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Göttinger Wissenschaftler: Linnés „Blumenuhr“ geht ohne Bienen nach

Archivmeldung vom 04.08.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.08.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Blütenköpfchen der Pippau: Die linke Blüte wurde drei Stunden vorher bestäubt und ist daher geschlossen, während die rechte Blüte ohne Bestäubung noch komplett offen ist. Foto: Uni Göttingen
Blütenköpfchen der Pippau: Die linke Blüte wurde drei Stunden vorher bestäubt und ist daher geschlossen, während die rechte Blüte ohne Bestäubung noch komplett offen ist. Foto: Uni Göttingen

Bei vielen Pflanzen sind die Blüten nur zu bestimmten Tageszeiten geöffnet – ein Phänomen, das schon der schwedische Naturforscher Carl von Linné im 18. Jahrhundert beobachtet hat. Daraus entstand der Begriff „Blumenuhr“. Linné wird nachgesagt, dass er durch das Betrachten der Blüten die Uhrzeit bis auf fünf Minuten genau bestimmen konnte. Nun haben Wissenschaftler der Universität Göttingen eine erstaunliche Beobachtung gemacht: Bei einigen Pflanzen in Linnés Blumenuhr sind für das zeitgenaue Schließen der Blüten auch bestäubende Insekten verantwortlich. Die Ergebnisse ihrer Studie haben die Forscher der Abteilung Agrarökologie nun online in der Fachzeitschrift Ecology Letters veröffentlicht.

Wie die Wissenschaftler herausfanden, schließen sich bestimmte Blumen nur dann zu der üblichen Uhrzeit am Mittag oder frühen Nachmittag, wenn die Blüten rechtzeitig bestäubt werden. Geschieht dies nicht, schließen sich die Blüten erst gegen Abend – die Blumenuhr geht dann „nach“. Mit einem Experiment konnten die Agrarökologen zeigen, dass für das Schließen der Blüten tatsächlich die Bestäubung auschlaggebend ist. Sie bestäubten per Hand in einem abgeschlossenen Käfig Blüten, die sich daraufhin bereits nach ein bis zwei Stunden zu schließen begannen. Diese schnelle Reaktion der Blüten auf eine erfolgreiche Bestäubung kann in Zukunft möglicherweise dazu genutzt werden, den Bestäubungserfolg zu messen, ohne die Entwicklung der Samen abwarten zu müssen. „Das zeigt, wie wichtig es ist, verschiedene Disziplinen der Biologie zu verknüpfen“, betont Jochen Fründ von der Abteilung Agrarökologie. „Die Bedeutung der Wechselwirkungen mit anderen Lebewesen für viele grundlegende biologische Mechanismen wird häufig nicht beachtet. Nur so ist es zu erklären, dass der Einfluss der Bestäubung auf das botanische Phänomen der Blumenuhr offenbar seit Jahrhunderten übersehen wurde.“

Außerdem ergeben sich aus den Ergebnissen der Studie auch Konsequenzen für das komplexe Nahrungsnetz zwischen Pflanzen und Insekten. Offensichtlich werden beispielsweise die meisten Blüten der löwenzahnartigen Korbblütler schon in den ersten Tagesstunden bestäubt, so dass deren Blüten auf einer Wiese bereits um die Mittagszeit geschlossen sind. Dieses Schließen der Blüten wirkt sich auch auf die Bestäubung der anderen Pflanzen aus. In Wiesen, in denen viele dieser Korbblütler vorkommen, gibt es Bienen, die sich auf deren Blüten „spezialisiert“ haben und nachmittags keine weiteren Blumen mehr bestäuben. Andere Bienen wechseln dagegen am Nachmittag zu anderen Blumenarten: So bleiben beispielsweise die Blüten der Schafgarbe auch später am Tag geöffnet und werden vermehrt am Nachmittag bestäubt.

„Mit dieser umfangreichen Untersuchung konnte erstmals nachgewiesen werden, dass ein Rückgang der Bienen zu verspätetem Blütenschluss und damit auch zu starken, bisher nicht beachteten Verschiebungen bei den Pflanzen-Bestäuber-Nahrungsnetzen führt“, so Prof. Dr. Teja Tscharntke, Leiter der Abteilung Agrarökologie der Universität Göttingen. „Zukünftige Studien sollten zudem berücksichtigen, dass die Tageszeit für Freilanduntersuchungen eine bedeutende Rolle spielt.“

Quelle: Georg-August-Universität Göttingen

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