas, den Cayman Islands, auf Jersey, im US-Bundesstaat Delaware, in Luxemburg und Irland. Dies ergab eine Recherche des Wirtschaftsmagazins 'Capital' (Ausgabe 7/2014).

Allein die Landesbanken von Baden-Württemberg (LBBW), Bayern (Bayern LB), Hessen und Thüringen (Helaba), Niedersachsen und Sachsen-Anhalt (NordLB) sowie von Hamburg und Schleswig-Holstein (HSH Nordbank) zählten dort Ende 2013 laut ihren letzten Geschäftsberichten knapp 100 Tochterunternehmen und Beteiligungen. Hinzu kommen in Delaware fünf Töchter der staatlichen Bad Bank FMS Wertmanagement, die die Altlasten der 2008 verstaatlichten Bank Hypo Real Estate abwickelt. Der US-Bundesstaat ist für seine besonders laxen Steuer- und Regulierungsvorschriften bekannt.

Die Ableger sind brisant, da sich gerade deutsche Landes- und Bundespolitiker seit einigen Jahren im Kampf gegen Steueroasen hervortun. Konzerne, die aus Steuer- oder Aufsichtsgründen ihre Geschäfte ins Ausland verlagern, werden heute gern scharf kritisiert. Anders als Steuerhinterziehung ist Steueroptimierung aber nicht illegal. Und trotz der harschen öffentlichen Kritik an privaten Unternehmen tolerierten vor allem Landespolitiker über Jahre die Geschäfte ihrer Landesbanken.

Meist handelt es sich auch bei den Ablegern deutscher Staatsbanken lediglich um Briefkasten¬firmen ohne eigene Mitarbeiter. Die eigentlichen Geschäfte werden weiter in den Zentralen ge¬macht, nur außerhalb des deutschen Rechtsraums. Welche Geschäfte die Banken genau über ihre Tochterunternehmen abwickeln und warum sie diese ausgerechnet über Steueroasen betreiben, erklären die Geldinstitute selbst auf Nachfrage nur vage. Ein Sprecher der LBBW etwa, die knapp 40 Tochtergesellschaften in Steueroasen unterhält, erklärte, über die Ableger verschaffe sich die Bank "den bestmöglichen Zugang zu den internationalen Geld- und Kapitalmärkten". Dennoch wolle sich die Bank heute von ihren Töchtern, die allesamt vor Ausbruch der Finanzkrise gegründet worden seien, wieder trennen. "Aus Sicht des heutigen Vorstands sind vergleichbare Aktivitäten weder geplant noch akzeptiert."

Wie schwer und langwierig sich die Auflösung der Geschäfte gestaltet, zeigt sich derzeit bei der Abwicklung der ehemaligen Westdeutschen Landesbank (WestLB) in Düsseldorf. Gegenüber nordrhein-westfälischen Landtagsabgeordneten erklärten die Chefs der WestLB-Nachfolgegesellschaft Portigon, sie könnten selbst nicht mehr nachvollziehen, warum ihre Vorgänger einst über 30 Töchter in Steueroasen gegründet hätten. Viele Mitarbeiter von damals hätten die Bank verlassen und stünden "als Wissensträger nicht mehr zur Verfügung", heißt es in einem Schreiben des heutigen Portigon-Chefs Kai Wilhelm Franzmeyer an den Finanzausschuss des Landtages. Ob und wenn ja wie die Bank ihre Tochterunternehmen genutzt habe, um selbst Steuern zu sparen oder zumindest ihren Kunden dabei zu helfen, könne man nicht mehr klären. "Eine Erhebung derartiger Daten und ihre anschließende Bewertung stellt einen nicht darstellbaren Aufwand dar", heißt es in dem Schreiben weiter, das 'Capital' vorliegt. Allerdings fällt auf, dass die WestLB über Steueroasen nicht nur komplizierte Finanzinstrumente verkaufte, sondern hier auch Geschäfte mit Software-Lizenzen oder etwa einen Pensionsfonds für ausgesuchte eigene Mitarbeiter ansiedelte.

2012 wurde die Landesbank auf Druck der EU-Kommission zerschlagen und wird seither abgewickelt. Für die Verluste aus den Geschäften, die in die Milliarden gehen dürften, haftet der Steuerzahler. Vor dem eigens eingerichteten Untersuchungsausschuss des Landtags soll voraussichtlich am 23. Juni Ex-Ministerpräsident und Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück aussagen. Der SPD-Politiker gilt als einer der schärfsten Kritiker von Steueroasen und ihren Kunden. In seiner Zeit als Verwaltungsratsmitglied der WestLB von Herbst 1998 bis August 2002 gründete die Landesbank nach 'Capital'-Recherchen allerdings mindestens sieben Tochtergesellschaften in Irland, auf Jersey und den Cayman Islands.

Quelle: Capital, G+J Wirtschaftsmedien (ots)

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