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Die Mücken sind los

Archivmeldung vom 19.05.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.05.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Michael Dahlke
Die Mücken sind los
Die Mücken sind los

Das Titelblatt der IG-Metall-Zeitung hat heftige Kritik hervor gerufen TELEPOLIS: berichtet

"Blackstone, KKR, Investcorp - Finanzinvestoren aus Amerika schlachten deutsche Unternehmen aus. Sie kaufen die Firmen, um sie kurz darauf mit Gewinn weiter zu veräußern. Rücksicht auf Menschen, Regionen oder Traditionen nehmen die amerikanischen Finanziers nicht. Wie Mücken saugen sie aus den Betrieben das Geld, um dann nach dem gleichen Muster weiter zu schwärmen. Leidtragende sind die Menschen."

Dieses Zitat stammt nicht vom SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering. Es ziert vielmehr das aktuelle Titelblatt von Metall, der Mitgliedszeitung der Gewerkschaft IG. Darunter hat ein Karikaturist dieses Zitat noch einmal zu verwerten versucht. Eine Mücke mit Frack und einen Zylinder in den Farben der US-Fahne hat sich in einen Schornstein fest gekrallt und saugt mit dem Rüssel zwischen den Steinen. Eine vollgefressene Mücke ebenfalls mit US-Fahne fliegt derweil mit einem dicken Geldkoffer und einem Rülpser davon.

Im Begleittext versucht der Kölner Publizist und Lehrbeauftragte Werner Rügemer den Sachverhalt dann noch einmal in der Sprache des linken Sozialdemokraten den Gewerkschaftsmitgliedern zu vermitteln. Da ist die Rede von den Tricks des Kapitals, von Investitionen ohne Arbeitsplätze. So weit - so unspektakulär. Das werden sich die Verantwortlichen von Metall auch gedacht haben, als sie die Idee zu dem Titelbild realisierten.

Wahrscheinlich haben sich die braven Gewerkschaftler gedacht, was der Müntefering kann, darf uns auch nicht verboten sein. Schließlich hat man es als linker Gewerkschafter unter einer von der SPD gestellten Regierung besonders schwer. So richtig vor das Schienbein treten, darf man ihr nicht, weil zu viele führende Gewerkschafter das SPD-Parteituch besitzen. Mit der Kapitalismuskritik muss man sich auch zurück halten, wo doch der Genosse der Bosse das Credo ausgegeben hat, dass es der Regierung und uns allen gut geht, wenn die Wirtschaft brummt. Also haben sich die Gewerkschafter die Chance nicht entgehen lassen, sich im Schatten von Müntefering auch mal was zu trauen. Wenn schon nicht den Kapitalisten als solchen, dann kann man wenigstens an den US-Konzernen mal so richtig sein Mütchen kühlen.

Wenn das Ziel der Karikatur gewesen sein soll, die IG-Metall-Zeitung, die in der Regel selten beachtet wird, bekannter zu machen, war der Coup schon erfolgreich. Selbst FDP-Chef Guido Westerwelle nannte bei seiner Gewerkschaftsschelte explizit das Blatt und warf ihm "Ausländerfeindlichkeit von links" vor. In einer aktuellen Stunde im Bundestag ging der FDP-Chef abermals auf die Gewerkschaftszeitung ein. "Die IG Metall, eine der größten Gewerkschaften in Europa und in der Welt, stellt die Amerikaner in dem Titelbild ihrer Zeitschrift als einen hässlichen Blutsauger mit amerikanischem Hut dar."

Das gab der IG-Spitze wiederum Gelegenheit zur schärfsten Waffe, der Presseerklärung, zu greifen. Ganz humorfrei wird Weste vorgeworfen, in der unsäglichen Tradition von Friedrich Merz zu stehen und sich vom demokratischen Diskurs verabschiedet zu haben. Nun war schon lange bekannt, dass sich Westerwelle mit dem CDU-Wirtschaftslobbyisten Merz in Sachen Gewerkschaftsfeindlichkeit das Wasser reichen kann. Doch das sagt wenig darüber aus, ob jeder Kritiker des Titelbildes Gewerkschaftsfeind sein muss. Denn auch Gewerkschaftslinke, die eigentlich in der Regel jede kapitalismuskritische Volte ihrer Vorstandsriege feiern, gehen auf Distanz.

"'Die Aussauger'. Und dazu die grinsende Mücke mit Zylinder, der mit der amerikanischen Nationalfahne umwickelt ist. Das könnte in dieser Form wirklich auch in einem rechtsextremen Blatt stehen. Der Vorstand der IG Metall, der für das Blatt verantwortlich ist, hat natürlich nichts mit den Rechtsextremen zu tun. Aber es herrscht offensichtlich eine völlige Unsensibilität in dieser Frage", erklärte ein Mitglied des Arbeitskreises Internationalismus der IG Metall Berlin in einem Interview. Er sehe sich mit dieser Meinung einig mit vielen Kollegen, die sich teilweise schon mit Leserbriefen an die Redaktion des Blattes gewandt haben. Der Kritiker äußert die Vermutung, dass die Gewerkschaftsspitze mit dieser Art der Kapitalismuskritik davon ablenken will, dass sie die HartzIV-Reformen letztlich mit unterstützte und damit bei ihrer Basis viel Zorn hervorgerufen hat. Da wollte man wohl mal etwas Dampf ablassen.

Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20110/1.html

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