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Wirtschaftswissenschaftler: Immobilienblase könnte neue Krise auslösen

Archivmeldung vom 01.11.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.11.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Thorben Wengert  / pixelio.de
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Nach Einschätzung des Stuttgarter Wirtschaftswissenschaftlers und Bankenberaters Professor Bernd Nolte entwickelt sich in Deutschland eine gefährliche Immobilienblase, die erneut Banken in Schieflage bringen könnte. Ursache sei, dass viele Kleinanleger aus Angst vor der Krise völlig überteuerte Immobilien auf Kredit kauften. Nolte sagte dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz": "Die derzeitige Immobilienblase dürfte zwischen zwanzig und vierzig Milliarden Euro, je nach wirtschaftlicher Situation, betragen." Es sei ein erheblicher Schaden für die Gesellschaft zu erwarten: "Wenn wir allein die Zahlen nehmen, die derzeit mit der Griechenlandkrise und anderen Krisen in den Raum geworfen werden, dann könnte die nächste kleine Griechenlandkrise in unserem Land selbst stattfinden." Es sei abzusehen, dass viele Anleger in einigen Jahren ihre Kredite nicht bedienen könnten, zum Beispiel weil sie mit der Anschlussfinanzierung zu höheren Zinsen überfordert wären. Es drohe ein "Desaster für die Mittelschicht und ein Desaster für viele Banken".

Nolte kritisiert in diesem Zusammenhang scharf die Rolle der Banken, die solche Immobilienkäufe finanzieren. "Das Verhalten dieser Banken ist nicht nur fahrlässig, sondern auch schuldhaft", denn, so Nolte weiter, "in dem Wissen, dass diese Dinge eines Tages nicht aufgehen werden, gibt es immer wieder welche, die dieses Geschäft auf Teufel komm raus fahren".

"Report Mainz" berichtet heute Abend, 1. November 2011, exemplarisch über einen Fall, bei dem vielfach die Deutsche Bank Immobilienkäufe finanziert hat. Ein Münchener Strukturvertrieb hatte Kleinanlegern dabei völlig überteuerte und teilweise marode Wohnungen in Leipzig sowie Bankkredite zur Finanzierung vermittelt. Die als Alterssicherung gedachten Immobilienanlagen erweisen sich aber für viele Anleger als Schuldenfalle und Armutsrisiko aktuell und im Alter. Neben der Deutschen Kreditbank wurden die Wohnungen vor allem von der Deutschen Bank finanziert.

Nach "Report Mainz" vorliegenden Gutachten sind die als saniert vermarkteten Häuser erneut sanierungsbedürftig. Zudem war im Kaufpreis eine zusätzliche Provision versteckt. Der bayerische Bauträger hat dem Strukturvertrieb Tectum AG für die Vermittlung der Wohnungen eine Binnenprovision von bis zu 25 Prozent des Kaufpreises gezahlt. Mittlerweise ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die insolvente Tectum AG und den bayerischen Bauträger wegen des Verdachts des Betruges.

Der Göttinger Anwalt Reiner Fuellmich, der seit 15 Jahren die Opfer von Schrottimmobilien vertritt, bewertet gegenüber "Report Mainz" die Rolle der Deutschen Bank bei den Leipziger Fällen wie folgt: "Die Deutsche Bank hat hier die tragende Rolle gespielt." Juristisch gesehen habe sich die Bank der "betrügerischen" Firmen bedient, um ihre Darlehen zu vermitteln: "Man geht dann von einer ständigen Geschäftsbeziehung oder einem institutionalisierten Zusammenwirken aus. Und daraus wiederum folgt eine Schadensersatzpflicht." Die Deutsche Bank erklärte auf Anfrage von "Report Mainz" Beleihungswerte würden grundsätzlich anhand von neutralen Datenbanken ermittelt. Aktuell lägen keine Reklamationen vor, man bemühe sich aber immer um eine individuelle Lösung.

Der Finanzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Gerhard Schick, kritisiert gegenüber dem ARD-Magazin, dass es immer noch eine gesetzliche Lücke für Kleinanleger gebe: "Es ist nach wie vor möglich über Finanzvertriebe, Menschen mit kleinen Einkommen zu verführen, so dass sie ihr Geld in eine kreditfinanzierte Schrottimmobilie legen und sich damit in kürzester Zeit ruinieren." Schick fordert, dass beim Verkauf von Immobilien im Massenvertrieb dieselben Regeln zum Schutz der Anleger gelten müssten, wie bei anderen Finanzanlageprodukten: "Als Gesetzgeber haben wir es nicht geschafft aus der Erfahrung der letzten Schrottimmobilienphase die Regeln so zu ändern, dass das nicht wieder passieren kann", sagt Schick, "wir müssen aufpassen, dass nach den Produkten des grauen Kapitalmarktes, nach den Zertifikaten jetzt nicht die Schrottimmobilien die neue Welle sind, mit der Menschen mit kleinem Einkommen über den Tisch gezogen werden."

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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