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Arzneimittelrückstände im Wasser – ein weltweites Umweltproblem

Archivmeldung vom 29.06.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.06.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Andrea Damm / pixelio.de
Bild: Andrea Damm / pixelio.de

Medikamentenrückstände im Grundwasser, in Oberflächengewässern und im Trinkwasser wurden in der Umweltforschung spät entdeckt und bis heute in der Umweltpolitik kaum beachtet. Worin bestehen die Risiken und was kann dagegen getan werden? Mit diesem Thematik beschäftigt sich Karl Bruckmeier, in seinem Beitrag bei Radio "Stimme Russlands".

Hierin heißt es: "Medikamente, vor allem Schmerzmittel, werden in europäischen Ländern jährlich in großen Mengen verbraucht. Die normale Anwendung von Pharmaka hat neben ihrer heilenden Wirkung Umweltschäden zur Folge. Eingenommene Arzneimittel werden im menschlichen Körper nicht abgebaut, vielmehr zum großen Teil wieder ausgeschieden. Ihre Wirkstoffe gelangen durch das Abwasser in die Umwelt bzw. in den Wasserkreislauf, mit bisher wenig bekannten Risiken.

Erst seit den 1990er Jahren wird über Gesundheits- und Umweltschäden durch Rückstände von Pharmaka in Gewässern geforscht und verbesserte Messmethoden ermöglichen genauere Nachweise. Seit dem letzten Jahrzehnt reißt der Strom an beunruhigenden Nachrichten nicht ab. Im Bericht eines Forschungsprojekts in sieben europäischen Ländern aus dem Jahr 2006 ist zu lesen: Medikamentenrückstände finden sich in Flüssen, Seen, im Grundwasser, manchmal auch im Trinkwasser, das an die Verbraucher geliefert wird. Ein deutsches Forschungsprojekt zeigte, dass die herkömmliche gesundheitliche Risikoabschätzung nicht ausreicht. Vielmehr ist von systemischen Risiken auszugehen, von Risiken für die aquatischen Ökosysteme, für die öffentliche Trinkwasserversorgung und deren Rückwirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren. Risikominimierung müsste die Bereiche der Entwicklung von Pharmaka, ihrer Anwendung und die technische Emissionskontrolle im Wassermanagement umfassen (Keil u.a. „GAIA“ 17, 4, 2008).

Medikamente werden vor der Marktzulassung von Pharmakonzernen auf mögliche gesundheitsschädliche Nebenwirkungen für Menschen getestet. Wirkungen von Medikamenten in der Umwelt, vor allem im Wasserkreislauf, werden nicht nachgewiesen. Gesundheitliche Risiken für die Menschen werden bei niedriger Konzentration als gering angesehen, doch ist über Langzeitwirkungen wenig bekannt. Überhaupt sind Auswirkungen der Medikamentenrückstände wenig erforscht. Bekannt sind bisher eine Reihe von negativen Auswirkungen, vor allem für Insekten, Fische und Amphibien, die Rückstände aus dem Wasser aufnehmen. Auch Katastrophen großen Ausmaßes sind schon aufgetreten, wurden jedoch in Europa wenig zur Kenntnis genommen. Diclofenac, Wirkstoff des Schmerzmittels Voltaren, das in Indien, Pakistan und Nepal jahrelang an Rinder verfüttert wurde, hat Millionen von Greifvögeln getötet und drei Geierarten fast ausgerottet: die Vögel haben es vermutlich beim Fressen von Rinderkadavern aufgenommen (Spiegel Online, 11.02.2007).

Zu den wenig erforschten Fragen gehört auch die, wie lange es dauert, bis die pharmazeutischen Wirkstoffe im Wasser zerfallen. Selbst wenn dies nur Wochen dauern sollte, sorgt der ständige Zufluss an Medikamentenrückständen dafür, dass die Probleme nicht einfach zu lösen sind. Technisch könnten die Rückstände in Kläranlagen aus dem Abwasser gefiltert werden, doch sind die Verfahren entweder sehr teuer (Nanofiltration), technisch aufwendig, erzeugen neue giftige oder in ihren Wirkungen unbekannte Nebenprodukte.

Für die Belastung der Gewässer mit Medikamentenrückständen sind nicht nur die individuellen Verbraucher verantwortlich, die Medikamente unverbraucht, vor oder nach Ablauf des Gültigkeitsdatums wegwerfen. Diejenigen, die es wissen müssten haben mehr Verantwortung: Pharmakonzerne, die Umweltwirkungen der von ihnen produzierten Medikamente kaum untersuchen; Apotheken, die nicht verbrauchte oder abgelaufene Medikamente nicht zurücknehmen; Krankenhäuser die Medikamente oft ebenso verantwortungslos entsorgen wie einzelne Verbraucher; Ärzte, die Tag für Tag Medikamente verschreiben und ihre Patienten hauptsächlich über gesundheitliche Nebenwirkungen, weniger über Umweltauswirkungen informieren. Nicht zu vergessen sind Tiermedizin und Veterinäre: auch an Landwirtschafts- und Haustiere werden große Mengen an Pharmaka verabreicht die ebenfalls in den Wasserkreislauf gelangen.

Um die Umweltrisiken von Medikamentenrückständen zu begrenzen wäre schon viel getan, wenn vorbeugende Aktivitäten, wie oben genannt, in der Entwicklung von Medikamenten, in der Kontrolle der Anwendung und in der technischen Emissionskontrolle von Abwässern versucht würden. Doch bisher gibt es in europäischen Ländern auch noch keine gesetzlichen Grenzwerte für Medikamentenrückstände."

Quelle: Text Karl Bruckmeier - „Stimme Russlands"

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