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Kleiner Wald ganz groß: Auch Regenwaldinseln erfüllen ihre ökologischen Funktionen

Archivmeldung vom 24.11.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.11.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Kakamega-Regenwald in Kenia: Aus dem einstmals zusammenhängenden Waldgebiet sind vom Menschen überprägte Waldinseln geworden, zwischen denen Agrarland liegt.
Quelle: Copyright: N. Farwig, BIOTA-E02 (idw)
Kakamega-Regenwald in Kenia: Aus dem einstmals zusammenhängenden Waldgebiet sind vom Menschen überprägte Waldinseln geworden, zwischen denen Agrarland liegt. Quelle: Copyright: N. Farwig, BIOTA-E02 (idw)

Der Wert eines Regenwaldes bemisst sich neben seiner biologischen Vielfalt auch daran, wie funktionsfähig er ist. Wissenschaftler legten jetzt die Ergebnisse einer großangelegten Studie in Kenia vor, die im Zeitraum von neun Jahren im Rahmen des durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten BIOTA-Ostafrika Projektes durchgeführt wurde. Wie das Autorenteam um Dr. Matthias Schleuning (Biodiversität und Klima Forschungszentrum, BiK-F) aktuell im Fachblatt „PLoS One“ schreibt, können auch Fragmente von Regenwäldern, die von der Bevölkerung genutzt werden, ihre ökologische Funktion weiterhin erfüllen.

Die Ergebnisse sind überraschend: "Was wir nicht erwartet haben ist, dass in fragmentierten Wäldern, in denen zudem einzelne Bäume abgeholzt werden, die Intensität von Ökosystemfunktionen wie Streuabbau, Bestäubung oder Samenausbreitung stabil bleibt und in einigen Fällen sogar gestiegen ist. Das bedeutet, dass die Funktionalität dieser Wälder im Gesamtbild trotz moderater menschlicher Störung erhalten geblieben ist." so Dr. Matthias Schleuning (BiK-F), Leitautor der Studie. Die Resultate könnten ein Umdenken im Naturschutz tropischer Wälder anregen. „Der klassische Ansatz ist, große intakte Waldgebiete, wie beispielsweise im Amazonas- oder Kongobecken, zu bewahren. Unsere Studie zeigt, dass es auch sinnvoll sein kann, die vielen verinselten und vom Menschen überprägten Regenwälder zu schützen.“ erläutert Schleuning. Ort der Untersuchung war der Kakamega-Regenwald im Westen Kenias. Er beherbergt eine hohe biologische Vielfalt, u.a. gibt es hier mehr als 400 Vogel- und mehr als 320 Ameisenarten. Doch der Lebensraum ist bedroht, denn die Fläche des Waldgebiets ist im letzten Jahrhundert um mehr als die Hälfte der früheren Ausdehnung geschrumpft. Aus dem einst geschlossenen Waldgebiet sind größere Waldinseln geworden, umgeben von einer Agrarlandschaft, in der vor allem Zuckerrohr und Mais angebaut wird. Der verbliebene Wald wird auch heutzutage von der Bevölkerung genutzt und trotz Schutzmaßnahmen werden immer wieder einzelne Bäume gefällt.

Ist der kenianische Regenwald noch funktionstüchtig? Welche Folgen diese menschlichen Eingriffe für die Ökosystemfunktionen und die biologische Vielfalt im Kakamega-Regenwald haben, untersuchten Schleuning und Kollegen im Rahmen des deutsch-afrikanischen Forschungsprogramms BIOTA. Die Wissenschaftler konzentrierten sich auf sechs Ökosystemfunktionen. Die „Funktionstüchtigkeit“ des Waldes kann dabei an Kriterien wie Streuabbau, Samenfraß, Bestäubung, Samenausbreitung sowie Insektenfraß durch Treiberameisen und Ameisenvögel gemessen werden. Im Gegensatz zu bisherigen Studien, die primär die Veränderung der biologischen Vielfalt in Regenwäldern analysierten, wurden in der aktuellen Studie Biodiversität und Ökosystemfunktionen gemeinsam betrachtet sowie erstmals mehrere Funktionen simultan untersucht. Die Wissenschaftler erfassten dazu auf elf Versuchsflächen die Vielfalt von verschiedenen Tiergruppen und studierten deren Ökosystemfunktionen in Experimenten. So wurde beispielsweise Laubstreu ausgelegt und gemessen, wie schnell das Material abgebaut wird. Um die Intensität der Raubzüge der Treiberameisen zu erfassen, wurden hunderte Fallen im Boden vergraben und ausgewertet.

Fragmentierung und selektive Abholzung wirken sich unterschiedlich aus Es zeigte sich, dass die Ökosystemfunktionen – obgleich insgesamt stabil – durch Fragmentierung und die selektive Abholzung einzelner Bäume unterschiedlich stark beeinflusst wurden. Wenn aus großen Waldgebieten Inseln werden, sind die Effekte auf die Ökosystemfunktionen insbesondere dann zu spüren, wenn sich die Zusammensetzung der Tiergemeinschaften substantiell verändert. Selektive Abholzung wirkt sich vor allem auf Ökosystemfunktionen aus, an denen mobile Tierarten beteiligt sind. So beobachteten die Wissenschaftler positive Effekte bei Bestäubung durch Insekten, Samenausbreitung durch Vögel und auch bei den Raubzügen der Treiberameisen – wahrscheinlich aufgrund veränderter Bewegungsmuster dieser Tierarten. Schleuning dazu: „Die Mechanismen der menschlichen Eingriffe sind unterschiedlich. Fragmentierung hat eher einen indirekten Einfluss auf Ökosystemfunktionen. Die Fragmentierung der Wälder verändert die biologische Vielfalt, was ein Risiko für den Erhalt ihrer ökologischen Funktionen birgt. Im Gegensatz dazu wirkt sich die selektive Abholzung einzelner Bäume direkt auf Ökosystemfunktionen aus und hat in unserem Untersuchungsgebiet kaum einen Effekt auf die Diversität der von uns untersuchten Tiergruppen. Der nächste Schritt wären nun Projekte, die die langfristige Funktionsfähigkeit der Waldinseln untersuchen."

Studie Schleuning M., Farwig N., Peters MK. et al. (2011) Forest Fragmentation and Selective Logging Have Inconsistent Effects on Multiple Animal-Mediated Ecosystem Processes in a Tropical Forest. PLoS ONE 6 (11): e27785. doi:10.1371/journal.pone.0027785

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen (idw)

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