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Neue Fossilfunde werfen Licht auf den Ursprung des Vogels Hoatzins

Archivmeldung vom 06.10.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.10.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Der südamerikanische Hoatzin (Opisthocomus hoazin) © Edson Endrigo
Der südamerikanische Hoatzin (Opisthocomus hoazin) © Edson Endrigo

Ein Team aus deutschen, brasilianischen, und französischen Wissenschaftlern, darunter ein Ornithologe des Senckenberg Forschungsinstitutes Frankfurt, hat fossile Verwandte des südamerikanischen Hoatzins (Opisthocomus hoazin) untersucht, die auf einen afrikanischen Ursprung des rätselhaften Vogels hinweisen. Die zugehörige Studie ist heute im Fachjournal „Naturwissenschaften" erschienen.

Der Hoatzin ist ein schräger Vogel: Nur schlecht flugfähig, die Jungvögel mit krallenbewehrten Flügeln ausgestattet, lebt er in der Ufervegetation der Amazonas- und Orinokobecken in Südamerika. Besonders ungewöhnlich für einen Vogel ist seine rein vegetarische Ernährungsweise. Die Verdauung findet nicht nur im Magen, sondern vor allem in einem enorm vergrößerten Kropf statt, in dem sich Bakterien an der Zersetzung der Nahrung beteiligen. Das Verdauungssystem des Hoatzins erinnert so stark an das eines wiederkäuenden Säugetiers.

Aber nicht nur die Anatomie des Vogels ist ungewöhnlich, auch seine Verwandtschaft ist bisher ungeklärt. Seit seiner wissenschaftlichen Beschreibung im Jahre 1776 wurde der Hoatzin wechselweise in die Nähe von Hühnervögeln, Kuckucken oder den afrikanischen Turakos gestellt. Eine Verwandtschaft zu diesen Gruppen konnte aber bisher nicht überzeugend begründet werden. Deshalb wird der Vogel meist einer eigenen Familie und Ordnung zugeordnet. Der evolutionäre Ursprung der Hoatzine war bislang unbekannt, und außer einigen sehr fragmentarischen Resten gab es keine Fossilreste.

Ein Team aus deutschen, brasilianischen, und französischen Forschern, darunter der Ornithologe Gerald Mayr vom Senckenberg Forschungsinstitut, hat nun nicht nur den frühesten bekannten Fossilfund der rätselhaften Vogelgruppe beschrieben, sondern auch den ersten Nachweis außerhalb Südamerikas erbracht.

Etwa 23 Millionen Jahre alte Oberarm- und Schultergürtelknochen von einer Fundstelle in Südostbrasilien, die im Museu de História Natural de Taubaté in Brasilien aufbewahrt werden, stellen den ältesten Fossilfund eines Hoatzins dar. Die große Ähnlichkeit zwischen den Fossilien und den entsprechenden Knochen des heutigen Hoatzins legen nahe, dass die Vögel bereits sehr früh ihre ungewöhnliche Nahrungsbiologie entwickelten.

Neben den brasilianischen Funden untersuchten die Forscher auch 17 Millionen Jahre alte Knochen aus Namibia, welche überraschende Erkenntnisse zur früheren geographischen Verbreitung der Hoatzine offenbarten. Die vor wenigen Jahren als Namibiavis senutae beschriebenen afrikanischen Fossilfunde wurden bisher einer ausgestorbenen Familie der Kranichvögel zugeordnet. „Diese Zuordnung kann allerdings nicht aufrecht erhalten werden, denn die Funde weisen charakteristische Knochenmerkmale von Hoatzinen auf“ erläutert Gerald Mayr.

Wenn sich auf verschiedenen Kontinenten verwandte Tiergruppen finden, lässt sich das grundsätzlich mit zwei Mechanismen erklären: Die Kontinente standen zu früheren Zeiten über eine Landverbindung in Kontakt, oder die Ausbreitung fand direkt über das Wasser hinweg statt.
Afrika und Südamerika waren zwar Teil eines ehemaligen Superkontinentes namens Gondwana, aber dieser war vor 20 Millionen Jahren schon lange auseinandergebrochen und die beiden Kontinente durch den Atlantik getrennt. Hoatzine mussten also irgendwann den offenen Ozean überqueren, um von einem Kontinent zum anderen zu gelangen.

Aber wie überquert ein Vogel, der nur ein äußerst schlechter Langstreckenflieger ist, ein über 1.000 Kilometer breites Meer? Selbst wenn die Flugfähigkeit des Hoatzin-Vorfahren besser gewesen wäre, ist es höchst unwahrscheinlich, dass er diese Entfernung im Flug bewältigen konnte.
Gerald Mayr und seine Kollegen aus Brasilien und Frankreich haben hierfür eine für Vögel eher unerwartete Erklärung: „Wir nehmen an, dass der Vogel den Atlantik auf einer schwimmenden Treibgutinsel überquert hat.“ Von einigen Primaten, Nagetieren und Eidechsen ist diese Reisevariante auf Treibgut aus Pflanzenmaterial bereits bekannt, für Vögel wäre es der erste Nachweis.

Aufgrund der känozoischen Meeresströmungen und Windrichtungen war eine Reise über den Atlantik nur in westliche Richtung wahrscheinlich. Die Wissenschaftler nehmen daher an, dass der „rätselhafteste Vogel Südamerikas“ seinen Ursprung außerhalb Südamerikas hatte und von Afrika dorthin gelangte.

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

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