Direkt zum Inhalt Direkt zur Navigation
Sie sind hier: Startseite Nachrichten Sport Boxstar Henry Maske: "Die Deutschen haben aus der Geschichte viel gelernt"

Boxstar Henry Maske: "Die Deutschen haben aus der Geschichte viel gelernt"

Archivmeldung vom 07.11.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.11.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Henry Maske Bild: JudithTB, on Flickr CC BY-SA 2.0
Henry Maske Bild: JudithTB, on Flickr CC BY-SA 2.0

Anlässlich des Jahrestages des Mauerfalls vor 25 Jahren sprach die Deutsche Sporthilfe mit Henry Maske, Preisträger der "Goldenen Sportpyramide" und Mitglied der "Hall of Fame des deutschen Sports", über seine Erinnerungen an den 9. November 1989 und die anschließende Wiedervereinigung, über Vorbilder und Idole und über Olympische Spiele in Deutschland.

Sie gelten als Integrationsfigur des wiedervereinigten Deutschlands. War Ihnen das während Ihrer sportlichen Karriere bewusst?

Man spürt natürlich die Resonanz, die man auslöst. Anfang der 90er war ich allerdings in den neuen Bundesländern nicht bei jedem beliebt, im Gegenteil, es herrschte mir gegenüber schon fast eine schlechte Stimmung. Aber ich habe den Menschen dann gezeigt, dass die Öffnung der Grenze und die Wiedervereinigung eine Chance war und dass man sich bewegen musste, um seinen zukünftigen Weg, der natürlich anders war als vorher, zu finden. 1993, nach meinem WM-Titel, wurde ich dann auch in Frankfurt/Oder mit großer Freude empfangen. Die Menschen waren stolz darauf, dass "einer von uns" es geschafft hatte. Es löste für Millionen Menschen in den neuen Bundesländern ein wenig das Gefühl ab, verloren zu haben. Die Kehrseite für mich als Identifikationsfigur war natürlich eine gewisse Last an Verantwortung, die ich - neben vielen anderen - zu tragen hatte.

Sie wurden aber nicht nur für die Menschen in den neunen, sondern auch in den alten Bundesländern ein Vorbild?

Vorbild ist vielleicht nicht das richtige Wort, Idol finde ich besser. Um jemanden als Vorbild zu bezeichnen, sollte man den Menschen tiefgründiger beurteilen können. Für mich ist beispielsweise Max Schmeling ein Vorbild, weil er bewundernswerte Charaktereigenschaften hatte, weil er in meinen Augen - in Vorbereitung auf meine schauspielerische Rolle habe ich mich sehr intensiv mit ihm beschäftigt - ein sehr verantwortungsbewusster Mensch war, sein Verhalten ist nachahmungswürdig, in vielen Dingen. Mohammed Ali war dagegen, weil ich ihm nicht so nahe kam wie Schmeling, für mich ein Idol. Und was die alten Bundesländer anbelangt: Hier gab es auf mich einen anderen Blick als von den Menschen aus den neuen Bundesländern. 1990 war Boxen im professionellen Bereich nicht vorhanden, auf der Interessenskala existierte die Sportart nicht. Aber ein ganze Reihe von Boxern weltweit haben bewiesen, dass man den Sport lieben kann. Vielleicht ist es kein Zufall, dass Mohammed Ali weltweit der bekannteste Sportler überhaupt ist. Und auch in Deutschland ist der beliebteste Max Schmeling. Aber Anfang der 90er war es nicht leicht, wir bekamen auch von den Journalisten anfangs viel Gegenwind. Aber dann war es angenehm zu merken, wie das Interesse wuchs, fast schon stündlich, so kam es einem vor. Eine ganze Gesellschaft hat sich dafür interessiert, unabhängig von Schichten. Damals gab es natürlich noch kein Facebook und die anderen sozialen Medien, aber ich glaube, wir hätten viele "Likes" bekommen.

Haben Sie denn auch noch konkrete Erinnerungen an den Tag des Mauerfalls am 9. November 1989?

Wir können uns noch sehr gut an den Moment erinnern, da ich mit meinem Trainer Manfred Wolke und meiner damaligen Freundin und heutigen Frau zusammen in Potsdam bei einem Forum war, heute würde man "Talkshow" sagen. Thema war mein erst kürzlich zuvor gewonnener WM-Titel. Plötzlich wurde es unruhig hinter uns, dann kam eine Kellnerin aus der Küche und rief, dass die Mauer offen sei. Alles was folgte, war sehr bewegend und unfassbar beeindruckend. Denn auch wenn heute viele im Rückblick sagen, dass die Entwicklung vorherzusehen war, sage ich, dass es definitiv eine nicht erwartete Möglichkeit war. Und der Umgang mit der Wiedervereinigung, bei allen Problemen die aufkamen und es zum Teil auch heute noch gibt, hat gezeigt, wie viel die Deutschen aus der Geschichte, aus dem 1. und 2. Weltkrieg gelernt hatten. Es ist beeindruckend, wie friedlich alles ablief.

Als einer des Jahrgangs von 1964 haben Sie nun 25 Jahre mit und 25 Jahre ohne die Berliner Mauer gelebt...

... und dann bekomme ich natürlich oft die Frage gestellt, was prägender war. Da kann ich nur antworten, was wohl die meisten Menschen antworten: dass die Kindheit die prägendste Zeit war. Und ich bin froh, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, die Erfahrungen aus der DDR-Zeit mitgenommen zu haben. Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass mich das bevorteilt. In der DDR mussten wir beispielsweise oft Wege finden, um Dinge möglich zu machen, weil es sie nicht einfach zu kaufen gab. Dann haben wir uns etwas einfallen lassen. Das hat die Kreativität befördert. Ich würde sagen, ich bin jetzt "zweisprachig", kenne die Zeit aus der DDR, aber inzwischen ebenso das Leben im "Westen".

So haben Sie auch die beiden Sportförderungssysteme mitbekommen bzw. als Mitgesellschafter der Deutschen Sportlotterie befassen Sie sich aktuell intensiv mit dem Thema?

Die Vorzüge des DDR-Sports lagen natürlich darin, dass der Sport dort sehr stark unterstützt wurde. Denn die Ressourcen, nämlich die sportbegeisterten Kinder und Jugendlichen, waren ja vorhanden. Für den Staat war es hier deutlich einfacher, anstelle beispielsweise in der Wirtschaft Erfolge zu erzielen. Als Kind hatte man die Chance, daraus etwas zu machen, weil sehr strukturiert, wissenschaftlich belegt und nachhaltig trainiert und unterstützt wurde. Dadurch war die Chance, erfolgreich zu sein, deutlich höher als im Westen - wenn man jetzt mal die ganze Dopingproblematik, die es ja inzwischen bekanntermaßen auch im Westen gab, wenn auch in einer anderen Form, hinten anstellt. Für mich persönlich ist es deshalb nicht verständlich, bei den Ressourcen, die wir nach wie vor haben, bei dem Interesse, das in der Bevölkerung vorhanden ist - das hat die Fußball-Weltmeisterschaft wieder gezeigt -, dass wir so wenig dafür tun. Was kann stärker bewegen als der Sport?! Über Generationen hinweg! Wir brauchen Vorbilder, nicht ausschließlich aus dem Sport, aber vor allem auch dort. Das ist für Kinder wichtig, um überhaupt Interesse zu wecken. Dafür muss man gezielt fördern und entwickeln, angefangen von den finanziellen Mitteln und den Strukturen. Wir in Deutschland sind sicherlich verwöhnt, haben hohe Ansprüche, was Erfolge angeht. Wenn wir es dem Zufall überlassen, dann können wir zukünftig auch nur zufällig Erfolge erringen. Hier müssen wir mehr tun, die Deutsche Sportlotterie ist ein Anfang.

Sind Sie für Olympische Spiele in Deutschland?

Sport ist schön. Zur Fußball-WM war ganz Deutschland elektrisiert, alles strahlte bei den Erfolgen. Deshalb bin ich überzeugt: Wir wollen Olympische Spiele. Aber da gibt es im Vorfeld viele Herausforderungen. Bei dem Versuch, die Winterspiele nach Deutschland zu holen, gab es sicherlich Argumente, die die Menschen nicht dafür stimmen ließen. Und die Angst, dass die Antwort in Berlin oder Hamburg gleich ausfallen könnte, ist nicht unbegründet. Aber man muss diese Angst nehmen und die Menschen begeistern. Dafür braucht es Enthusiasten, viele Franz Beckenbauers, die reisen und machen und tun. Und die überzeugende Argumente haben für Olympische Spiele in Deutschland.

Zur Person:

Henry Maske (*6. Januar 1964 in Treuenbrietzen) war als Amateur 1988 Olympiasieger, 1989 Weltmeister und dreimal Europameister. Ab 1990 führte er seinen Siegeszug als Profi weiter und entwickelte sich zu einer Leitfigur des vereinten Deutschlands. Maske siegte in 31 von 32 Kämpfen, gewann 1993 die Weltmeisterschaft des Verbandes IBF im Halbschwergewicht und verteidigte diesen Titel bis Ende 1996 zehn Mal. Damit begründete er den deutschen Box-Boom Anfang der 1990er Jahre. Wegen des typischen Boxstils und seines Auftretens in der Öffentlichkeit bekam er den Spitznamen "Gentleman". Nach dem Ende der aktiven Laufbahn stieg Henry Maske als Unternehmer erfolgreich in die Gastronomie ein und ist als Manager von zehn McDonald's-Filialen heute für mehr als 400 Mitarbeiter verantwortlich. Maske gründete 1999 eine nach ihm benannte Stiftung für Kinder und Jugendliche in schwierigem Lebensumfeld. Gefördert werden vor allem Bildungs- und Ausbildungsangebote, durch die Kinder und Jugendliche ein gewaltfreies und positives Lebensumfeld erhalten. Ein Engagement, für das Maske vielfach ausgezeichnet worden ist. Unter anderem ist er Träger des Bundesverdienstkreuzes und der Goldenen Sportpyramide, seit 2012 ist er zudem Mitglied der "Hall of Fame des deutschen Sports". Bei der Deutschen Sportlotterie gehört er zum Gesellschafterkreis.

Quelle: Stiftung Deutsche Sporthilfe (ots)

Videos
Daniel Mantey Bild: Hertwelle432
"MANTEY halb 8" deckt auf - Wer steuert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Mantey halb 8 - Logo des Sendeformates
"MANTEY halb 8": Enthüllungen zu Medienverantwortung und Turcks Überraschungen bei und Energiewende-Renditen!
Termine
Newsletter
Wollen Sie unsere Nachrichten täglich kompakt und kostenlos per Mail? Dann tragen Sie sich hier ein:
Schreiben Sie bitte endung in folgendes Feld um den Spam-Filter zu umgehen

Anzeige